Kammerspiele: Lady singt den Blues

Sona MacDonald als "Billie Holiday"
Sona MacDonald brilliert als Billie Holiday in "Blue Moon".

Viel gewagt und alles gewonnen – auf diesen simplen Nenner lässt sich die Uraufführung von "Blue Moon" in den Kammerspielen der Josefstadt bringen. Denn Regisseur Torsten Fischer hat mit Ko-Autor Herbert Schäfer eine kluge, bewegende, verstörende Hommage an die legendäre Jazz-Sängerin Billie Holiday verfasst, die von der Musik und von der famosen Sona MacDonald lebt.

"Ist irgendwo ein Nigger im Publikum?", fragt der farbige Nikolaus Okonkwo – er verkörpert auch dank Whitefacing bravourös alle männlichen Rollen – gleich zu Beginn. Und schon ist man mitten drinnen im Leben der Jazz-Ikone, das von rassistischen Anfeindungen, Prostitution, Alkohol, Drogen, Gefängnis, unglücklichen Liebesbeziehungen und von der Musik geprägt war.

20 Songs

20 Songs haben Fischer und sein Team ausgewählt, anhand derer das meist kurze Glück und oft viel längere Leid der großen Billie Holiday (1915–1959) geschildert wird. Herbert Schäfer und Vasilis Triantafillopoulos haben dafür eine geschmackvolle Bühne mit Spiegel und Bar-Atmosphäre geschaffen; eine exzellente, vierköpfige Live-Band ist omnipräsent. Wie auch Nikolaus Okonkwo, der gekonnt zwischen Erzähler (man hält sich an Holidays eigene, verfälschte Biografie "Lady sings the Blues") und Mitspieler changiert, der jedoch ihr den Vortritt lässt.

Und sie – das ist Sona MacDonald, die sich Billie Holiday und ihre Musik gespenstisch gut angeeignet hat. Da passt jede Geste, da stimmt jede Bewegung, da spürt man in den Songs die gesamte Fragilität wie auch die Wut der realen Billie Holiday.

Wie MacDonald Klassiker von "Strange Fruit" über "You’re My Thrill", "As Time Goes By" bis zu "Blue Moon" nicht nur singt, sondern gestaltet, ist Weltklasse. Denn mittels der Songs wird Holidays Geschichte erzählt. Die Gefahr einer bloßen Nummernrevue besteht aber nie. Denn Sona MacDonald imitiert Holiday nicht, sondern lebt sie unglaublich intensiv nach. Standing Ovations!

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