Die Abenteuer des guten Soldaten Švejk sind kein Komödienstadel mehr

Fritz Muliar als Soldat Švejk
Mit der neuen Übersetzung des tschechischen Klassikers endet das Böhmakeln.

"Wenns auch war, wies halt war, irgendwie wars. Denn noch nie wars, dass es nicht irgendwie war", hat der brave Soldat Schwejk früher immer gesagt.

Aber es ist nun alles ein wenig anders: Der Schwejk heißt jetzt Švejk, man spricht den Namen allerdings nach wie vor "Schwejk" aus, weil š ein stimmloses "sch" ist wie im Wort Schwede.

Im Buch wird nicht mehr geböhmakelt. Das hat wie ein K.-u.-k.-Komödienstadel gewirkt.

"Grauenhaft" seien die Filme mit Heinz Rühmann, Fritz Muliar und Peter Alexander, sagt der neue Übersetzer Antonin Brousek (geboren in Prag, Richter in Berlin).

Der Švejk sei ja kein böhmischer Depp. Nicht nur zumindest. Der Krieg ist das Depperte. Das Militär. Die Obrigkeit. Švejk deckt es auf, indem er seine Pflicht erfüllt. Oder Karten spielt. So grausam das Leben ist: Es war ein Fehler, dass er den König früh ausgespielt hat ...

Halb verreckt

Im Original redete er Tschechisch, "normales" Tschechisch.

Niemals hätte er gesagt (wie es in der fünf Jahrzehnte gültig gewesenen deutschen Fassung lautete):

"Ich hab Ihnen ein Krepierl verkauft."

Wenn schon, dann hätt’ er einen "halb verreckten Hund" verkauft (so ist es jetzt zu lesen) … Švejk war ja, bevor er einrückte, Hundehändler gewesen, arbeitsscheu und betrügerisch.

Mit der neuen Übersetzung, die dieser Tage auch als Taschenbuch im Reclam Verlag erscheint, steht der Klassiker jetzt wirklich neben Cervantes’ Don Quijote.

Anfang der 1920er-Jahre, als Jaroslav Hašek ihn schrieb, war die Literaturkritik vernichtend: "Niveaulos", hieß es damals, "ordinär".

In billigen Heften erschienen die Abenteuer des Soldaten zunächst. Im Nachwort erinnert der tschechische Dramatiker Jaroslav Rudiš daran – und an Autor Hašek, der Literatur für blödsinnig hielt: Er schrieb, um irgendwie an Geld zu kommen.

Und er las lieber die neuesten Nachrichten für Geflügelzüchter.

Er schrieb auch für eine wissenschaftliche Tier-Zeitschrift – und erfand zum Ärger des Chefredakteurs ein Riesenangorakaninchen am Südpol.

"Ein unambitioniertes Genie", sagt Jaroslav Rudiš über ihn.

Immer lustig, immer für eine Schlägerei gut oder ein Liedchen. 17 Liter Bier brauchte der Kettenraucher, der zusehends dicker wurde und verwahrloste, pro Tag. Wohnung hatte er keine, aber zwei Ehefrauen. Im Krieg ließ er sich unverzüglich von den Russen gefangen nehmen.

Jaroslav Hašek war ja selbst so ein Švejk – allerdings mit Innenleben. Dort sah’s traurig aus. Er starb 1923, nur 39 Jahre alt.

Jaroslav Hašek: "Die Abenteuer des guten Soldaten Švejk im Weltkrieg". Übersetzt und herausgegeben von Antonín Brousek. Reclam. 1008 Seiten. 30,80 Euro. Die Taschenbuch-Ausgabe um rund 19 Euro erscheint Mitte Februar.

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