Mit Mordlust nach Seestadt

Seestadt, fotografiert von Autor Peter Lehner
Der neue Wiener Stadtteil hat schon einen Serienmörder bekommen, dank Fritz Lehner.

Noch ist der neue Wiener Stadtteil Seestadt Aspern erst von 6600 Menschen bewohnt (20.000 sollen es einmal sein), und schon gibt es dort zwischen Sonnenallee und Janis-Joplin-Promenade einen Serienmörder.

Im Buch.

Er heißt Dr. Kittel, sieht aus wie Anthony Perkins und war Chirurg. In Tirol hatte er seine Frau Brigitte vom Berg gestoßen. Die Geschworenen irrten, als sie ihn nur wegen Totschlags zu sieben Jahren verurteilten.

Es war kaltblütiger Mord. Dr. Kittel, der sich jetzt Dr. Kellermann nennt – Kittel, Kellermann, Killermann – genießt diese Erinnerung.

In Seestadt beginnt er nach sechs Haftjahren ein neues Leben, mit Fußfessel.

Es ist ein Aufbruch – wie für die oft jungen Bewohner, die immerhin schon eine kleine Buchhandlung in ihrer Nähe haben und eine sehr freundliche Buchhändlerin, die Kunden Kaffee anbietet.

Und weil ihm das Töten der Ehefrau eine so große Freude bereitet hat, tötet er auch weiterhin ... auf eh schon blutgetränktem Boden, wie Fritz Lehner, der Autor des Thrillers "Seestadt", betont: Man bewegt sich auf Leichen.

Schattierungen

In dem ehemaligen Dorf Aspern wurde vor rund 200 Jahren Napoleon besiegt.

Beim Graben werden immer noch Bajonette gefunden, brauchbare Waffen für so einen wie Killermann. Auch Gebisse französischer Soldaten, aber die sind nicht gut weiterverwendbar.

Ein neugieriger pensionierter Justizwachebeamter sucht ebenfalls ...

Jetzt könnte man sagen, danke nein, Krimi brauchen wir keinen mehr, das Pensum ist für heuer schon erfüllt.

Aber der interessante Unterschied ist: Fritz Lehner (Foto unten).

Er hat Filme über Schubert und einen Jedermann gedreht, er hat Romane über die Gestapo am Wiener Morzinplatz geschrieben ... und über Schneesterne.

Lehner hat, wie man so sagt, etwas auf dem Kasten – er schaut sich die menschlichen Schattenseiten in allen Schattierungen an. Ist ja nicht alles kohlrabenschwarz.

Lehner findet sogar hellere Stellen bei "seinem" Mörder, immerhin rettet Dr. Kittel (zunächst) einen Seestadt-Bewohner, dem eine Biene in die Luftröhre geflogen ist.

Der Schurke ist gelungen, damit ist der Roman gelungen ... über den sich, wie man so hört, die "Seestadt"-Bewohner freuen.

Er sei ihnen vergönnt, aber nicht ihnen allein.

Mit Mordlust nach Seestadt
selbstporträt, honorarfrei

Fritz Lehner:
„Seestadt“
Seifert-Verlag.
288 Seiten.
19,95 Euro.

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