Kunst: Keine Angst vor Freiräumen im Kopf

Kunst: Keine Angst vor Freiräumen im Kopf
Zwei renommierte Sammler bringen abstrakte, reduzierte Kunst nach Kärnten: Eine sehenswerte Konstellation.

Gegenstandslos: Nach wie vor taugt dieses Wort kaum dazu, Menschenmassen zur Kunst zu locken. Ohne Gegenstand entsteht schließlich ein Leerraum, den es zu füllen gilt, mit eigenen Gedanken, Wahrnehmungen, Erfahrungen – das mag anregen, aber auch abschrecken.

Manchmal hilft es, wenn die Sammler selbst die Ausstellungen mit eigenen Ansichten aufladen. In zwei Kärntner Museen lässt sich diese Verschränkung von Kunst und Persönlichem exemplarisch verfolgen. Völlig unterschiedliche Räume lassen dabei ähnliche Kunst ganz anders wirken.

Privat

Kunst: Keine Angst vor Freiräumen im Kopf

In dem in einem Klagenfurter Barockpalais gelegenen Museum Moderner Kunst Kärnten (MMKK) zeigt der Sammler Franz Wojda Werke, die er mit seiner 2011 verstorbenen Frau Sigrid über Jahre zusammentrug. Im Museum Liaunig in Neuhaus/Suha präsentiert der Industrielle Herbert Liaunig ab 1. Mai die abstrakte Seite seiner über 2500 Werke umfassenden Kunstsammlung.

Beide Ausstellungen streichen hervor, dass Österreich eine starke Tradition reduzierter abstrakter Kunst hat – sie wurde bloß von "lauteren" Strömungen wie dem Aktionismus oder der Malerei eines Arnulf Rainer häufig in den Schatten gestellt.

Einiges überschneidet sich in den Sammlungen: So finden sich da wie dort Text-Bilder von Heinz Gappmayr, Gemälde aus dicker Farbmasse von Jakob Gasteiger und Werke von Heimo Zobernig, dem international bekanntesten Konzeptkünstler Kärntner Herkunft.

Die Wojda-Sammlung zeichnet hier entlang eines linearen Parcours Entwicklungen nach – von einer monochromen Ouvertüre mit Josef Albers’ "Homage to the Square" geht es in Richtung späterer abstrakter Malerei, zu Imi Knoebel, Gerwald Rockenschaub, Esther Stocker.

In der großen Halle des Liaunig-Museums ist eine solche Linearität unmöglich, und sie wird auch nicht angestrebt: Um dies zu unterstreichen, platzierte der Sammler einen riesigen, gar nicht abstrakten Fiberglas-Dinosaurier, von Hans Schabus zum Kunstwerk "Klub Europa" stilisiert, neben zwei Kreis-Gemälden von Robert Schaberl. Jung neben alt, etabliert neben unentdeckt – die Präsentation zeigt auch die Freiheit des Sammlers, seine Qualitätsmaßstäbe ohne viel Rücksicht auf äußere Vorgaben zu entwickeln und durchzusetzen. Dass das Ergebnis ästhetisch äußerst stimmig ausfällt, spricht für Liaunigs Sammlerblick.

Die Ausstellung der Sammlung Wojda ist auf ihre Art nicht weniger persönlich – ist sie doch auch ein Monument eines gemeinsamen Sammler-Lebens, das mit Sigrid Wojdas unerwartetem Tod im Vorjahr ein jähes Ende fand. Ein Laborglas, in das der Künstler Martin Walde ein ätherisches Öl einschweißte ("Der Duft der verblühenden Alpenrose", 2010) erinnert daran.

Politik

Kunst: Keine Angst vor Freiräumen im Kopf

Zur Repräsentation taugt derart subtile, inhaltlich offene Kunst kaum. Dass nun private Sammler dafür sorgen, dass sie in solcher Dichte in Kärnten zu sehen ist, wirft auch ein Licht auf die Kulturpolitik des Landes: 2010 brachte diese laut Kulturbericht rund 2,5 Mio. € für Brauchtumspflege und nur 1,5 Mio. € für den Bereich "Kunst, Foto, Architektur" auf. Das vom Land finanzierte MMKK genießt jedoch einen guten Ruf, unter der Direktorin Christine Wetzlinger-Grundnig sei ein Arbeiten ohne jegliche Interventionen möglich, lobt auch Franz Wojda. Sein Kollege Herbert Liaunig geht seinen Weg weiterhin lieber ohne Kontakt zur Kulturpolitik: "Der Kulturlandesrat hat es in fünf Jahren nicht für wert befunden, sich das Museum anzusehen", sagt er.

Ausstellungen: Bilder, Skulpturen und besetzte Häuser

Die Schau "Sammlung Sigrid und Franz Wojda. Ein Leben mit zeitgenössischer Kunst" ist bis 3. Juni im Museum Moderner Kunst Kärnten, Burggasse 8, Klagenfurt, zu sehen. Am Freitag, den 27.4., findet ein Podiumsgespräch zum Thema "Inspiration durch Kunst" u. a. mit Franz Wojda, Edelbert Köb und Wolfgang Petritsch statt (19 Uhr).

Das Museum Liaunig in Neuhaus/Suha ist ab 1. Mai jeweils von Mittwoch bis Sonntag im Rahmen von Führungen zu besichtigen (bei Gruppen Voranmeldung unter 04356/21115; kein Einlass für Kinder unter 12 Jahren). Das Museum ist bis 28. 10. zu besichtigen.

Als Adresse für Zeitgenössisches machte zuletzt der Klagenfurter Kunstraum Lakeside von sich reden, als er e den mit 70.000 € dotierten Bank-Austria-Kunstpreis erhielt. Hier widmet sich derzeit das Projekt "Das ist wirklich hier passiert" der alternativen Szene in Kärnten (Di. 12–18 Uhr, Mi. bis Fr. 10–13 Uhr). Am 25. April wird in einem Vortrag über die Hausbesetzer-Bewegungen in Klagenfurt berichtet (18.30 Uhr).

Weitere Events am Kärntner Kunst-Kalender: Karin Pliem/Christie Astuy, Galerie Walker in Schloss Ebenau/Rosental (Vernissage 29.4.); Ausstellung "Maria LassnigFranz Wiegele" (ab heute, 22.4., bis 28.10.,Museum des Nötscher Kreises, Nötsch/Gailtal); Ausstellung Alina Kunitsyna/Markus Orsini-Rosenberg (bis 28.4., Galerie 3, Alter Platz 25, Klagenfurt).

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