Guy Mees: Momente der Klarheit dank der Kunst

Guy Mees, Portraits (Level Differences), 1970 Guy Mees, Portraits (Level Differences), 1970, Courtesy Estate of Guy Mees, Lotte Boogh Mees, Galerie Micheline Szwajcer, Antwerpen
"Das Wetter ist ruhig, kühl und mild" in der Kunsthalle Wien, die erste Werkschau des Künstlers Guy Mees in Österreich.

Minimal Art und Konzeptkunst haben es spät, aber doch in die Überblicksbücher zur Kunstgeschichte geschafft. Darin begegnen sie uns meist als unterkühlte Gesellen, gehüllt in industrielle Materialien (Leuchtstoffröhren! Plexiglas! Blech!) und beseelt von großer Strenge: Mit dem Durchpauken exakter Regeln und Muster soll das emotional getriebene Künstlertum ausgetrieben werden.

Dann kommt einer wie Guy Mees daher. Und wickelt so ein verspiegeltes, eckiges Objekt in eine Spitzengardine mit Blumenmuster.

Der Belgier, 1935 geboren, tat das bereits in den 1960er-Jahren, also im Dialog mit den Kunstströmungen jener Zeit. Außerhalb von Avantgarde-Zirkeln blieb die Resonanz dennoch überschaubar: Die Ausstellung "Das Wetter ist ruhig, kühl und mild" in der Kunsthalle Wien (bis 29.4.) ist in Österreich die erste Werkschau des Künstlers, der 2003 verstarb.

Guy Mees: Momente der Klarheit dank der Kunst
Ausstellungsansicht: Guy Mees. Das Wetter ist ruhig, kühl und mild Ausstellungsansicht: Guy Mees. Das Wetter ist ruhig, kühl und mild, Kunsthalle Wien 2018, Foto: Jorit Aust: Verloren Ruimte (Lost Space), 1986–1989, Courtesy Privatsammlung, Estate of Guy Mees, Galerie Micheline Szwajcer, Antwerpen & Lotte Boogh Mees

Die in Wien präsentierte Auswahl verdeutlicht, warum sich Mees’ Werk kaum für einen Ausstellungszirkus eignet, der auf Monumentalität und Spektakel setzt: Neben den in Spitze gehüllten Objekten sind riesige Bögen von kaum sichtbar markiertem Japanpapier, die an den Wänden montiert werden müssen, der Albtraum jedes Kunsttransporteurs.

Der Umstand, dass einem diese Kunst so filigran begegnet, sorgt aber auch für ihr Charisma: Mees pinnte seine Gedanken quasi direkt an die Wand und verbat sich interpretatorisches Beiwerk.

Auf dem Podest

Guy Mees: Momente der Klarheit dank der Kunst
Porträt von Guy Mees, 1968–1969, Foto: Marc Poirier dit Caulier, Courtesy Estate of Guy Mees, Privatsammlung, Antwerpen

Variationen und Permutationen beschäftigten ihn, etwa wenn er für die Serie "Höhenunterschiede" drei Personen in unterschiedlichen Varianten auf Podeste stellte (siehe Bild) oder Farb-Kombinationen durchdeklinierte. Ebenso interessierte ihn die Frage, wie ein flaches Ding Raum erzeugt – zu sehen etwa in Scherenschnitten, die an der Wand scheinbar eine Drehung simulieren und doch nur aus aneinander gereihten Flächen bestehen.

Anders als in der rigorosen Konzeptkunst weichte Mees die Regeln wieder auf, ließ den Zufall und die Intuition eine Rolle spielen, nahm sich als Autor zurück. Letzlich warf er die Frage auf, ob und wie sich eine auf Reduktion konzentrierte Kunst ins Leben integrieren lässt: Die Antwort fällt in dieser sehenswerten Schau nicht schroff, sondern still und positiv aus. Ja, es gibt Momente der Klarheit dank der Kunst. Selbst hinter Blumengardinen.

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