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Direktoren-Wahl: "Radio-Chef ist kein Zweitjob"

Direktoren-Wahl: "Radio-Chef ist kein Zweitjob"
Radio-Betriebsrätin und Stiftungsrätin Stindl erwartet von Wrabetz einen Vollzeit-Direktor fürs Radio.

Am 15. September geht im ORF die Kür der Fach- und Landesdirektoren über die Bühne. Der alte und neue ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz wird seine Favoriten vorschlagen, über die der Stiftungsrat jeweils einzeln abstimmen wird. Wrabetz wird davor aber noch einige Überzeugungsarbeit leisten müssen, was seine Führungsstruktur betrifft. Etwa bei Radio-Betriebsrätin und unabhängigen Stiftungsrätin Gudrun Stindl.

KURIER: Betriebsräte im Stiftungsrat stimmen stets für den Sieger der Generaldirektoren-Wahl. Sie haben als Unabhängige das nicht gemacht, sondern sich der Stimme enthalten. Warum? Und gab es auch auf Sie Druck, wie das etwa von Franz Küberl kritisiert wurde?

Gudrun Stindl: Natürlich versucht jeder der Kandidaten, Stimmung für sich zu machen und aus diesem Aspekt heraus gab es auch Druck auf mich, aber diese Wahl ist vorbei. Jetzt gilt es mitzugestalten und einen intensiven inhaltlichen Austausch mit der Geschäftsführung zu suchen für eine positive Entwicklung des Radios und für uns Mitarbeiter. Zu meiner Stimmenthaltung: Ich habe mich eingehend mit den Konzepten der Bewerber auseinandergesetzt und mich hat keines restlos überzeugt. Deshalb gab es keine Zustimmung von mir. Wenn etwas nicht überzeugt, muss man das auch öffentlich machen, finde ich.

Ihr wesentlichster Kritikpunkt am Konzept des wiedergewählten Generaldirektors?

Mir ist wichtig, dass es erneut einen eigenständigen Radio-Direktor oder eine Radio-Direktorin gibt, wie das auch für das Fernsehen vorgesehen und richtig ist. Denn Radio und Fernsehen sind gleich wichtig für den ORF.

Den Führungsjob soll ja einer der Channel-Manager nebenbei machen.

Aus meiner Sicht ist es so gut we unmöglich, dass die Funktion des Radio-Chefs/Chefin in den nächsten Jahren von einem der Channel-Manager nebenbei erledigt wird. Dazu ist deren Aufgabe, die sie bei Ö3 oder FM4 sehr gut machen und bei Ö1 machen werden, inhaltlich wie zeitlich zu fordernd. Dass dieser Radio-DirektorIn laut Wrabetz-Konzept zudem nur mehr vorübergehend tätig sein soll, ist aus jetziger Sicht nicht vorstellbar. Denn auf die ORF-Radios kommen mehr Herausforderungen zu denn je. Da braucht es jemanden, der sich diesen innerbetrieblichen, wie strategischen Aufgaben aus einer neutralen, vor allem aber übergeordneten Position heraus vollinhaltlich widmet. Ein ORF-Radio-Direktor ist kein Zweitjob und schon gar nicht zeitlich begrenzt. Wenn ich auch grundsätzlich die Idee der Channel-Manager für nachvollziehbar und zukunftsweisend halte, so ist meine Botschaft bei der GD-Wahl eine ganz klare gewesen – es braucht jetzt jemanden der als sender-unabhängiger die Radio-Flotte in eine gute Zukunft führt.

Welche Probleme sind zu meistern?

Da ist zunächst der Change-Prozess für uns, die Mitarbeiter, die vom Funkhaus (Ö1,FM4) und von Heiligenstadt (ö3) in das ORF-Zentrum um- und zusammenziehen sollen. Es kommen hier Mitarbeiter mit völlig unterschiedlichen Arbeitskulturen – selbst innerhalb des Radios - zusammen. Ich war und bin als Mitarbeiterin in unterschiedlichen Bereichen des ORF wie in einem Landesstudio, bei Ö3 und jetzt bei Ö1 tätig und weiß daher, wie verschieden gedacht wird. Mit der durchgängigen Einführung der Channels inklusive Ö1, die meiner Meinung nach ein langfristiger Prozess ist, stellt sich auch die Frage, was mit den Hauptabteilungen (also Information, Kultur, Religion, Wissenschaft) passiert: Wie wird beispielsweise die Radio-Information auf die Sender aufgeteilt, passiert das überhaupt, kommt am Ende tatsächlich eine Groß-Informationsabteilung über alle ORF-Medien hinweg? Klare Antworten darauf konnte ich im augenblicklichen Konzept nicht erkennen.

Welche Aufgaben sehen Sie noch, die Ihrer Meinung nach einen Radio-Direktor rechtfertigt?

Der nächste Radio-Direktor bzw. Radio Direktorin sollte im Team-Work mit den Channel-Managern eine neue Strategie für die ORF-Radio-Flotte (in Koordination mit den Radio-Sendern der Landesstudios) erarbeiten und eine zukunftsfähige, aufeinander abgestimmte Positionierung finden. Wenn nicht hat das inhaltliche wie wirtschaftliche Konsequenzen.

Weiters kommen auf uns Fragen wie die Digitalisierung zu, etwa wie verknüpft man Radio, Teletext und online noch besser, wie schaut die Radio-Nutzung in zehn Jahren aus, welches (On-Demand-)Angebot braucht es, weil lineares Radiohören abnimmt, was wird vorherrschende Empfangstechnologie, ist es Streaming, löst DAB+ tatsächlich UKW ab. Wie schaffen wir bei der Medienpolitik ein besseres Verständnis für die Notwendigkeiten des öffentlich rechtlichen Radios zu vermitteln und vieles mehr - das und noch mehr kann niemand so nebenbei erledigen. Fazit – Radio-DirektorIn ist ein Vollzeitjob – genauso, wie die Führung von Ö1, FM4 oder Ö3 ein Vollzeitjob ist.

Wer soll diese Führungsfunktion des Radio-Chefs übernehmen?

Mir ist zunächst einmal eine Entscheidung abseits von politischen Interessen und für die Mitarbeiter wichtig. Dementsprechend sollte es eine Person sein, der man diese Funktion zutraut, die das Radio kennt und inhaltlich firm ist. Es braucht jemanden, dem es ein Anliegen ist die Stellung des Radios in einer trimedialen Zukunft zu sichern.

Eine letzte Frage betrifft noch die vieldiskutierte Gebührenerhöhung, über die die Betriebsräte im Stiftungsrat nicht abstimmen dürfen: Wenn es wirtschaftlich eng wird, neigt Generaldirektor Wrabetz dazu, das Radio Symphonie Orchester quasi auf die Geiselliste zu setzen. Rechnen Sie damit?

Ich hoffe das nicht und es gibt auch keine Anzeichen dafür. Meines Wissens schätzt Generaldirektor Wrabetz das RSO und sieht es wie ich als wesentlichen Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF.

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