ORF

Ex-Programmdirektor teilt gegen Wrabetz aus

„Weitermachen wie bisher hielte ich für fatal“, meint Wolfgang Lorenz
Ex-Programmdirektor Wolfgang Lorenz pocht auf Neuaufstellung und hofft auf Grasl.

Der frühere ORF-Programmdirektor Wolfgang Lorenz fordert eine Neuaufstellung des ORF, einen Wechsel an der Spitze und mehr Mut in den Informationssendungen. "Das Haus muss sich strukturell und gezielt auf das Programm und seine Herstellung konzentrieren. Das Einzige, was den ORF zur Existenz berechtigt, ist das Programm", so Lorenz zur Kleinen Zeitung.

"Vor dem ORF muss sich heute keiner mehr fürchten", so der ehemalige Programmmacher. "Die Sparte Information – die einmal ein Kilimandscharo des ORF war – im Vergleich zu dem, was ZDF, ARD, Arte bieten, macht heute Puppentheater: Vorhang auf für Kasperl und Hexe."

Die Ursachen dafür sieht der langjährige ORF-Manager in der Führungsetage. "Wenn sich der Chefredakteur die Belange der Information mit dem Generaldirektor ausmacht, weil die Fernsehdirektorin dafür nicht aufgestellt ist, dann muss das in Zukunft geändert werden."

Nachlässigkeit

Die von den ORF-Journalisten postulierte hohe Unabhängigkeit der Information hält Lorenz für eine Folge von Nachlässigkeit: "Die scheinbare Unabhängigkeit der Journalisten ist eigentlich nur aus purer Schlamperei entstanden, weil sich niemand um die Information kümmert. Das ist kein Qualitätsmerkmal. Es ist keine Freiheit, sich aus Unlust nicht anzukleckern. Freiheit entsteht im Kampf, nicht im Liegestuhl. Wird ein Medium nicht strikt geführt, verschlampt es."

Geld werde dafür in ein Frühstücksfernsehen gesteckt. "Das ist scheißteuer, und dafür schrumst jetzt ein Marketenderfernsehen durch die Gegend."

Die Politik sieht Lorenz via Stiftungsrat "so tief im ORF drin wie seit Jahrzehnten nicht". Der Einfluss der Landeshauptleute und Betriebsräte sei im Unternehmen heute viel zu groß.

Wegen all dieser Dinge sei er für einen Führungswechsel im ORF. Lorenz: "Nach zehn Jahren Alexander Wrabetz bedarf es einer Neuaufstellung. Die traue ich dem Richard Grasl zu. Und zwar dann, wenn er umsetzt, was er angekündigt hat: vier Direktoren als Programmdirektoren für TV-Information, TV-Programm, Radio und Digital zu installieren. Das hat es überhaupt noch nie gegeben, das wäre unglaublich mutig. Weiterzumachen wie bisher, hielte ich für fatal."

Kommentare