Xavier Naidoo bekommt "Brett vorm Kopf" vielleicht vergoldet

Xavier Naidoo bekommt "Brett vorm Kopf" vielleicht vergoldet
Der deutsche Sänger ist einer von drei Nominierten für den Schmähpreis "Goldenes Brett vorm Kopf". Zurecht.

Irgendwie musste es ja so kommen. Mit seinem Auftritt vor einer Versammlung sogenannter Reichsbürger am Tag der Deutschen Einheit, hatte Xavier Naidoo Anfang Oktober für mächtig Geraschel im bundesdeutschen Blätterwald gesorgt. Die lose Gruppierung behauptet, das Deutsche Reich bestehe rechtlich mit den Grenzen von 1937 weiter fort - ein Tummelplatz von Verschwörungstheoretikern und rechten Politiker.

Die Veranstaltung war als "Sturm auf den Reichstag" angekündigt gewesen, am Ende stand Naidoo vor rund 200 Teilnehmern (u.a. der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke) auf einer Bühne und wollte gar nicht wissen, wo er da gelandet war: "Ich hab keine Ahnung, wer hier steht, mir geht’s um Liebe", sagte der Schmusesänger ("Dieser Weg wird kein leichter sein") - auf seinem T-Shirt stand in großen Lettern "Freiheit für Deutschland".

Glauben wir ihm also. Vielleicht wusste er tatsächlich nicht, was er da machte. (Wenngleich Georg Diez in einer Kolumne auf Spiegel Online schon im August aufzeigte, wie sehr Naidoo sich längst vom "Popstar zum Populisten" gewandelt hat).

Vergolden

Aber nehmen wir einmal an, Naidoo hat tatsächlich ein dermaßen großes Brett vor dem Kopf, dass er nicht weiß, vor wem er da geprochen hat - dann plädieren wir jetzt dafür, dass ihm das auch vergoldet wird.

Denn wie am Montag bekannt gegeben wurde, ist der Musiker gemeinsam mit der Impfgegner-Vereinigung "Netzwerk Impfentscheid" und der Gesundheitsministerin des deutschen Bundeslands Nordrhein-Westfalen, Barbara Steffens heuer nämlich für den Schmähpreis das "Goldene Brett vorm Kopf" nominiert. Mit der "Auszeichnung" will die Gesellschaft für kritisches Denken auf den "erstaunlichsten antiwissenschaftlichen Unfug des Jahres" aufmerksam machen.

"Xavier Naidoo wird zur Einstiegsdroge der Irrationalität, die mit pathetischer Musik beginnt und bei Chemtrails und Weltverschwörungs-Paranoia endet", begründete die Jury ihre Entscheidung. Eine rationale Diskussion über tatsächliche politische Missstände werde dadurch unmöglich. Von goldenen Schallplatten zum goldenen Brett ist es also nicht mehr weit.

Aus über 250 Nominierungen hat eine Jury die drei Finalisten ausgewählt. Das "Netzwerk Impfentscheid" verdiente sich seine Nominierung für die der wissenschaftlichen Faktenlage widersprechende "Verbreitung der Vorstellung, dass Impfen nutzlos oder sogar schädlich sei". Und Steffens sah die Jury als preiswürdig an, da sie Alternativmedizin an den Universitäten verankern wolle und der Meinung sei, dass diese nicht nach den üblichen wissenschaftlichen Wirksamkeitskriterien beurteilt werden könne.

Gekürt wird der Preisträger am 26. November in der Wiener Urania. Im Vorjahr wurde die Organisation "Homöopathen ohne Grenzen" für den Einsatz von Homöopathie in Krisengebieten "ausgezeichnet". Der Lebenswerk-Preis ging 2013 an Esoterik-Arzt Rüdiger Dahlke.

Bei der Preisvergabe spielen unter anderem der "Grad der Abwegigkeit" der vertretenen Theorien, die Kritikresistenz der Personen bzw. Organisationen und deren kommerzielles Interesse eine Rolle. Außerdem wird bewertet, inwieweit para- oder pseudowissenschaftliche Theorien ausdrücklich als Wissenschaft ausgegeben und inwieweit Gesundheit oder das politisch-gesellschaftliche Gefüge gefährdet werden.

Die Gesellschaft für kritisches Denken (GkD) ist die Wiener Lokalgruppe der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). Sie gehört zur internationalen Skeptikerbewegung, die sich für Wissenschaft und kritisches Denken einsetzt.

www.goldenesbrett.at

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