Garbage-Sängerin Shirley Manson: Ehrlich wie nie

Shirley Manson sah sich in Garbage lange Zeit als "Laie unter Profis".
Im KURIER-Interview erklärt die 49-Jährige, wie sie Unsicherheit zur Stärke machte.

"Ich habe immer selbstsicher gewirkt, war es aber nie. Auf die Bühne zu gehen, war für mich wie in den Kampf zu ziehen. All die positiven Attribute, die man mir als Frontfrau zuschrieb, dass ich witzig und clever war, gut kommunizieren konnte, nahm ich als meine Ritterrüstung. Aber geglaubt habe ich das nie."

Diese Unsicherheiten offenbart Sängerin Shirley Manson jetzt in den Songs des Garbage-Albums "Strange Little Birds". Was dem Sound der 1993 von Nirvana-Produzent Butch Vig gegründeten Band gut tut. Das Quartett schließt damit nämlich an Hits wie "Queer" und "Stupid Girl" an, mischt Alternative-Rock mit Electronica und raffinierter Sampling-Technik – ambitioniert, düster und mitreißend rockig.

"Meinen romantischen Film" nennt Manson die Platte – auch wenn wenig daran und verträumt klingt. Die 49-Jährige bezieht "romantisch" auf die Texte: "Ich wollte dabei alles offenbaren, was man sonst nur mit Menschen teilt, die man liebt", erklärt Manson im Interview mit dem KURIER. "All meine Fehler und Ängste, die Dinge, für die ich mich schäme, wenn ich andere verletzt oder im Stich gelassen habe. Denn die sozialen Medien drängen die Leute heutzutage dazu , ein gestyltes Erscheinungsbild von sich zu konstruieren, anstatt ihr konfuses, chaotisches Selbst zu zeigen. Das macht uns immer intoleranter gegenüber Fehlern und Schwächen – obwohl das reale Leben nun einmal chaotisch und konfus ist."

Stärke

Da wollte Manson etwas dagegenhalten. Weil die Schottin in Los Angeles lebt, "wo alle Autos fahren und in Häusern leben, die sie sich nicht leisten können, um Erfolg vorzutäuschen". Aber auch, weil sie in den letzten Jahren gelernt hat, diese Schwächen als Stärken zu sehen.

"Zuzugeben, dass ich verletzlich und leidenschaftlich bin, ist ein großer Schritt für mich. Als Kind habe ich viel geweint, wenn ich verletzte Tiere sah, jemandem Unrecht getan wurde, oder es später mit einem Boyfriend aus war. Obwohl ich in einem liebevollen Elternhaus aufgewachsen bin, hat man sich darüber ein bisschen lustig gemacht. So habe ich gelernt, dass man seine Gefühle nicht zeigen darf. Erst jetzt habe ich begriffen, dass in dieser Leidenschaft eine große Kraft liegt."

In der Band hat sich Manson aufgrund dieser Unsicherheiten lange als Außenseiterin gefühlt. "Weil die drei Jungs – und speziell Butch – in dem Business schon vor Garbage so viel erreicht hatten, hatte ich lange das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Ich hielt mich für den Laien unter Profis, für den weiblichen Aufputz, der auf einem Cover gut aussieht. Das lag aber ganz alleine an mir und hatte absolut nichts mit den Jungs zu tun. Die haben mich meine ganze Karriere lang nur ermutigt und gefördert."

Kennengelernt hatte Manson Drummer Vig, Tastenmann Duke Erikson und Gitarrist Steve Marker an einem Tag, den sie nie vergessen wird: "Wir trafen einander in einem Hotel in London und haben uns sofort super verstanden. Wir hatten den selben Humor, die selben Vorlieben in Bezug auf Musik und Kunst. Dann fuhr ich heim und hörte in den Nachrichten, dass Kurt Cobain tot war. Das war so bizarr! Butch hat mir so leid getan. Und trotzdem hat er zwei Tage später angerufen, um mich für Probeaufnahmen einzuladen und Garbage auf Schiene zu bringen."

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