Opernalltag, aber auf Festspielniveau

Thomas Hampson berührt als Verdis „Simon Boccanegra“
Kritik: Giuseppe Verdis "Simon Boccanegra" in absoluter Top-Besetzung im Haus am Ring.

Wenn sich das Repertoire der Wiener Staatsoper so anhört, muss man sich wirklich keine Sorgen machen. Denn im Rahmen der großen Verdi-Feiern zum 200. Geburtstag des Komponisten tritt das Haus am Ring mit vielen Verdi-Opern zu einer Art Leistungsschau an. Im Fall von „Simon Boccanegra“ (Reprisen: 1. und 4. Oktober) kann dann sogar eine Repertoire-Aufführung zu einem packenden Musikdrama auf Festspielniveau werden.

Die Gründe: Sicher nicht Peter Steins immer mehr in ihre Einzelteile zerfallende Inszenierung. Sehr wohl aber eine Sängerbesetzung, die kaum Wünsche offen lässt.

So ist Thomas Hampson ein Boccanegra der Superlative. Wie der Bariton diesen Dogen singt und spielt, ist hinreißend. Hampson ist ein kluger, nobler Gestalter, der seine vokalen Möglichkeiten ideal ausnützt und ein großartiges Porträt dieses Mannes zeichnet. Zu Tränen rührend ist seine Sterbeszene.

Höchste Gesangskultur

Als sein Gegenspieler Fiesco brilliert einmal mehr der wunderbare Ferruccio Furlanetto. Auch er ist ein intensiver Gestalter, agiert wie alle Beteiligten überaus wortdeutlich und setzt seinen kultivierten Bassbariton perfekt ein. Dieses Duo begeistert und formt Verdis Drama zu einem echten Psychothriller.

Ein Ereignis ist aber auch Joseph Calleja, der erstmals am Ring die Partie des Gabriele Adorno singt. Der Tenor macht aus dieser oft als Nebenrolle gewerteten Figur eine Hauptrolle, bleibt mit seinem herrlichen Timbre, seiner makellosen Höhe und seiner sängerischen Intelligenz Verdis Ideen nichts schuldig.

Ähnliches gilt für Tamar Iveri als Amelia. Die Sopranistin überzeugt vokal in jeder Phase, könnte aber eine Spur emotionaler agieren. Toll auch Adam Plachetka als profunder, glaubhafter Bösewicht Paolo. Endlich einmal ist diese wichtige Partie adäquat, weil fabelhaft besetzt!

Bleibt noch Dirigent Alain Altinoglu, der mit dem Orchester alle Feinheiten der Partitur auskostet, die Sänger quasi auf Händen trägt und ein Glücksfall im Dirigenten-Einerlei ist. So kann, ja so soll Repertoire sein. Bitte mehr davon!

KURIER-Wertung:

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