Lemmy Kilmister: Der Rock hat sein Gesicht verloren

Lemmy Kilmister bei einem Konzert in der Schweiz.
Rock-Philosoph Lemmy Kilmister von Motörhead starb vier Tage nach seinem 70. Geburtstag.

Lemmy Kilmister ist gestorben. Lemmy wer?, werden die einen sagen. Der Sänger von Motörhead! Motör wer?

Die anderen werden sagen: Das gibt es doch nicht! Es hieß doch immer, nur Kakerlaken und Lemmy überleben den Atomkrieg! Und sie werden Anekdoten erzählen von Lemmys berüchtigter Whiskey/Marlboro/Speed-Diät.

Viele werden Songtexte zitieren: "Killed By Death" bietet sich an. Und natürlich die berühmte Zeile aus "Ace Of Spades": "That’s the way I like it, Baby/I don’t want to live forever".

Und dann gibt es noch die, die sich näher mit der Musik von Motörhead und Lemmys Gedankenwelt befasst haben, die vielleicht sogar das Glück hatten, Lemmy im echten Leben begegnet zu sein. Sie werden vielleicht still trauern und würden es bedauern, falls von diesem freundlichen, hoch gebildeten, mit blitzschnellem Verstand und subtilem Humor gesegneten Gentleman und Philosophen nicht mehr übrig bliebe als Aufzählungen von toxischen Substanzen.

Krieg

Lemmy kam als Ian Kilmister am 24. Dezember 1945 in Stoke-on-Trent zur Welt. Dass seine ersten Jahre von der Erinnerungen an den Krieg geprägt waren, sah er selbst als Begründung für seine Faszination für den Zweiten Weltkrieg. Seine Wohnung in Los Angeles ähnelt einem Kriegsmuseum. Dass ihn manche deshalb als Nazi ansahen, ist hochgradig absurd: Kilmister lehnte jede Form von Diktatur scharf ab. "Rassismus ist das Übel unserer Welt. Nazi sein bedeutet, dass du verloren hast, bevor du anfängst. Du kannst nicht gewinnen. Du bist nur dumm."

Lemmys berühmte Sprüche

Lemmy Kilmister: Der Rock hat sein Gesicht verloren

Motörhead präsentiert neues Album «Aftershock»
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A man from Hungary shows his tattoo of Kilmister t
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Lemmy performs during the 24th Wacken Open Air Fes
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ARCHIVBILD: MOTÖRHEAD-SÄNGER LEMMY KILMISTER 70-JÄ
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GERAMNY MOTORHEAD KLIMSTER

Kilmisters Vater war Feldkaplan, er verließ die Familie nach Lemmys Geburt und suchte erst Kontakt zu seinem Sohn, als dieser berühmt war (ein Ansinnen, das Lemmy brüsk zurückwies). Möglicherweise liegt hier die Wurzel für Lemmys Abneigung gegenüber jeder Form von Religion. Vielleicht ist es aber auch so, dass dem Freigeist Lemmy dogmatisches Denken einfach grundsätzlich zuwider war.

Kilmister wuchs in Wales auf. Er verließ mit 15 ohne Abschluss die Schule und tauchte bald in die Sixties-Rockszene von Manchester und London ein. Lemmys damalige Freundin – nach eigener Aussage seine Lebensliebe – war schwarz, weshalb das Paar Anfeindungen ausgesetzt war. Sie starb wenig später an einer Überdosis Heroin. Aus diesen Erfahrungen resultierten Lemmys lebenslange Abscheu gegenüber Rassismus und Heroin und seine Scheu, sich zu binden.

Anfang der Siebzigerjahre trat Lemmy der Spacerock-Formation Hawkwind bei, die er 1975 verlassen musste – worauf er Motörhead gründete. Zwischen 1979 und 1981 kam mit den Studioalben "Overkill", "Bomber" und "Ace Of Spades" und der Liveplatte "No Sleep Til Hammersmith" der Durchbruch. In wechselnden Formationen (mit Lemmy als Fixpunkt an Bass und Mikrofon) blieben Motörhead Szene-Lieblinge, kämpften aber bald mit sinkenden Verkaufszahlen.

Lemmy Kilmister: Der Rock hat sein Gesicht verloren
Man kann sich auf diesen Menschen verlassen. Das neue, gestern erschienene Album heißt „Aftershock“.

Mode

In den Nullerjahren entdeckte die Mode plötzlich Lemmy als Verkörperung von Wild- und Freiheit – und Motörhead bekamen Kultstatus, der Erfolg hielt bis zuletzt an. Lemmy wurde zum "role model" für Freizeit-Piraten.

Das Witzige dabei: Die Musik von Motörhead – schnell gespielter Rock ’n’Roll mit Einflüssen von Punk und Metal – hat sich nie verändert. Motörheads Alben sind ausnahmslos von guter bis hoher Qualität. Lemmy war erklärter Verehrer der Beatles und von Little Richard, und das kann man unter all dem Lärm auch noch hören.

Krank

Zuletzt musste Lemmy seinem Lebensstil Tribut zollen, Motörheads Show beim Nova-Rock-Festival vergangenen Sommer war schockierend, Lemmy sichtlich schwer krank. Mehrere Konzerte wurden abgesagt, dennoch wollten Motörhead 2016 auf Europa-Tournee gehen, ein weiteres Album war in Vorbereitung.

Lemmy litt an Diabetes und Herzkankheiten. Am 26. Dezember, zwei Tage nach seinem 70. Geburtstag, erfuhr er, dass er an einer extrem aggressiven Krebsform erkrankt war. Die Diagnose überlebte er nur zwei Tage. Erstaunlich, dass der Krebs sich überhaupt an Lemmys Körper herantraute.

Lemmy Kilmister: Der Rock hat sein Gesicht verloren
"Lemmy - The Godfather of Hardrock", Über vier Jahrzehnte hat Motörhead-Frontmann Lemmy Kilmister einen beträchtlichen Einfluss zur Musikgeschichte beigetragen. Mit knappen 65 Jahren ist und bleibt er der personifizierte Rock'n'Roll. ?Lemmy" erzählt die Geschichte einer Hard-Rock-Ikone, zeigt exklusives Archivmaterial, Interviews mit ebenbürtigen Größen wie Metallica, Ozzy Osbourne, The Clash und vieles mehr...Im Bild: Lemmy Kilmister. SENDUNG: ORF3 - MO - 12.08.2013 - 21:05 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung oder Veranstaltung des ORF bei Urhebernennung. Foto: ORF/WVG Medien GmbH. Anderweitige Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606

Höflichkeit

Es bleibt die Erinnerung an einen großartigen Musiker, an eine Symbolfigur für Anpassungsverweigerung und an einen klugen Mann, der so schöne Sachen sagte wie etwa dies: "Höflichkeit gibt es gratis. Mich wundert, dass nicht jeder zugreift."

Lemmys Bandkollegen Phil Campbell und Mikkey Dee posteten auf Facebook folgendes Statement: "Wir können noch nicht beginnen, unseren Schock und unsere Trauer auszudrücken. Aber für den Moment: Spielt Motörhead laut, spielt Hawkwind laut, spielt Lemmys Musik laut. Habt einen Drink oder mehrere."

Here’s to you.

  • Kilmister war Roadie bei Jimmy Hendrix, brachte Sid Vicious (Sex Pistols) das Bassspielen bei.
  • Bekannt für exzessiven Alkoholkonsum, probierte nach eigenen Angaben jede Droge außer Heroin.
  • Will mit etwa 1000 Frauen geschlafen haben.
  • Besaß eine riesige Sammlung von Nazi- und Zweiten-Weltkriegs-Devotionalien, hatte großes Interesse an Geschichte, speziell am Zweiten Weltkrieg.
  • Kommt aus dem selben Ort wie Robbie Williams: Burslem in Stoke-on-Trent. Auch Ex-Guns N' Roses-Gitarrist Slash lebte zwischenzeitlich dort.
  • Wurde aus der Band Hawkwind geworfen, weil er an der kanadischen Grenze mit Speed erwischt worden war, gründete daraufhin Motörhead.
  • Diverse Nebenrollen in Filmen (u.a. "Eat The Rich", Motörhead lieferten dazu den Soundtrack).
  • Saß bei Interviews häufig vor einem Spielautomaten.
  • Großer Fan der Beatles, von Little Richard und Chuck Berry.
  • Hasste es, wenn Motörhead als Heavy-Metal-Band bezeichnet wurde, er bezeichnete Motörhead immer als dreckige Rock'n'Roll-Band. (Legendärer Spruch zur Begrüßung des Publikums: "We are Motörhead, and we play Rock'n'Roll").
  • War nie verheiratet, hat zwei Söhne.

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