Pressestimmen zum Song Contest: "Doppelschlag für Österreich"

"Es war nicht SO schlecht". Deutsche Medien hadern mit Ergebnis.

Also, am Ende war es nicht SO schlecht, oder?", bilanziert die britische Tageszeitung The Guardian auf ihrem Online-Portal den Eurovision Song Contest (ESC) in der Wiener Stadthalle.

In dem Beitrag auf der Homepage des Guardian ernteten die drei Moderatorinnen Arabella Kiesbauer, Mirjam Weichselbraun und Alice Tumler das Prädikat "lustig hinreißend". Ob des "widerlich süßlichen Mottos 'Building Brigdges'" hätte der Abend auch schlimmer kommen können, heißt es dort.

ESC "politischer denn je"

Anders sieht das ESC-Kenner Irving Wolther in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) Mit dem Motto sei der ORF "nicht ganz unschuldig" daran, dass beim heurigen ESC auch "gesellschaftlich engagierte Künstler Morgenluft" witterten. "Nach Conchita Wursts flammendem Appell für Toleranz und Gleichbehandlung aller Lebensentwürfe entdecken immer mehr Künstler den Eurovision Song Contest als wirkungsvolle Plattform, um ihre sozialpolitischen Anliegen in eine satte Gesellschaft zu tragen", schreibt er. Der ESC sei,l so Wolther "politischer denn je" gewesen.

Dem Online-Portal der britischen Tageszeitung The Telegraph war etwa Tumlers Einschreiten, als das Publikum seinen Unmut gegenüber dem russischen Beitrag ausdrückte, eine Erwähnung wert.

"Doppelschlag für Österreich"

In einem Beitrag auf der Website der New York Post wurde das Abschneiden von Österreichs Beitrag thematisiert. "Das Ausrichterland musste einen Doppelschlag hinnehmen: Es wurde letzter und verzeichnete auch die gefürchteten Null Punkte. Dabei ist der Song gar nicht so schlecht!", hieß es dort. Dass Deutschland ebenso schlecht abschnitt, könnte ein "Trostpflaster" für Österreich sein.

Die deutsche Sinnfrage

Deutsche Medien beschäftigten sich bisher vereinzelt mit dem schlechten Abschneiden ihres Acts "Ann Sophie". "Im hautengen Anzug und mit kräftiger Stimme präsentierte sie ihren Song 'Black Smoke' im Stil eines James-Bond-Film-Vorspanns. Allerdings konnte sie die großen Vorbilder nicht ganz erreichen. Am Ende sprang nur der letzte Platz heraus", konstatierte die Bild am Sonntag, obwohl Ann Sophie trotz Erkältung "alles gab". Die Deutsche Presse Agentur (dpa) ging der "größten ESC-Pleite seit 50 Jahren" in mehreren Meldungen auf den Grund.

Spiegel Online war die Inszenierung Österreichs zu viel des Guten: "Zwar hat sich Österreich sichtlich bemüht, ein Fest der Superlative zu veranstalten. Doch was bleibt, ist der Eindruck, dass der Wettbewerb vor allem dazu dient, das Gastgeberland weltweit bekannt zu machen: Mit seinen philharmonischen Orchestern, den Wiener Sängerknaben, den Berglandschaften. ... In der Tat sollte die ARD dringend prüfen, ob der ESC in der aktuellen Form des öffentlich-rechtlichen Auftrags würdig ist. Oder ob die Tourismus-Werbung die Nerven der Zuschauer und Beitragszahler über Gebühr belastet."

"Lauwarme Lieder ohne Substanz"

"Nachdem es im vergangenen Jahr mit dem Sieg von Conchita Wurst so etwas wie ein kollektives Erweckungserlebnis gegeben hatte, präsentierte sich die Show nun wieder als das, was sie in den meisten müden Jahren war, eine beliebig wirkende Aneinanderreihung von mehrheitlich lauwarmen Liedern, deren musikalische Substanz jenseits der ESC-Bühne kaum noch nachweisbar scheint", konstatierte die Süddeutsche Zeitung.

Ohne Grusel-Effekt nur halb so schön

Die "Hamburger Morgenpost" stellte auch brennende Fragen: "Warum trägt Sloweniens Maarya Kopfhörer? Was soll Armeniens Amoklauf heulender Druiden? Warum darf Serbiens auch stimmlich kolossale Bojana Stamenov sich bloß die Kleider selbst nähen? Warum brennt bei Österreichs The Makemakes das Klavier plötzlich lichterloh? Und wer hat Georgiens Nina Sublatti diesen absurden SM-Latex-Outfit durchgehen lassen? Man fragt da besser nicht, ist halt so. Weil: Ohne diesen Grusel-Effekt wäre der ESC nur halb so schön."

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