"Deutschland sucht den Superstar" für Streber: Wettlesen in Klagenfurt

Trash-Poetin Stefanie Sargnagel tritt beim Wettlesen an: "Das lasse ich mir schon nicht entgehen, wenn ich da 25.000 Euro gewinnen kann."

"Das dreißigste Jahr", wie ein großartiger Erzählband von Ingeborg Bachmann heißt, hat Stefanie Sargnagel gerade hinter sich. Und vor einem Jahr meinte die Autorin, dass die "Tage der deutschsprachigen Literatur" in Klagenfurt, also das Wettlesen um den Bachmann-Preis, "wie ,Deutschland sucht den Superstar‘ für Streber" sei. Doch dann wurde das pointiert formulierende Rotkäppchen, geborene Sprengnagel, von zwei Juroren gefragt, ob es nicht teilnehmen wolle. Die Trash-Poetin wollte. Denn: "Das lasse ich mir schon nicht entgehen, wenn ich da 25.000 Euro gewinnen kann."

Mit dem Schreiben eines längeren Textes habe sie Mühe gehabt, ließ die Meisterin der Miniatur wissen. Der Anfang sei "extrem schlecht", aber "der Rest ist voll in Ordnung." Wie die "Kultautorin", die an der Akademie der bildenden Künste in Wien studiert, ihre Rolle in die Hochkultur sieht? "Solange ich gewisse Freiheiten hab, ist es mir egal, wie ich wahrgenommen werde. Ich hab auch ein paar Rap-Elemente drinnen und es macht mehr Spaß, bei so einem ernsten Event so was vorzulesen."

Das seit 1976 stattfindende Wettlesen beginnt heuer am 29. Juni um 20.30 Uhr: Burkhard Spinnen, von 2008 bis 2014 Juryvorsitzender, hält eine "Klagenfurter Rede zur Literatur", danach wird unter den 14 Teilnehmern die Startreihenfolge gelost. Die Lesungen finden von 30. Juni bis 2. Juli jeweils ab 10 Uhr im ORF-Theater statt, der gesamte Bewerb wird von 3sat live übertragen. Neben dem Bachmann-Preis werden der Kelag-Preis (10.000 Euro) und der 3sat-Preis (7500 Euro) vergeben. Die Zuhörer entscheiden über den BKS-Bank-Publikumspreis (7000 Euro). Die Verleihung findet am 3. Juli um 11 Uhr statt.

Acht Nationen

Das "Teilnehmerfeld" ist so breit gestreut wie noch nie. Aus Israel stammt Tomer Gardi; Sharon Dodua Otoo wurde in London geboren und lebt in Berlin, der Kölner Selim Özdogan wird als Türke geführt. Die Französin Sylvie Schenk, Jahrgang 1944, ist die mit Abstand älteste Teilnehmerin. Aus Deutschland kommen Ada Dorian, Isabelle Lehn, Sascha Macht, Jan Snela, Astrid Sozio und Julia Wolf. Dieter Zwicky ist der einzige Schweizer im Bewerb, er tritt nach 2007 zum zweiten Mal an. Und alle heimischen Hoffnungen ruhen auf Sargnagel; Österreich-Bezüge haben aber auch Marko Dinic, ein in Salzburg lebender Wiener mit serbischem Pass, und Bastian Schneider, der sich mittlerweile "mehr als Wiener denn als deutscher Autor" fühlt.

Das Rahmenprogramm für das 40. Wettlesen ist reichhaltig: Im Robert-Musil-Literatur-Museum ist bis 25. November die Ausstellung "Heinz Bachmann: Ingeborg – Wie ich Rom sah" zu sehen. Gezeigt werden erstmals Teile einer Foto-Serie, die Bachmann 1962 in Rom von seiner Schwester gemacht hat.

Am 1. Juli, 19.30 Uhr, redet Kathrin Röggla im Musil-Haus über ihren Zugang zu Bachmann. Am gleichen Tag wird in der Theaterhalle 11 ein "szenisches Doppelporträt" von Maxi Blaha uraufgeführt: "Es gibt mich nur im Spiegelbild" verschränkt zu Ehren des 90. Geburtstags von Ingeborg Bachmann – er war am 25. Juni – und des 70. Geburtstags von Elfriede Jelinek (am 20. Oktober) Texte der beiden Autorinnen. Die Collage, die von Martina Gredler in Szene gesetzt und vom Musiker Simon Raab begleitet wird, ist am 25. 9. auch im Theatermuseum in Wien zu sehen.

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