... und schon wieder elf Buchtipps

Aus  "Alice im Wunderland" mit Lacombes Illustrationen
Stefan Zweig, Herbert Tichy, Lewis Carroll, jüdische und vietnamesische Küche ...

Nur Tee im Wunderland?

Ob Alice mit dem Hutmacher und dem Märzhasen wirklich nur Tee getrunken hat? Es sieht - Bild oben - auch nicht danach aus, als wäre sie ein siebenjähriges Kind ... Der Franzose Benjamin Lacombe hat Lewis Carrolls – vor 150 Jahren erstmals erschienenen – Kinderbuchklassiker neu illustriert ... und dabei im Wunderland einige Unklarheiten gelassen. Der Preis für die neue Schönheit aus dem Verlag

Lewis Carroll und Benjamin Lacombe: " Alice im Wunderland"

Überrarbeitete Übersetzung von Antonie Zimmermann.

Verlagshaus Jacoby & Stuart. 266 Seiten. 40,10 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

Paula ist nicht 08/15

Nicht täuschen lassen: Der Comic, den die aus Salzburg stammende Trickfilmerin Sandra Brandstätter gezeichnet und getextet hat, schaut nur auf dem ersten Blick nach 08/15 aus. Ihre Figur, die kleine Paula, ist echt und witzig - bezaubernd ist sie. Und die Geschichte vom Urlaub auf dem Campingplatz samt erstem Liebesbrief ist zum Mitfühlen. Da muss man gar nicht zehn, 12 Jahre alt sein. Das funktioniert sogar bei den Alten.

Sandra Brandstätter: "Paula. Liebesbrief des Schreckens"

Reprodukt Verlag. 120 Seiten. 18,50 Euro.

KURIER-Wertung: ****

Selten im Muotathal

Der Züricher Kommissar Eschenbach sollte nicht allein den Schweizern überlassen werden. Dort ist jeder seiner Fälle auf den Bestsellerlisten. Aber die vielsagenden Blicke aufs Land - auf die FIFA, auf Banken und Konzerne -, die will man sozusagen mitwerfen. In Band sechs der Krimiserie wird das Wetter vorhergesagt, eine Frau wird verbrannt, und man lernt die Höhlen im Muotathal im Kanton Schwyz kennen, wo Krimis ja eher selten spielen.

Michael Theurillat: "Wetterschmöcker" Ullstein Verlag.

352 Seiten. 26,80 Euro.

KURIER-Wertung: ****

Friedhof der Schiffsleichen

Reise in ein unbekanntes, gesetzloses Land - das im Meer liegt. Der Wiener Kulturanthropologe Alexander Urosevic war an der westafrikanischen Küste, wo 100, 200 Schiffsleichen liegen und verrosten. Ein Friedhof ausrangierter Frachter, auf denen sich Schmuggler verstecken und Piraten, die vorbeifahrende Handelsschiffe entern. (Der Autor war bei einem derartigen Überraschungsangriff vor Ort.) Öl tropft ins Meer, bis alles versinkt. Oder für Nigeria verbotene Fahrt aufnimmt. Auf diesen Gottesacker ohne Gott und ohne Acker wird man selbst vermutlich nicht kommen. Deshalb - mit Dank! - diese Reportage.

Alexander Urosevic: "Das Meer der toten Schiffe"

Edition Steinbauer. 240 Seiten. 25 Euro.

KURIER-Wertung: ****

"Die Aufrechten" regieren

Die Leute haben rund um ihre Häuser und Gärten Minen gelegt, Österreich ist ein Überwachungsstaat geworden, die rechte Partei "Die Aufrechten" regiert und kommandiert Prügelpatrouillen. Das ist Ausgangsposition eines Politthrillers, in dem eine "Wertlose" gejagt wird. Tadellos konstruiert von der Wiener Architektin Gudrun Lerchbaum.

Gudrun Lerchbaum: "Lügenland"

Pendragon Verlag. 406 Seiten. 17,50 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

Beim Vietnamesen um 20 Cent

Die Teigtaschen mit Wachtelei und Schweinefleisch kosten in den Straßen Hanois umgerechnet 20 Cent. Ein Ehepaar kocht sie und wickelt sie in ... ähem ... Zeitungspapier. Nur so kann es neben der Arbeit in einer Wäscherei bzw. Weberei überleben. In diesem Buch lernt man Leute und Küche kennen und die Rezepte schätzen.

Tracey Lister und Andreas Pohl: "Vietnamesische Straßenküche"

AT Verlag. 208 Seiten. 7,70 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

Vom Cocktail zur Freiheit

Das beste, das spannendste und witzigste Philosophie-Buch des Jahres, ausgehend von Paris 1932, Cafe Bec de Gaz, als plötzlich ein Marillencocktail in den Mittelpunkt rückte und der Existenzialismus geboren wurde. Sartre, Heidegger, Husserl, de Beauvoir, Camus, Jaspers bekommen von der Londoner Schriftstellerin Sarah Bakewell lebendige Biografien - und der Satz wird vertieft: "Der Mensch ist nichts anderes, als wozu er sich macht." In diesem Fall sollte er sich frei machen - und zum interessierten Leser.

Sarah Bakewell: "Das Cafe der Existenzialisten"

Übersetzt von Rita Seuß. Verlag C.H. Beck. 448 Seiten. 25,70 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

Herbert Tichys Schätze

Die alten Bücher des reisenden, Berge ersteigenden Philosophen Herbert Tichy (gestorben 1987) aus Wien bekommt man in Antiquariaten oft um fünf, sechs Euro. Aber sie sind Schätze an Weisheit und bekommen jetzt passende prächtige Neuausgaben. Sechs Bücher gibt es schon, alle will man haben. Tichys Indienbericht aus dem Jahr 1951 ist den Menschen nah (und damit auch Gott).

Herbert Tichy: "Die Wandlung des Lotos"

Illustriert von Herwig Zens. Vorwort von Willy Germund. Edition Sonnenaufgang. 319 Seiten. 28,60 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

Jüdische Küche als Reisebuch

Das sind nicht "nur" 160 Rezepte aus der jüdischen Küche - das ist eine Reise nach Tel Aviv, New York, Tunis, Warschau ... Eine Reise zwischen Tradition und Moderne. Wobei wenig Historisches verraten wird. Die Gerichte selbst erzählen: Meorav Yerushalmi (Sandwich mit Hühnerleber), Nikitouches (Grießknödel), Rugelachs (verrate ich jetzt nicht, aber es gibt Schokolade) ...

Annabelle Schachmes:

"Die jüdische Küche" Südwest Verlag. 384 Seiten. 30,90 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

Unbekanntes von Stefan Zweig

Unveröffentlichte Texte von Stefan Zqweig, Reden und Essays ... und politisch sind sie. "Wir müssen eine Jugend lehren, den Hass zu hassen!", hat er zum Beispiel 1936 in Rio ausgerufen, und viele seiner Worte über eine europäische Einheit klingen heute aktuell wie damals. Viel Diskussionsstoff jedenfalls vom Pessimisten, der sich sehr bemühte, optimistisch zu erscheinen.

Stefan Zweig: "Erst wenn die Nacht fällt"

Herusgegeben von Klaus Gräbner und Erich Schirhuber. Edition Roesner. 127 Seiten. 22,90 Euro.

KURIER-Wertung: ****

Wie verblassende Fotos

Wie alte Fotos sehen die Bleistiftzeichnungen der Chinesin Guojing aus, mit denen sie ihre Einsamkeit, als sie selbst ein Kind war und die Eltern arbeiten gingen, festhielt (Bild unten). Ohne Worte – aber mit Hirsch, der sie beschützt hat und ... ist das da auf der Wolke ein Robbenbaby? Das Bilderbuch „Allein“ ist in den USA mit Preisen überhäuft worden.

Guojing: "Allein"

Verlagshaus Jacoby & Stuart. 20,60 Euro.

KURIER-Wertung: ****

... und schon wieder elf Buchtipps
Honorarfrei, wegen bericht übers buch "allein"

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