#GegenHassimNetz: "Meinungsfreiheit ist keine Narrenfreiheit"

Die Podiumsdiskussion im Justizpalast.
Diffamierungen und Beleidigungen im Internet sind nicht länger hinzunehmen. Aber was müssen wir jetzt tun? Darüber diskutierten am Montagabend Minister und Medienmacher.

Es ist bezeichnend: Als Montagabend im Justizpalast Frauenministerin Sabine Oberhauser, Justizminister Wolfgang Brandstetter, Familienministerin Sophie Karmasin und Staatssekretärin für Digitales Muna Duzdar mit kurier.at-Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner und profil-Medienredakteurin Ingrid Brodnig über die Frage "Wie kann gesellschaftlich und politisch gegen Hetze im Netz vorgegangen werden?" diskutierten, kam es auf Twitter zu beleidigenden Kommentaren. "Harmlos" im Vergleich zu Nachrichten, die besonders Frauen wie zum Beispiel ORF-Moderatorin Ingrid Thurnher oder eben Ingrid Brodnig regelmäßig zu lesen bekommen - aber leider Realität in unserer digitalen Gegenwart.

Dagegen kämpft KURIER gemeinsam mit dem Nachrichtenmagazin Profil in der Initiative #GegenHassimNetz. Gemeinsam wollen wir die Öffentlichkeit mit Artikeln und Interviews für das Thema sensibilisieren.

#GegenHassimNetz: "Meinungsfreiheit ist keine Narrenfreiheit"

Auch die Politik hat die Zeichen der Zeit erkannt und sucht das Gespräch mit den Big Playern des Netzes wie Facebook. Seit einem halben Jahr gibt es Gespräche mit Facebook, sagt Justizminister Wolfgang Brandstetter und betont, dass die Gesetze für alle gleich sind und es „auch für Facebook keine Ausnahmen gibt“. Rückendeckung erhält er dabei von der Europäischen Kommission. Das Ziel ist es, dass Hasspostings schnell aus dem Netz gelöscht werden.

#GegenHassimNetz: "Meinungsfreiheit ist keine Narrenfreiheit"

Staatssekretärin Muna Duzdar sieht keinen Handlungsbedarf bei der Gesetzgebung, Österreich habe genug rechtliche Mittel – leider würden diese in der Praxis nicht immer richtig verwendet, sagt sie. Probleme sieht sie vor allem in zwei Bereichen. Erstens in der Verunsicherung der Menschen, die nur mitlesen und durch konstruierte Parallelwelten verunsichert werden und deshalb weiter schweigen. Das zweite große Problem sieht sie in der systematischen Verbreitung von Falschmeldungen, besonders von rechtspopulistischen Gruppierungen. „Auch wenn Falschmeldungen aufgedeckt werden, ist der Schaden bereits angerichtet“, sagt Duzdar und wird von der Runde bestätigt. Einig sind die Diskussionsteilnehmer auch dabei, dass die Meinungsfreiheit nicht bedeutet, dass man beschimpfen und beleidigen kann. „Das Netz ist kein rechtsfreier Raum“, befindet Duzdar.

#GegenHassimNetz: "Meinungsfreiheit ist keine Narrenfreiheit"

Auch Frauenministerin Sabine Oberhauser hat genug Erfahrung mit Hass im Netz. Nach ihrer Krebsdiagnose habe sie fürchterliche Postings erhalten. Via Facebook hat ihr jemand geschrieben: „Es wäre besser, Sie würden sterben“. Todeswünsche sind leider keine Seltenheit im Netz, das zeigt ein Blick in die Foren der Medien. Für Oberhauser ist es ein Problem, dass man mit einem Mausklick ein Menschenleben irreversibel schädigen kann.

#GegenHassimNetz: "Meinungsfreiheit ist keine Narrenfreiheit"

Familienministerin Sophia Karmasin hat vor allem den Schutz der Kinder und Jugendlichen auf der Tagesordnung. „Kinder sind hilflos und oft mit der Situation überfordert“, befindet Karmasin, sie „bleiben mit der Angst alleine“. Deshalb ist es für sie auch höchste Zeit, etwas gegen den Hass zu unternehmen, denn „so wollen wir nicht miteinander leben“.

#GegenHassimNetz: "Meinungsfreiheit ist keine Narrenfreiheit"

Stefan Kaltenbrunner, kurier.at-Chefredakteur, erzählt auf dem Podium von den Problemen im Umgang mit den Hasspostern. „Früher haben wir die User gesperrt, das nutzt leider wenig“, deshalb werden nun alle strafrechtlich relevanten Postings angezeigt. Aber die Hassposter sind findig, manche haben „10 – 15 Handynummern“ und melden sich immer wieder an. Dennoch: „Wir wollen das Internet nicht zu einer Hassfabrik verkommen lassen und wir versuchen eine Gegenbewegung zu starten.“ Diese beginnt schon in der Schule, dort muss Medienkompetenz gefördert werden. Mit ein Grund, warum #GegenHassimNetz ab Herbst auch in die Schulen gehen wird.

#GegenHassimNetz: "Meinungsfreiheit ist keine Narrenfreiheit"

profil-Redakteurin Ingrid Brodnig gilt als Expertin im Bereich „Hass im Netz“. Die Journalistin und Autorin hat vor kurzem ein Buch dazu veröffentlicht und weiß, die Debatte im Netz ist verroht. Ein Problem dabei ist die verschriftliche Kommunikation, die „Unsichtbarkeit, die zu Enthemmung führt“. Zusätzlich funktioniert das Netz wie Echokammern. Das heißt, Menschen die ähnlich denken finden sich im Netz zusammen und pushen sich gegenseitig – auch was den Hass anbelangt. Darum kann „eine lautstarke, hasserfüllte Minderheit wie eine Mehrheit erscheinen“, erklärt Brodnig und schließt mit den Worten: „Meinungsfreiheit ist keine Narrenfreiheit“. Gleichzeitig das Schlusswort der Diskussion.

Es reicht! - #gegenhassimnetz

#GegenHassimNetz: "Meinungsfreiheit ist keine Narrenfreiheit"

Der KURIER geht jetzt gegen Hasspostings vor. Anlass war ein Artikel auf kurier.at: Weil sie Gratis-Schwimmkurse für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge anbietet,erntete die Kärntner Wasserrettung einen Shitstorm. Bei einem Einsatzfahrzeug wurde eine Scheibe eingeschlagen. Als der Artikel auf Facebook gestellt wurde, postete eine Userin darunter, die Flüchtlingskinder meinend: "Dann sollns halt ersaufen!!!!" Das Posting wurdezur Anzeige gebracht.

Schwerpunkt auf kurier.at und auf profil.at

Auf kurier.at gibt es derzeit einen Schwerpunkt zum Thema "Gegen Hass im Netz". Diskutieren Sie mit, erzählen Sie uns Ihre Erfahrungen und sagen Sie uns, wie Sie mit der Wut im Netz umgehen. Auch das Nachrichtenmagazin Profil widmet sich mit kurier.at gemeinsam dem Thema. Mehr dazu auf www.profil.at.

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