Street-Art: "Banksy" - der Mann ohne Gesicht

Kunstphantom Banksy ist das internationale Aushängeschild der Street Art.

25 Kilometer lang und acht Meter hoch ist die Betonmauer, die als Teil der Sperranlage Israel von den palästinensischen Autonomiegebieten trennt. Zu Weihnachten 2007 ist auf der kahlen Mauer plötzlich eine Friedenstaube in kugelsicherer Weste und ein Mädchen in einem rosa Kleid, das einen bewaffneten Grenzsoldaten durchsucht, zu sehen. Politische Botschaften wie diese, subversiv und mit einem Hauch Ironie - das ist Banksy.

Unter diesem Pseudonym hinterlässt der Künstler seit Mitte der Neunzigerjahre, seine unverkennbaren Schablonengraffiti - auch "Stencil" genannt - auf Gebäuden und Mauern dieser Welt. Knutschende Polizisten, ein Blumen werfender Demonstrant oder der Papst in Marilyn Monroes Körper. Banksy spielt mit Widersprüchen und verwandelt Städte in Freiluftgalerien. Um seinen richtigen Namen, Herkunft, Alter und Aussehen wird viel spekuliert. Interviews gibt er selten, und wenn, dann mit Sprüchen wie: "In England beschweren sich immer alle, dass Graffiti den Steuerzahler Millionen kosten, dabei ist das völliger Schwachsinn. Graffiti sind kostenlos. Alles wieder grau zu streichen, kostet so viel Geld."

Banksy ist längst Kult. Das haben auch Stars wie Brad Pitt, renommierte Auktionshäuser und die Unterhaltungsindustrie erkannt. Street Art wurde durch ihn salonfähig und Spekulationsobjekt zugleich. 2005 versteigerte das Londoner Auktionshaus Sotheby`s das erste Mal einen seiner Drucke um 10.700 US-Dollar, umgerechnet 8000 Euro. Eine vorerst bescheidene Summe. 2007 verkaufte sich das Bild "The rude Lord", das einen englischen Lord mit ausgestrecktem Mittelfinger zeigt, um 550.000 US-Dollar, zirka 410.000 Euro. Der Hype um die Exponate gipfelte im Februar 2008 in einer New Yorker Auktion. "Keep it Spotless" zeigt eine Putzfrau, die versucht, Punkte unter die Wand zu kehren und war einem Bieter 1,8 Millionen US-Dollar, also rund 1,3 Millionen Euro wert. Der Künstler gab sich dazu in einem
kurzen Kommentar auf seiner Homepage (www.banksy.co.uk) gewohnt unbeeindruckt: "Ich kann es kaum glauben, dass ihr Idioten das Zeug wirklich kauft." Wie viel und ob er selbst vom Verkauf profitiert, ist nicht bekannt.
Inzwischen hat Banksy, der sich früher gerne auch einmal als Rentner verkleidete und seine in Plastiktüten versteckten Werke illegal in Museen wie dem Louvre in Paris oder dem British Museum in London aufhängte, schon längst eigene Ausstellungen. Die Schau "Banksy vs. Bristol Museum" zog 2009 in nur sechs Wochen über 300.000 Besucher an. Für die britische Band Blur gestaltete er das Cover ihres Albums "Think Thank" und der gelbsten Familie der Welt, den Simpsons, kreierte er 2010 einen Vorspann. Ironisch und kritisch prangert er dabei die Ausbeutung der Arbeitskräfte in koreanischen Firmen an, in denen Merchandising-Artikel zur Serie produziert werden.

Das Interesse an seiner Person ist seit Jahren ungebrochen. Weltweit versuchen Medien seiner Identität auf die Spur zu kommen. Graffiti werden auf autobiografische Züge analysiert und seine raren Interviews nach Hinweisen durchforstet. Die Daily Mail behauptet, hinter dem Pseudonym stecke in Wahrheit Robert Gunningham, der 1975 in Bristol geboren wurde und aus der britischen Mittelschicht kommt. Diese Mutmaßungen wurden aber bisher weder bestätigt noch dementiert. Der Versuch des Franzosen Thierry Guetta, eine Dokumentation über den Künstler zu drehen, scheiterte, da sich während des Films der Spieß umdrehte und Banksy plötzlich einen Film über Guetta und dessen Werdegang zum Street-Art-Künstler machte. "Exit through the giftshop" wurde am Sundance Film Festival gezeigt und 2011 für einen Oscar nominiert. Das Hoffen, dass Banksy bei der Verleihung endlich sein größtes Geheimnis lüftet und sich zeigt, war vergebens. Denn: Anonymität ist und bleibt sein großes Erfolgsgeheimnis.

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