Klimt: Der mit dem Bleistift dachte

Klimt: Der mit dem Bleistift dachte
"Gustav Klimt. Die Zeichnungen". Die Albertina zeigt den Künstler puristisch – ganz ohne dekorative Ornamentik.

Ein starker Kontrast zu Prunk und Glanz anderswo: In der Albertina hängen in abgedunkeltem Ambiente an grauen Wänden 160 Zeichnungen von Gustav Klimt. "Wir zeigen sein Werk abseits des goldenen Mainstreams“, so die Kuratorin Marian Bisanz-Prakken.

Die Schau ist „Teil eines Konzertes“ von Ausstellungen u. a. im Leopold Museum, im Kunsthistorischen und im Wien Museum, so Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder: „Denn eine Retrospektive allein hätte nicht leisten können, was die Summe aller zeigen kann.“

Und obwohl 130 Objekte aus Albertina-Beständen kommen, wäre die fast 500.000 Euro teure Schau ohne privates Sponsoring etwa durch die Bank Austria nicht möglich.

Mehr als 4000 Zeichnungen gibt es von Klimt – und nur knapp 200 Gemälde. Für Schröder ist der Mitbegründer der Wiener Secession die Symbolfigur der österreichischen Kunst um 1900: „Einer, der mit dem Bleisift dachte. Was er zu sagen hat, sagt er in der Zeichnung – unverblümt und eindeutig.“

Vier Abschnitte

Jedes Blatt ist Welt für sich. Hier wird Klimt einmal mehr als der gewürdigt, als der „der Österreichischste aller österreichischen Künstler", so Schröder, unmittelbar nach seinem Tod verehrt und bewundert wurde: als Zeichner.
Zu entdecken, zu bewundern, vor allem interessant zu vergleichen: Menschenfiguren, Skizzen von Frauen in erotischen Stimmungen, berühmte Porträts von Damen der Wiener Gesellschaft.

Er habe in seinen Studien und Skizzen "anhand der menschlichen Figuren sehr ernsthaft und konsequent auf seine Themen hingearbeitet", so Bisanz-Prakken, "und alle elementaren Lebenssituationen auf den Punkt gebracht."

Die Schau ist in vier Kapitel gegliedert und spannt den Bogen von den Anfängen bis zum Spätwerk: "Historismus und früher Symbolismus (1882–1892)" zeigt Vorstudien zu den Theaterszenen der Gemälde im Burgtheater, aber auch Entwürfe für Banknoten von 1892.

Den "Aufbruch zur ,Moderne‘ und Secession (1895– 1903)" illustrieren u. a. die symbolistische Federzeichnung "Fischblut", eine Leihgabe der New Yorker Galerie St. Etienne, Studien für den Beethovenfries und die Fakultätsbilder, darunter Entwürfe für die rätselhafte, nach hinten gebogene, nackte Schwebende aus der „Medizin“, einst Anlass für Skandale.

Sprache der Linien

Das Kapitel "Der Goldene Stil (1903– 1908)" präsentiert Studien zu den "Wasserschlangen", "Der Kuss", "Judith II" oder Teile des Stoclet Fries, aber auch die aus einer Londoner Privatsammlung geliehene großformatige Übertragungsskizze für "Die drei Lebensalter".

Zu den späten Jahren (1910–1918) finden sich neben den Studien für die Damenbildnisse auch erotische Zeichnungen, liegende Akte und Halbakte. Sie weisen den Weg zum modernen Menschenbild, so die Kuratorin Bisanz-Prakken, "sind aber nicht so Ich-bezogen wie Egon Schiele eine Generation später. Viele Blätter sind wie Glieder einer Kette und symbolisieren alle Stadien des menschlichen Lebens, wobei die Sprache der Linien berührend ist."

Klimts Grafik-Werk: Jedes Blatt eine Welt für sich

Ausstellung: "Gustav Klimt. Die Zeichnungen" (bis 10. 6.); von den 170 Klimt-Zeichnungen der Albertina werden rund 130 Blätter gezeigt, ergänzt um rund 30 Leihgaben, u. a. die lebensgroße Übertragungsskizze für "Die drei Lebensalter" gezeigt, die ikonenhaft, mit Gold bearbeitete Zeichnung des stehenden Liebespaares im Zusammenhang mit "Der Kuss" und "Erfüllung" oder die kürzlich in Privatbesitz entdeckte Tuschzeichnung "Fischblut".

Gestaltung: In vier Abschnitten werden die Hauptphasen der Entwicklung des Künstlers präsentiert und analysiert, wobei der Vergleich mit den Gemälden eine wichtige Rolle spielt.

Wann & Wo: Propter Homines Halle, Albertina, täglich 10–18 Uhr, Mittwoch 10–21 Uhr; Katalog, Hirmer Verlag, 29 €

www.albertina.at

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