Agnes Husslein: "Ich bin einfach fassungslos"

Agnes Husslein.
Die Belvedere-Chefin zum Plan von Thomas Drozda, die Direktion nochmals auszuschreiben.

Im Palais Dietrichstein, dem Amtssitz von Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ), bog sich der Tisch mit Plundergebäck und belegten Brötchen. Von den Journalisten, zur eilig einberufenen Pressekonferenz in der Causa Belvedere eingeladen, wurde nicht einmal ein Zehntel verspeist. Was passiert mit dem Rest? Wer bezahlt diese Verschwendung? Wann beginnt Missbrauch mit Steuergeld? Wo hört er auf? Wie großzügig muss man, wie kleinlich darf man sein? Das sind ziemlich ungeklärte Fragen.

Agnes Husslein-Arco, die Direktorin des Belvedere, hat mit Wissen des Kuratoriums ihren Dienstort im Sommer nach Kärnten verlegt – und für Reisen nach Wien Rechnungen gelegt, was sie nicht hätte tun dürfen. Sie deswegen zu entlassen, wäre aber nicht möglich. Weil eben dem Kuratorium die Verfehlungen der Direktorin "seit Längerem bekannt" waren und akzeptiert wurden.

Zudem verpflichtete sich Husslein die Schäden zu ersetzten. In einem Gutachten, das Drozda bei Thomas Angermair einholte, heißt es daher in der Conclusio, dass aus rechtlicher Sicht derzeit "weder ein Handlungsbedarf noch eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Abberufung" vorliege.

Tabula rasa

Drozda entschloss sich trotzdem zu "tabula rasa": "Ich möchte die aktuellen Ereignisse zum Anlass für eine Neuaufstellung des Belvedere nehmen. Die derzeitige personelle, strukturelle und organisatorische Situation macht eine Neubesetzung aller Organe erforderlich." Das Gesagte interpretierend titelte die APA: "Ende der Ära Husslein im Belvedere: Drozda zieht klaren Schnitt."

Ein halbes Jahr nach der Ausschreibung der Doppelgeschäftsführung durch den damaligen Kulturminister Josef Ostermayer lässt Drozda das Prozedere wiederholen – diesem Mal unter Hinzuziehung eines Personalberatungsunternehmens. Die Bewerbungsfrist soll Mitte September enden, die neue Leitung ihre Arbeit mit 1. Jänner 2017 aufnehmen. So lange läuft der Vertrag von Husslein-Arco. Sie war wegen Verstöße gegen die Compliance-Regeln von Prokuristin Ulrike Gruber-Mikulcik angeschwärzt worden. Die beanstandeten Reiserechnungen waren aber von Gruber gegengezeichnet worden. Drozda meint dazu: "Wenn das Vieraugenprinzip gilt, dann muss man auch gegen Gruber vorgehen." Die bereits karenzierte Prokuristin wird im Laufe des Jahres gekündigt. Sie hatte sich nach der ersten Ausschreibung Chancen auf die Geschäftsführung ausgerechnet gehabt.

Drozda erwähnte gleich zu Beginn der Pressekonferenz die Erfolge von Husslein-Arco. Ob er die seit neuneinhalb Jahren amtierende Direktorin einlädt, sich nochmals zu bewerben? "Ich lade niemanden ein. Aber auch niemanden aus." Der Findungsprozess werde ergebnisoffen geführt. Theoretisch könnte sich Husslein also noch einmal bewerben.

Kein faires Verfahren

Aber ob sie sich das antut? Zumal Drozda dem Weg von Ostermayer folgt – und die Gehälter kürzt: Für die wissenschaftliche Leitung ist ein Jahressalär von 200.000 Euro vorgesehen (mit einem Auf oder Ab von 10 bis 15 Prozent). Das bedeutet, dass Husslein auf ein Viertel verzichten müsste. In einer ersten Reaktion sagte sie zum KURIER: "Ich bin einfach fassungslos." Sie hätte sich zumindest ein faires Verfahren erwartet – und nicht, dass man ihr derart in den Rücken fällt. Harte Kritik übt sie an Hans Wehsely, dem bisherigen Kuratoriumsvorsitzenden. Er trat aber am Mittwoch in der Früh zurück.

Wehsely hatte BDO sowie Maxl & Sporn mit der Prüfung der Vorwürfe beauftragt, aber keinen Kostenrahmen vereinbart. Daraufhin wurden Rechnungen in der nun bereits reduzierten Höhe von 130.370 Euro gestellt. Wie es zu der unglaublichen Summe kommen konnte, ist Drozda "völlig schleierhaft". Er setzte Andrea Ecker, die Leiterin der Kunstsektion, als interimistische Vorsitzende des Kuratoriums ein. Sie soll die nochmalige Ausschreibung betreuen und die Kosten für die Sonderprüfung hinterfragen: "Die 130.000 Euro werden nicht im Ansatz bezahlt werden!" Zudem soll Ecker zusammen mit Edelbert Köb, dem ehemaligen Direktor des Mumok, die Struktur der Bundesmuseen in organisatorischer Hinsicht durchleuchten und bis Anfang 2018 ein "Weißbuch" mit Richtlinien erarbeiten. Die Ereignisse hätten "unbestritten offengelegt, dass es Struktur- und Informationsdefizite im Zusammenwirken der verantwortlichen Organe gibt".

Rücktritt aus Solidarität

Am Mittwochabend zog die PR-Beraterin Gabi Spiegelfeld die Konsequenz – und trat als Kuratoriumsmitglied zurück. Sie bedauert die Vorverurteilung von Husslein-Arco und glaubt, dass die Weiterführung des Belvedere auf dem bisherigen Niveau nicht gewährleistet sei.

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