"Figaro“-Kritik: Leckerlis und Rosen

Anna Prohaska (Susanna), Luca Pisaroni (Graf)
Abschied vom Mozart/Da Ponte-Zyklus in der Bechtolf-Regie.

Das war’s also: Die letzte Premiere (korrekt: eine Wiederaufnahme der Neuproduktion aus 2015) des Salzburger Mozart/Da-Ponte-Zyklus’ in der Regie von Sven-Eric Bechtolf. Zumindest an diesem Ort werden diese Aufführungen nach diesem Sommer nicht mehr zu sehen sein.

In ein Repertoire-Theater würden sie durchaus passen. Was die optischen Qualitäten und die Spieltauglichkeit betrifft. Allerdings auch bezüglich des musikalischen Niveaus. Das hört man bei der x-ten Aufführung anderswo nicht schlechter als nun bei den Festspielen.

Vielleicht ist das (abgesehen von der nebenan stattfindenden Domingo-Gala) auch der Grund, warum bei der ersten Vorstellung von "Le nozze di Figaro" zahlreiche Plätze leer blieben.

Was war gut zum Abschied einer insgesamt mediokren Aufführungsserie?

Pluspunkte

– Der Auftritt von Tristan im ersten Akt: Der süße Hund von Luca Pisaroni, dem Darsteller des Grafen, folgt dank Leckerlis brav aufs Wort.

– Der Auftritt von Pisaroni selbst: Der Bariton ist als Darsteller und sängerischer Gestalter erstklassig. Er strahlt Eleganz aus, dazu in dieser Rolle die nötige Naivität, um von einer Szene in die andere zu stolpern. Er phrasiert schön, verfügt über ein nobles Timbre und ist stimmlich in allen Lagen präsent.

– Die Rosenarie der Anna Prohaska als Susanna: Die hier leider nur selten zu erlebende Sängerin musste sich mit ihrem feinen Sopran anfangs noch an die akustischen Schwierigkeiten des Hauses für Mozart gewöhnen, sang dann aber besonders schön. Man streue ihr doch auch in Österreich öfter Rosen.

– Viele Szenen von Anett Fritsch als Gräfin. Sie ist als unglücklich Liebende berührend (sehr gut die "Dove sono"-Arie), sang vieles jedoch mit allzu starkem Vibrato.

– Die humoristische Nummer von Ann Murray als Marzelline.

– Die Bühne von Alex Eales, die wie ein Puppenhaus aussieht und eine Tür-auf-Tür-zu-Komödie ermöglicht.

Die Inszenierung von Bechtolf ist professionell, temporeich, allerdings ohne neue Ansätze oder tiefgründige Analysen. Wie wir es auch von "Così fan tutte" und "Don Giovanni" kennen. Welche dieser Aufführungen diesbezüglich die Beste ist? Man kann würfeln.

Das größte Minus

Dirigentisch ist "Figaro" jedenfalls weit unter "Don Giovanni" mit Alain Altinoglu anzusiedeln. Diesfalls steht – wie schon bei der Premiere – Dan Ettinger am Pult der Wiener Philharmoniker. Seine Tempi wirken willkürlich, es gibt keine erkennbare dramaturgische Logik, keine ausgefeilte Klangkultur, weder im großen Ganzen, noch in den Details ist diese Umsetzung (um das Wort Interpretation zu vermeiden) überzeugend. Das hat man in Salzburg (und übrigens auch im Repertoire) schon viel, viel, viel besser gehört.

Adam Plachetka als Figaro ist solide, sehr sympathisch in dieser Produktion, seine Stimme ist für diese Partie eigentlich zu hell timbriert, in den tiefen Passagen hat sie zu wenig Kraft. Christina Gansch gibt eine süße Barberina. Margarita Gritskova als Cherubino, Carlos Chausson als Bartolo, Paul Schweinester als Basilio, Franz Supper als Don Curzio und Erik Anstine als Antonio werden nicht in die Festspielgeschichte eingehen.

Insgesamt ist es mit diesem Zyklus weder gelungen, eine Art von Mozart-Ensemble zu formieren, noch musikalisch oder szenisch Wesentliches zur Mozart-Interpretation beizutragen. Das können mittlerweile andere Festivals besser.

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