"Der ,Tatort‘ ist ein eigener Kosmos"

Aus der Feier wird nichts: Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser werden zu einem Arbeitsunfall gerufen
Robert Dornhelm inszeniert den letzten neuen Austro-"Tatort" des Jahres, "Gier" (20.15, ORF2).

In einer Chemiefabrik stirbt die junge Laborantin Roswitha (Emily Cox) nach einem Arbeitsunfall mit Flusssäure. Da die Verunglückte das Patenkind vom Sektionschef (Hubert Kramar) ist, ermitteln Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser). Schnell wird klar, dass ein mangelhaft verarbeiteter Schutzanzug Schuld ist.

Verantwortlich dafür: die skrupellose Unternehmerin Sabrina Wendler (Maria Köstlinger), der das aber herzlich egal ist. "Meine Roswitha hat sterben müssen, weil Leute wie ihr, die eh schon genug haben, nicht genug bekommen können", beklagt der Mann des Opfers und bringt damit das Thema auf den Punkt. Denn es geht um "Gier", so auch der Titel des neuen österreichischen "Tatort".

"Das ist ein sehr zeitgemäßes Thema. Es geht um ein moralisches Dilemma, nämlich um die Gleichgültigkeit den anderen gegenüber, um den eigenen Reichtum zu vergrößern. Das trifft ja auch im Prinzip auf die gesamte Weltwirtschaft zu", meint Regisseur Robert Dornhelm, der beim Dreh Graham Greenes in Wien spielenden Klassiker "Der dritte Mann" im Kopf gehabt hat.

Veränderungen

Der Hollywood-Österreicher hat mit "Gier" seinen ersten Austro-"Tatort" vorgelegt – der auch sein letzter bleiben soll. "Ich verändere mich gern und erweitere gern meinen Horizont. Je mehr ich mich in den verschiedenen Bereichen meiner Branche bewegen kann, desto glücklicher bin ich."

Im Krimi-Genre hatte sich Dornhelm zuvor nur mit zwei Arbeiten bewegt. Den österreichischen "Tatort" kannte er auch nicht. Erst, als klar war, dass er einen machen würde, schaute er eine Folge an. "Der ,Tatort‘ ist ein eigener kleiner Kosmos", stellt er fest. "Ich war überrascht über die vielen Inside-Jokes, die für Fans lustig sind. Ich kannte das nicht und habe das als Kuriosum gesehen." Er habe schließlich sogar den ORF gefragt, ob er der Richtige für diese Arbeit sei. Die Unsicherheit, spürt man im Gespräch, ist ein wenig geblieben. "Das Letzte, was ich wollte, war, einen ,Tatort‘ zu machen, der irgendwie danebengeht."

Beinahe wäre es gar nicht zum Dreh gekommen. Es gab verschiedene Probleme rund ums Drehbuch. Dornhelm: "Gewisse Dinge waren vom Realismus her schwer nachvollziehbar. Wir konnten aber den Dreh um eine Woche verschieben und Verena Kurth und ich haben das Buch logischer und auch filmischer gemacht." Trotzdem, mit dem Team oder den beiden Hauptdarstellern würde er gern wieder arbeiten. "Das wäre ein Luxus. Es war äußerst professionell und liebenswürdig. Und manchmal sagt man ja, dass Schwierigkeiten beim Dreh einen besseren Film machen."

"Gier" ist die letzte Austro-"Tatort"-Premiere des Jahres 2015. Dornhelm wechselt nun für einige Wochen das Metier und inszeniert zum bereits dritten Mal im Römersteinbruch im burgenländischen Margarethen. Diesmal steht Puccinis "Tosca" mit dem Orchester der Staatsoper Prag und dem Philharmonia Chor Wien auf dem Programm (ab 8. Juli).

INFO: Am 9. 6. ist Robert Dornhelm im "KulturWerk" zu Gast (20.15, ORFIII)

Der am Sonntag, 7.6., ausgestrahlte Österreich-„Tatort“ ist der insgesamt 950. in der Reihe. Die 1000. Folge wird voraussichtlich im Herbst 2016 im TV gezeigt – Details sind noch nicht bekannt.

Österreich
Alles begann 1970 mit „Taxi nach Leipzig“, Walter Richter spielte darin den Hamburger Kommissar Paul Trimmel. 1971 war mit Fritz Eckhardt erstmals ein österreichischer Ermittler im Einsatz.

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