Maria Lassnig: Ruhm kam spät

FOTOS: Gemälde: REUTERS/Herwig Prammer Lassnig: APA-FOTO: GUENTER ARTINGER 07.09.2004
93-Jährige wird heuer mit dem Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk in Venedig geehrt.

Der Ruhm kam eher spät, dafür aber umso strahlender: Maria Lassnig, die Grande Dame der österreichischen Malerei, kann heuer ihren zahlreichen Auszeichnungen eine weitere hinzufügen, wenn ihr unermüdliches Lebenswerk bei der Biennale 2013 in Venedig mit dem Goldenen Löwen geehrt wird. Dabei hatte die Künstlerin mit ihrer Malerei abseits aller Stil- und Modeströmungen über Jahrzehnte als kompromisslose Außenseiterin des Kunstbetriebes gegolten.

Geboren wurde Lassnig am 8. September 1919 im kärntnerischen Kappel am Krappfeld. 1941 wurde die angehende Künstlerin an der Wiener Akademie der bildenden Künste in die Meisterklasse Wilhelm Dachauer aufgenommen, die sie 1943 verlassen musste, weil ihre Bilder als "entartet" bezeichnet wurden. Ihr Studium schloss sie dann bei Ferdinand Andri und Herbert Boeckl ab. Die erste Einzelausstellung folgte 1948 in Klagenfurt, wo auch ihre ersten "Körperbewusstseins"-Arbeiten entstanden, mit denen sie später breite Anerkennung fand. 1951 übersiedelte sie nach Wien. Dort gehörte sie zum Kreis um Monsignore Otto Mauer. Bei mehreren Paris-Aufenthalten lernte sie u.a. den Dichter Paul Celan und den Surrealisten Andre Breton kennen, ließ sich von der "ecriture automatique" und dem Tachismus beeinflussen. 1968 übersiedelte sie nach New York, wo sie sich nicht nur mit Malerei, sondern auch mit Zeichentrickfilmen beschäftigte.

Realismus und Abstraktion

1980 kehrte sie nach Wien zurück, wo sie eine Professur für Malerei an der Hochschule für Angewandte Kunst übernahm. Im selben Jahr vertrat sie - zusammen mit Valie Export - ihre Heimat bei der Biennale in Venedig. 1982 und 1997 folgten Einladungen zur documenta nach Kassel. Als erste bildende Künstlerin erhielt Lassnig 1988 den Großen Österreichischen Staatspreis, zahlreiche weitere Auszeichnungen folgten, wobei der Goldene Löwe für ihr Lebenswerk, der Lassnig heuer in Venedig verliehen wird, zu den Höhepunkten zählt.

Zu ihrer bekannten Körperbewusstseinsmalerei ("Ich male und zeichne nicht den 'Gegenstand' Körper, sondern ich male Empfindungen vom Körper.") sind in den vergangenen Jahren viele andere Motive dazugekommen, ganze Serien, in denen sie auch mit immer neuem Umgang mit Farbe und Licht überrascht: "Keller-Bilder" etwa, oder Darstellungen männlicher Dominanz und Gewalt vom "Weltzertrümmerer" bis zum "Kinderschreck". Ihre großen Gemälde sind längst nur noch für Museen und kapitalkräftige Sammler erschwinglich, die Bedeutung ihrer mit wenigen Strichen die Balance zwischen Realismus und Abstraktion haltenden, nicht selten mit farbkräftigen Hintergründen versehenen Zeichnungen scheint dagegen noch zu wenig gewürdigt.

Auf Schi- und Motorradtouren muss Maria Lassnig mittlerweile aus Gesundheitsgründen ebenso verzichten wie auf Nikotinkonsum. Künstlerisch ist sie in ihrer Wiener Atelierwohnung mit Blick auf die Gloriette ungebrochen neugierig und produktiv, erst Ende April eröffnete in einer Berliner Galerie eine Ausstellung. "Man stirbt nicht. Man gibt sich nur auf", notierte sie im Juni 1988 in ihr Tagebuch. Maria Lassnig hat sich noch lange nicht aufgegeben.

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