ORF-Wahl: Die Konzepte von Grasl und Wrabetz

Alexander Wrabetz und Richard Grasl (re.) sind die aussichtsreichsten Bewerber
Die Ausschreibungsfrist für den Posten des ORF-Generaldirektors ist abgelaufen. Die Bewerbungskonzepte von Alexander Wrabetz und Richard Grasl wurden ebenfalls bekannt.

Ohne größere Überraschungen ist die Ausschreibungsfrist für den Posten des ORF-Generaldirektors zu Ende gegangen. Insgesamt acht Personen haben sich um Amt des ORF-Chefs beworben. Der amtierende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und ORF-Finanzdirektor Richard Grasl gelten weiter als aussichtsreichste Kandidaten aus dem Bewerberfeld.

ORF-Stiftungsratsvorsitzender Dietmar Hoscher hat am Freitag sechs der acht Bewerber bekanntgegeben: Georg Anton, Mag. Richard Grasl, David Küblböck, Karl Maihoroff, Günter Ofner und Dr. Alexander Wrabetz. Zusätzlich gab es zwei vertrauliche Bewerbungen. Eine weitere Bewerbung wurde nach Ablauf der gesetzlichen Bewerbungsfrist nicht ausschreibungskonform abgegeben.

Im Folgenden finden Sie die Bewerbungskonzepte der aussichtsreichsten Bewerber, Alexander Wrabetz und Richard Grasl.

"Der ORF als Leitmedium im digitalen Zeitalter", das ist der Titel des Konzeptes, das ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz am 9. August die zweite Wiederwahl in Serie bringen soll - es wäre das das erste Mal in der ORF-Geschichte.

Wrabetz setzt dazu auf eine bewährte Direktoriumsaufteilung mit Programm, Radio, Technik und kaufmännischer Direktion. In der Generaldirektion wird zudem ein Chief Digital Officer installiert, der die Online-Strategie und die Entwicklung im Bereich Neue Medien betreuen wird. Das gilt als Angebot für den bisherigen stv. Technik-Chef Thomas Prantner zu werten, der von der FPÖ unterstützt wird.

Unter der Direktionsebene wird neu strukturiert: So soll die im Radiobereich bewährte Strategie von Channel-Verantwortlichen auch im Fernsehen flächendeckend eingeführt werden. Versorgt werden diese durch Channel-bezogene Redaktionen. Jeder Channel bekommt auch einen eigenen Chefredakteur, um die innere Pluralität zu wahren.

Ein Fokus liegt u. a. auf ORFeins, das neu positioniert werden soll. US-Ware soll reduziert, bestehende Schwerpunkte wie österreichische Filme und Serien sowie Live-Sport sollen ausgebaut werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der ORFeins-Information: Wrabetz will, dass "eine News-Show als Info-Flaggschiff" entwickelt wird, die bis zu 60 Minuten lang sein kann und vor allem Hintergründe beleuchtet und auch online vernetzt wird. Ergänzend wird ein "ORFeins to go"-Projekt aufgesetzt, das auf mobile Nutzung und für Social Media optimiert wird.

Weiter forcieren will Wrabetz seine Erfindung ORFIII, deren Budget von 13 auf 20 Millionen mittelfristig angehoben werden soll. Damit soll mehr junge Kultur, Live-Events, aber auch Wissenschaft auf Sendung gehen. Angestrebt wird eine engere Kooperation mit Ö1. Im Bedarfsfall soll ORFIII zur Breaking-News-Plattform werden.

Die Länderstudios soll mehr finanzielle Autonomie bekommen.

Ein weiterer Eckpunkt in der Zukunftsstrategie von Wrabetz ist der Auf- und Ausbau einer Strategie für Social-Media, was sowohl für die Kommunikation und Versorgung der ORF-Kunden als auch die Nutzung nach innen betrifft. Zudem soll beim Online-Angebot eine Personalisierung möglich werden.

Der zuletzt laut gewordene und auch vom Gegenkandidaten Richard Grasl geäußerten Kritik am (gesetzlich vorgesehenen) Alleingeschäftsführer begegnet Wrabetz mit einem Vorschlag zur Geschäftsordnung: Strategische Entscheidungen sollen nun gemeinsam im "Board" der Direktoren getroffen werden. Minderheitsvoten werden dort auch protokolliert.

Eine Info-Offensive, Investitionen ins Programm, eine Neuaufstellung der Radio-Flotte, eine koordinierte Digitalisierung und eine neue Struktur sind die Eckpunkte in der Bewerbung von ORF-Finanzdirektor Richard Grasl. Damit will er am 9. August die Kür zum nächsten ORF-Generaldirektor schaffen. Insgesamt sind dafür acht Bewerbungen eingegangen.

Grasl plant mit einem Direktorium, dass die TV-Information, TV-Programm, Radio sowie Digitales umfasst. Die Technik soll großteils den Programmdirektionen zugeordnet werden, Teile landen auch in der Generaldirektion. Dort werden auch Agenden der kaufmännischen Direktion verortet. Die Direktionen sollen über mehr (wirtschaftliche) Autonomie als bisher verfügen, sollte Grasl gewählt werden. Dieser nannte in einem Hintergrund-Gespräch mit Journalisten Fernsehdirektorin Kathrin Zechner als "meine Favoritin" für die Programmdirektion. Mit dem FPÖ-affinen TVthek-Erfinder und stv. Technik-Direktor Thomas Prantner will Grasl bezüglich der Digital-Agenden reden. Wiedereinführen will Grasl laut APA die Funktion des ORF-Generalsekretärs für "Querschnittsmaterien" wie Public Affairs oder Personal.

Beim Fernsehen will Grasl die Trennung von ORFeins und ORF2 auflösen und die beiden Sender mehr verschränken. Derzeit laufe viel qualitatives Programm auf ORF 2 erst in der Nacht. Teile davon könnte man in Zonen mit niedrigen Quoten auch auf ORFeins senden. Insbesondere in ORFeins durch neue Talk- und Magazinformate will Grasl die Informationskompetenz stärken. Darüber hinaus soll die „ZiB“ verlängert werden, ein Wochen- und ein Medienmagazin sowie ein „Club 2.0“ entwickelt weden, zusätzliche Korrespondenten in den USA, Afrika und Südamerika platziert sowie ein digitaler 24-Stunden-Info-Kanal gestartet werden. Das Frühstücksfernsehen „Guten Morgen Österreich“ (GMÖ) will Grasl „zurück ins Studio holen“.

Im Programmbereich hat Grasl insgesamt 45 Vorschläge aufgelistet: Darunter die Entwicklung eines neues Show-Events in der Größenordnung von „Dancing Stars“ , dazu soll eine weitere fixe Comedy-Leiste nach dem Vorbild der ZDF-„heute show“ kommen. Daneben plant Grasl eine Talente- und Crowdfunding-Show.

Auch über eine „Neuorientierung unserer Radioflotte“ will Grasl nachdenken. Der Spagat für Ö3 bei den14- und 49-Jährigen wird ihm zu groß. Es brauche deshalb eine Neuabstimmung zwischen den ORF-Radios und einen „qualitativ hochwertigen Sender für junge Menschen mit junger Musik aus Österreich“.

Finanzieren will der Kaufmännische Direktor seine Programmvorhaben durch Einsparungen in den Produktionsmethoden, Budgetumschichtungen und Synergien.

Nach dem Ende der Ausschreibungsfrist können Stiftungsräte nun bis Montagmittag noch Nachnominierungen einreichen. Und bis Freitag, 5. August, 12.00 Uhr kann jedes Mitglied des Stiftungsrats Nominierungen für das Hearing im obersten ORF-Gremium einbringen. Hearing und Wahl des Generaldirektors finden am 9. August statt. Die 35 Stiftungsräte wählen den neuen ORF-Chef in offener, nicht geheimer Abstimmung. Abgestimmt wird dabei nur über Personen, die auch am offiziellen Hearing teilgenommen haben.

18 Stimmen sind für eine Mehrheit notwendig. Die Mitglieder des Gremiums werden von Regierung, Parteien, Bundesländern, ORF-Publikumsrat und Betriebsrat beschickt und sind - abgesehen von wenigen Ausnahmen - in parteipolitischen "Freundeskreisen" organisiert. SPÖ und ÖVP können derzeit auf je 13 Vertreter zählen. FPÖ, Grüne, NEOS und Team Stronach haben je einen Stiftungsrat. Der von BZÖ/FPK bestellte und von der SPÖ-geführten Landesregierung verlängerte Kärntner Stiftungsrat sowie vier Unabhängige komplettieren das Gremium. Wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse ist der Ausgang der Abstimmung offen. Den Ausschlag dürften die Vertreter der Opposition sowie die Unabhängigen im obersten ORF-Gremium geben.

Bereits am 8. August findet eine von ORF III übertragene öffentliche Präsentation mit allen Bewerbern statt.

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