Festspiel-Präsidentin hat jeden Tag „eine zitternde Freud’“

Helga Rabl-Stadler kritisiert Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder: „Ich war ehrlich geschockt über die Aussagen“
Helga Rabl-Stadler über die Salzburger Festspiele in Zeiten von Corona – und die Entsolidarisierung in der Kulturszene.

Sie steht da wie eine Feldherrin, applaudiert begeistert – und dirigiert im nächsten Moment die Helferlein. Damit alle beim Verlassen des Festspielhauses die Maske tragen. Helga Rabl-Stadler ist längst mehr als die „Außenministerin“ des Salzburger Renommier-Festivals: Sie ist die Bezwingerin der Krise und die Managerin des Ermöglichens.

KURIER: Ich nehme an, die Hoteliers und Gastronomen liegen Ihnen zu Füßen, auch wenn die Auslastung bei nur 50 Prozent liegt. Oder gibt es auch kritische Stimmen?

Helga Rabl-Stadler: Nein, wir erhalten eigentlich nur euphorische Dankbarkeitskundgebungen. Früher hat man die Festspiele als eine Selbstverständlichkeit angesehen – und daher an ihnen herumgenörgelt. Dass sie nun fast ausgefallen wären, hat zu einem Umdenken geführt. Und ja: Markus Hinterhäuser, den Intendanten, und mich freut es, dass wir dazu beitragen konnten, diese Geisterstadt wieder zum Leben zu bringen. Das war ja schon ein Gründungsauftrag. Denn Max Reinhardt hat drei programmatische Forderungen gestellt: Festspiele als Friedenswerk, Festspiele als Leuchtturm deutscher Kultur – und Festspiele als Wohlstandsbringer im verarmten Salzburg.

Wie geht es Ihnen persönlich? Wachen Sie jeden Tag mit dem mulmigen Gefühl auf, dass sich ein Cluster gebildet haben könnte?

Meine Grundstimmung ist positiv. Eben weil uns so viel gelungen ist und jeden Tag gelingt. Aber der Wiener würde das „eine zitternde Freud’“ nennen. Natürlich geht mir andauernd durch den Kopf: Hoffentlich sind alle gesund! Denn wir wollen den Beweis erbringen, dass man unter dem Vorrang der Gesundheit künstlerisch Sinnvolles und wirtschaftlich Vertretbares machen kann.

Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder schlug im KURIER-Interview vor, auf das Theater zu verzichten, bis es eine Impfung gibt. Das Grundrecht auf Gesundheit sei höher zu bewerten.

Ich wehre mich gegen den Vorwurf, dass wir das Grundrecht auf Gesundheit gefährden. Wir tragen Masken, wir halten Abstand. Wenn man, wie Schröder, derart rigide Forderungen erhebt, dann dürfte man weder fliegen, noch mit dem Zug fahren. Ich war ehrlich geschockt über die Aussagen. Denn ich lese eine Entsolidarisierung unter den verschiedenen Künsten heraus. Ins Konzert darf ich nicht gehen, ins Museum aber schon? Ich bin der festen Überzeugung, dass Kunst systemrelevant ist. Das gilt für die Oper und das Theater genauso wie für das Museum.

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