Seelenrettung im Regenschauer

Seelenrettung im Regenschauer
Verletzungen und Provokationen in Vekemans’ „Gift – Eine Ehegeschichte“.

Eine Frau und ein Mann treffen einander am Friedhof. Bussi-Bussi, wie geht’s, peinliches Schweigen: Schnell ist klar, es ist lange her. Und dass das letzte Mal nicht angenehm war. Er hat sie verlassen, weil die Trauer um den Tod des gemeinsamen Sohnes unerträglich wurde.

Beklemmend und komisch

Das Wiedersehen nach neun Jahren stellen Elsie de Brauw und Steven van Watermeulen in „Gift – Eine Ehegeschichte“, 2009 in Gent uraufgeführt und später an die Münchner Kammerspiele übernommen, beklemmend und phasenweise sehr komisch dar. Die Verletzungen und Provokationen, die immer wieder aufblitzende Zärtlichkeit, das Ringen um ein Recht auf Zukunft.

Keine gemeinsame allerdings. Während sie, labil und medikamentensüchtig, noch mittendrin steckt in der Aufarbeitung des Traumas, ist er schon dabei, eine neue Familie zu gründen.

Die Inszenierung von Johan Simons stellt das Spiel der beiden Darsteller ganz in den Mittelpunkt. Das Bühnenbild (Leo de Nijs) besteht aus einer einfachen Holztribüne, die Saallichter bleiben an. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung betritt Countertenor Steve Dugardin die Bühne und singt ein Stück von John Dowland, während ein Regenschauer über de Brauw herabgeht.

Das Ende ist erbaulich. Er erzählt von seiner Seelenrettung durch die (Chor-)Musik; sie, anfangs widerspenstig, lässt sich zu einer innigen Umarmung und einem gemeinsamen Lied hinreißen. Alles gut? So weit geht Autorin Lot Vekemans nicht. Aber es wird wohl irgendwie, besser, weitergehen.

KURIER-Wertung: **** von *****

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