Franz Welser-Möst muss "Abstand gewinnen"
Der Dirigent Franz Welser-Möst hat mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt als Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper erklärt. "Es gibt Differenzen über die künstlerische Ausrichtung des Hauses, die nicht von heute auf morgen entstanden sind. Dominique Meyer ist als Direktor die Nummer eins. Er ist ein sehr netter Mensch und hat in künstlerischen Dingen andere Meinungen. Das steht ihm auch zu. Aber dann muss ich die Konsequenzen ziehen", begründete Franz Welser-Möst in einem Gespräch mit der APA seinen heutigen Rücktritt.
Sein Entschluss sei nicht ad hoc gefasst worden, sondern langsam gereift. "Ich habe den Direktor dann heute Früh um 10 Uhr persönlich davon informiert und ihm auch mein Rücktrittsschreiben überreicht. Er hat gefasst und ruhig reagiert. Er hat nichts gesagt", so Welser-Möst. Vorab wurde Dominique Meyer in einem Brief informiert, hieß es am Freitagvormittag in einer Aussendung.
"Abstand gewinnen"
Mit dem Cleveland Orchestra, dessen Chefdirigent Welser-Möst ist, wird er jedenfalls programmgemäß seine Tournee absolvieren und am 13. September in Linz sowie in den Tagen darauf auch im Rahmen einer Residenz Konzerte im Wiener Musikverein und im Konzerthaus bestreiten. "Ich habe ja nichts gegen Wien."
Direktor Meyer: "Ein großer Verlust"
"Das ist natürlich ein großer Verlust - und auch persönlich tut mir dieser Schritt sehr leid, denn ich schätze Franz Welser-Möst als Künstler und Dirigenten sehr. Meine Sorge und erste Aufgabe ist es nun, so rasch wie möglich adäquaten Ersatz für die Aufführungen zu finden, die er 2014/2015 an der Wiener Staatsoper hätte dirigieren sollen: immerhin 34 Vorstellungen, darunter die zwei mit ihm geplanten Premieren von Rigoletto und Elektra."
Differenzen eskaliert
Die Differenzen zwischen Staatsoperndirektor Dominique Meyer und Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst sind offenbar in den vergangenen Tagen eskaliert. Nach APA-Informationen hat am Donnerstag ein Vermittlungsgespräch zwischen dem seit 1.9. amtierenden interimistischen Bundestheater-Holding-Chef Günter Rhomberg, Meyer und Welser-Möst stattgefunden, bei dem es keine Annäherung gegeben hat.
Ostermayer nicht informiert
Dirigate
Welser-Möst war für die Saison 2014/15 insgesamt 34 Mal am Pult der Wiener Staatsoper vorgesehen, allen voran für die Neuinszenierungen von Verdis „Rigoletto“ (Premiere am 20. Dezember) und von Richard Strauss' „Elektra“ (Premiere am 29. März 2015) sowie bei der Ballettpremiere „Verklungene Feste / Josephs Legende“ (4. Februar 2015). Zudem sollte er ab November erneut für Leos Janaceks „Das schlaue Füchslein“ und ab Dezember für Verdis „La Traviata“ und auch für „Die Zauberflöte für Kinder“ zum Taktstock greifen.
Dass der meist konziliant erscheinende Welser-Möst durchaus Zähne zeigen kann, hat er in der Vergangenheit öfter bewiesen. So hatte er im Dezember 2012 den Salzburger Festspielen seine Mitwirkung an einem zentralen Projekt der Jahre 2013, 2014 und 2015 - einem dreijährigen Mozart-Da Ponte-Zyklus - abgesagt. Der Hauptkritikpunkt waren die zu kurzen Abstände zwischen den Aufführungen. Die Stimmung zwischen ihm und Festspielchef Alexander Pereira kühlte daraufhin merklich ab.
Der nächste Paukenschlag bei den Österreichischen Bundestheatern.
Die sind durch den Burgtheater-Finanzskandal ohnehin schon bis zum Anschlag durcheinandergewirbelt. Und nun: Ein Rücktritt, der schmerzhaft sein wird.
Franz Welser-Möst legt sein Amt als Generalmusikdirektor der Staatsoper zurück. Grund: Auffassungsunterschiede künstlerischer Natur mit Direktor Dominique Meyer.
Ein schwerer Schlag für die Oper. Denn nicht nur steht man für alle Produktionen der laufenden und der nächsten Saisonen, bei denen Welser-Möst vorgesehen war, ohne Dirigent da. So kurzfristig adäquaten Ersatz zu finden, ist alleine schon eine Herkulesaufgabe.
Was aber noch tiefer gehen wird: Der Rücktritt wird das Haus vor Fragen stellen, und dem Haus werden Fragen gestellt werden. Die Traum-Auslastung jenseits der 99 Prozent schützte die Staatsoper schon zuletzt nicht vor finanziellen Problemen, kürzlich musste das Opernmuseum geschlossen werden. Jetzt werden weitere, unangenehme Fragen auftauchen, denen man sich stellen muss: Hat Welser-Möst recht mit der Kritik am Künstlerischen? Warum ließ sich diese Situation nicht intern entschärfen?
Die Suche nach einem neuen Generalmusikdirektor jedenfalls wird genauso schwierig wie die nach einem neuen Burgdirektor. Denn das Burgtheater ist ein ganz anderes Haus, als man noch vor wenigen Monaten geglaubt hat. Und auch die Staatsoper steht vor vielen neuen Herausforderungen.
Debüt
Welser-Möst gab 1985 sein Debüt bei den Salzburger Festspielen, ein Jahr später hob die internationale Karriere mit dem Debüt-Konzert beim London Philharmonic Orchestra an, dessen Musikdirektor er in Folge von 1990 bis 1996 wurde. In den USA dirigierte er erstmals 1989 beim Saint Louis Symphony Orchestra. An der Zürcher Oper stand er erstmals 1992 (Richard Strauss' „Rosenkavalier“) am Pult und brachte als Musikdirektor (ab 1995) 27 Neuproduktionen hervor. Unter seiner Leitung erhielt das Zürcher Orchester die Auszeichnung „Orchester des Jahres 2000/01“ in der Umfrage der Zeitschrift „Opernwelt“. 2005 übernahm er die neue Stelle des Generalmusikdirektors, aus dieser schied er im Sommer 2008 jedoch aus, um sich den Vorbereitungen für Wien widmen zu können.
Cleveland Orchestra
2002 übernahm der Dirigent, der mit praktisch allen großen Orchestern zusammengearbeitet und in allen Metropolen der Musikwelt dirigiert hat, das Cleveland Orchestra, im selben Jahr wurde er von der Musikzeitschrift „Musical America“ zum „Conductor of the Year 2003“ gewählt. Seit September 2010 fungierte Franz Welser-Möst als Generalmusikdirektor an der Wiener Staatsoper, wo er am Freitag (5.9. 2014) mit sofortiger Wirkung zurücktrat,
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