Der Rock ’n’ Roll ist 70 geworden

Der Sänger der Rolling Stones feiert runden Geburtstag und hüpft weiter.

In einem Interview in den Sechzigerjahren sagte Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger einmal, er könne es sich nicht vorstellen, mit 30 noch auf den Bühnen dieser Welt herumzuhüpfen.

Heute, Freitag, wird Mick Jagger 70, und er hüpft immer noch. Die Rolling Stones haben gerade aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der Band eine kleine Amerika-Tournee gespielt und zusätzlich zwei Konzerte im Londoner Hyde-Park und eines beim berühmten Glastonbury-Festival. Eine Fortsetzung der Tour in Europa ist noch nicht offiziell, gilt aber als sicher, auch ein Wien-Konzert ist wahrscheinlich.

Wobei das Erstaunliche gar nicht die Tatsache ist, dass Jagger noch hüpft, sondern wie: Der Sänger zeigte sich bei den jüngsten Konzerten der Stones – nachprüfbar via YouTube – stimmlich wie körperlich in beeindruckender Verfassung.

Die Rolling Stones sind ein wenig wie die Voyager-Sonde: Längst hat sie unser Sonnensystem verlassen, aber immer noch fliegt sie weiter und sendet Daten. Auch die Rolling Stones sind längst unterwegs in Regionen des Show-Business, die nie zuvor ein Mensch betreten hat. Klar, Blues- oder Jazzmusiker sind nicht selten auch jenseits der achtzig noch aktiv. Aber die Rolling Stones füllen immer noch Stadien, begeistern auch junge Zuhörer und sind immer noch relevant: Viele Musiker, auch aus dem Independent-Bereich, nennen sie als Einfluss. Sie verkörpern den Rock. Irgendjemand hat einmal geschrieben: Der Rock ’n’ Roll ist immer so alt wie Mick Jagger.
Mick Jagger: Porträt in Bildern

Vorstandsvorsitz

Bei den Stones gibt es eine klare Arbeitsteilung: Keith Richards ist das Herz und die Seele, Mick Jagger das Hirn, der Taschenrechner und der Vorstandsvorsitzende. Diese Rollen-Zuordnung – die von beiden auch nach Kräften inszeniert wird – dürfte ihren Charakteren entgegenkommen und greift trotzdem zu kurz.

In Interviews gibt sich Jagger extrem kontrolliert. Die derben Attacken, die Keith Richards in seiner Autobiografie „Life“ gegen Jagger formulierte, sollen diesen tief getroffen haben. Dennoch verkniff er sich jeden Konter.

Bei Konzerten und auf Tonträger erlebt man einen anderen Mick Jagger. Er ist nämlich nicht nur ein begnadeter Entertainer, sondern immer noch ein großartiger Sänger, der seine Wurzeln im Soul und Blues nicht verbirgt, mittlerweile ein ausgezeichneter Gitarrist und seit jeher ein hinreißender Mundharmonika-Spieler.

Auch als Songschreiber hat er nach wie vor etwas zu sagen. Die jüngste Stones-Single „Doom And Gloom“ mag kein großer Hit geworden sein, aber der Song ist ein vitales Statement mit einem witzigen Text. Als Musiker wirkt der in Dartford, Kent, geborene Jagger, der Wirtschaft studierte und sich zum Hohn von Keith Richards von der Queen adeln ließ, ganz anders, als es sein Image erwarten ließe.

Sein Image: Er kennt nur zwei Hobbys. Erstens: Seinen Kontostand betrachten. Zweitens: – nun ja, er hat sieben Kinder von vier Frauen.

Die Rolling Stones waren stets so clever, nie eine Abschiedstour anzukündigen. Auch die laufende Tournee heißt vielsagend „50 and counting“. Mick Jagger – und mit ihm der Rock ’n’ Roll – ist heute 70. Es wird interessant, zu sehen, wie weit die beiden noch gehen wollen.

Info: ServusTV zeigt am Sonntag um 23.10 Uhr die Doku „Die Rolling Stones“ als deutschsprachige Erstausstrahlung. Radio Wien ruft heute den „Mick Jagger Tag“ aus und bietet um 20 Uhr eine Sondersendung.

Mick Jagger ist 70. Das heißt, er ist heute so alt, wie sein Partner, der großartige Keith Richards, vor 20 Jahren aussah. Wo soll das noch hinführen? Womöglich weit: Dem Vorstandsvorsitzenden der Rolling Stones ist zuzutrauen, noch mit 90 in den Stadien dieser Welt „Let’s Spend The Night Together“ zu krähen.

Jemand hat einmal gesagt: Der Rock ’n’ Roll ist immer so alt wie Mick Jagger. Wir müssen uns also daran gewöhnen, dass jene Kultur, die einmal als gefährlich galt, im Buerlecithin-Alter angekommen ist. Zum Glück sind nicht alle Rocker vor dem Altwerden gestorben (um The Who zu zitieren), viele hatten auch keine Lust, in Ruhestand zu gehen – das entspricht dem Zeitgeist und entlastet das Pensionssystem.

Jagger sieht bemerkenswert gut aus – und ist immer noch ein toller Musiker. Womöglich halten ihn seine kolportierten Lieblingshobbys jung. Das erste: Sein Geld zählen (da hat er einiges zu tun bei angeblich einer halben Milliarde Euro). Zweitens: Nun ja, er hat sieben Kinder mit vier Frauen. Alles Gute dem jüngsten Siebziger der Welt!

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