La Clemenza di Tito: Mozart’s next Topmodel

La Clemenza di Tito: Mozart’s next Topmodel
Mozarts "La Clemenza di Tito" ist an der Staatsoper zu sehen. Aber was ist wirklich zu sehen? Sehr viel, das mit dem Werk wenig zu tun hat. Dafür brilliert Elina Garanča stimmlich.

Gegen fesche Frauen auf der Bühne ist ja nicht grundsätzlich etwas einzuwenden. Aber es wäre fein, wenn sie dramaturgisch auch Sinn machten.

Jürgen Flimm, der im Groll aus Österreich (als Intendant der Salzburger Festspiele) abgereiste und nun an die Wiener Staatsoper zurückgekehrte Regisseur, hat zum "Dramma serio" "La Clemenza di Tito" von Wolfgang Amadeus Mozart erkennbar nur etwas zu sagen: So milde wird der Herrscher wohl nicht gewesen sein, dass er völlig uneigennützig seinen Attentätern vergibt, die von ihm begehrten Frauen anderen übergibt und sich selbst ausschließlich seinem Volk hingibt. Also ist Michael Schade, der Titus der Wiener Neuproduktion, in zahlreichen Momenten ein Ungustl, ein bebender Unruhegeist, ein Zyniker.

Hohe Absätze

Da diese Deutung aber noch nicht für einen attraktiven Opernabend ausreicht, behübscht Flimm die aus ein paar bemalten, verschiebbaren Wänden bestehende Szenerie (Bühne: Georg Tsypin) mit auf erotisch gestylten jungen Damen, die endlos lange Beine haben, die Füße in Schuhe mit Extrem­absätzen gesteckt und zumeist Miniröcke tragen. Naja, Fantasien halt.

Bizarr wird es dann, wenn diese jungen Menschen auch noch im MA48-Outfit, also in jenem der Wiener Müllabfuhr, beim Aufräumen der Bühne nach dem Anschlag auf Titus gutes Aussehen beweisen müssen. Irgendwie erinnert das an Banal-Sendungen wie "Germany’s next Topmodel", bei denen Kandidatinnen auch so seltsame Aufgaben gestellt werden.

Hohe Qualität

La Clemenza di Tito: Mozart’s next Topmodel

Gesucht wird: Mozart’s next Topmodel. Gefunden wurde: Eine Topsängerin, die die Partie des Sesto, des Widersachers von Titus, famos gestaltet. Elina Garanča ist auch in dieser Staatsopernpremiere ein intensiver Mezzo mit tollen Ausbrüchen, noblem Timbre und zutiefst berührenden Momenten. Darstellerisch weiß Flimm leider auch mit ihr nicht allzu viel anzufangen.

Michael Schade, der Titus, hat diese Partie vor neun Jahren in Salzburg bedeutend besser gesungen. Aber die ganze damalige Produktion (Regie: Martin Kušej; Dirigat: Nikolaus Harnoncourt) war um Welten besser als die aktuelle in Wien. Schades Pianokultur ist nach wie vor verblüffend, seine Legato-Bögen sind beeindruckend, er wirkt jedoch seltsam kraftlos.

Juliane Banse, die sich absurderweise auch dauernd umziehen muss, hat für die Vitellia die nötige Höhe, aber nicht genügend Ausdruckskraft, Chen Reiss ist eine seriös besetzte Servilia, Serena Malfi ein vielversprechender Annio und Adam Plachetka ein markanter Publio.

Louis Langrée ist am Pult des Wiener Staatsopernorchesters zumindest anfangs um Differenzierung und Flexibilität bemüht. Nach und nach wirkt die Aufführung aber trotz in beide Richtungen extremer Tempi und dynamischer Ambitionen langatmig, musikalisch schwer und intransparent.

In der Mozart-Interpretation hat sich in den vergangenen Jahren so viel getan, dass dieser breite Klang mittlerweile altmodisch erscheint. Die Wiener Staatsoper bräuchte dringend neue Mozart-Akzente.

KURIER-Wertung: *** von *****

Fazit: Mittelmaß mit einer Ausreißerin

Das Werk: Mozarts "La Clemenza di Tito" (Text: Caterino Mazzolà nach Metastasio) wurde am 6. September 1791 in Prag uraufgeführt – als Auftragswerk zur Krönung Joseph II. zum böhmischen König.

Die Sänger: Elina Garanča überragt als Sesto alle anderen.

Der Dirigent: Louis Langrée liefert musikalisches Mittelmaß.

Die Regie: Flimm setzt optisch allzu sehr auf Behübschung.

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