Frequency 2016: Awesom-o ist betrübt

Es ist wieder Frequency-Zeit, Zeit also, munter die Popkulturen durcheinanderzuwürfeln. In der Sponsoren-Minidisco ist gute Stimmung, ganz ohne Pokémon-Jagd. Auf den großen Bühnen wiederum gibt’s ein Programm, das ein Streamingdienst-Zufallsgenerator nicht wilder zusammenmischen könnte. Die auf Ö3 für Österreich-Quote sorgenden Konsens-Popmusiker von Tagträumer spielen hier auf der selben Bühne wie die australischen Metalcore-Wüstlinge Parkway Drive, die übermäßig geradlinigen Lumineers auf der anderen Bühne, gleich wie die bei jeder musikalischen Gelegenheit abbiegenden Deichkind.

Der größte gemeinsame Nenner zwischen Reggae-Spross Damien Marley und der österreichischen Band der vergangenen Stunde, Bilderbuch, wiederum ist der Spliff.

Genau für das bessergelaunte Ertragen derartiger Referenzssystemsprünge gibt es Alkohol.

Konzertfotos vom ersten Tag

Er spielt und spielt und spielt

Aber aufpassen mit dem Literbecher, sonst versäumt man etwas. Wer erinnert sich etwa noch an diesen batteriebetriebenen Hasen aus dem Werbefernsehen, der läuft und läuft und läuft? Der nennt sich jetzt jedenfalls Jack Garratt und macht Musik, und zwar wie aufgezogen. Garratt steht, in buntem Leiberl und mit zielgruppengerechtem Vollbart, auf der Bühne. Anderes Personal braucht er nicht: Denn er haut, tritt, spielt mit hoher Drehzahl eine Vielzahl an Instrumenten, wie ein leicht verrückt gewordener Ein-Mann-Unterhalter auf der Einkaufsstraße Ihres Vertrauens. Garratt soliert, weil jetzt Zeit ist, an Drums, Stromgitarre oder Keyboard, singt, während er auf ein Drumpad eindrischt, macht also ein ganzes Orchester arbeitslos. Und spielt keine seichten Angeberstückerln, sondern hochemotionales Zeug, untermauert von einer abschnurrenden Elektronik-Basis. Das schaut wahnsinnig anstrengend aus, kommt leichtfüßig und tanzbar rüber, beeindruckt nachhaltig – ein frühes Highlight beim heurigen Frequency-Festival.

Awesom-o war dennoch betrübt: Der traurige Karton-Roboter zählte zu den Highlights an Publikumsverkleidungen. An diesen war am Auftakttag des Frequency Festivals kein Mangel, Ganzkörperhase und Ganzkörperesel und Ganzkörper-Bierdosen-Umwicklung und Pferdeköpfe und leiberlfreie Männerbäuche verteilten sich über das Gelände. A propos: Das ist lockerer gefüllt als in den vergangenen Jahren, die Konsummeile drängt sich ordentlich näher an die Hauptbühne, um die für das gemeinsame Hüpferlebnis notwendige Publikumsdichte zu forcieren.

Bilderbuch in Großbuchstaben

Highlights des ersten Abends sollten Bilderbuch und Deichkind werden. Und es war auch so. Bilderbuch sind groß, ein absolut würdiger Co-Headliner. Allein deshalb, weil der Gitarrist Netzleiberl und Männerdutt tragen kann und trotzdem gut aussieht. Sänger Maurice ist ein begeisternder Entertainer, die Band das nachhaltigste Ereignis des großen Österreich-Jahres 2015.

Deichkinds absurdes Kleinkunst-Hip-Hop-Theater auf großer Bühne ist ebenfalls immer wieder ein Ereignis: Bürostuhlrudern, herumfuhrwerkende Selbstzusammenbaumöbel, LED-Helme und die Gitarre ganz aus Handys, dazu Beats und Systemkritik - "Bückt euch hoch!" -: ein würdiger Stinkefinger in Richtung der Anzugträger-Echokammer.

Ja, es war ein Wetter, und die Fans sind lustig und besoffen und es gibt teures Essen.

Der zweite Festivaltag durfte zumindest vorab Sorgen machen: Zumindest der Papierform nach fehlt dem Line-up die nötige Strahlkraft. Am Samstag dann: die südafrikanische Proll-Satire-Hip-Hop-Combo Die Antwoord.

Der Spaß am Campingplatz und in der Traisen