De La Soul: Ratten, Feuer und keine Angst

De La Soul: David „Trugoy“ Jolicoeur, Vincent „Maseo“ Mason, Kelvin Mercer (v. li.)
Das Hip-Hop-Trio startet mithilfe der Fans ein Comeback.

Zwölf Jahre lang mussten die Fans von De La Soul auf ein neues Album warten. Ab heute ist "and the Anonymous Nobody" in den Läden. Im KURIER-Interview spricht Kelvin "Posdnous" Mercer über die sensationelle Kickstarter-Kampagne, die ihnen das Comeback ermöglichte, über seine Jugend, David Byrne und Axl Rose.

KURIER: Sie wollten auf der Crowdfunding-Site Kickstarter 110.000 Dollar generieren, um das Album zu finanzieren. Sie bekamen fast das Sechsfache. Warum waren Sie so erfolgreich?

Kelvin Mercer: Weil wir extrem treue Fans haben, die es schätzen, dass wir in unserer Entwicklung nie stehen geblieben sind und immer wieder musikalisch neues Terrain erforschen. Sie haben Freude an unseren Experimenten und sind mit so einer offenen Gesinnung auch selbst an neuer Technologie interessiert.

De La Soul: Ratten, Feuer und keine Angst
Rapper Posdnus, whose real name is Kelvin Mercer, performs as part of De La Soul at the Governors Ball Music Festival, June 4, 2016 in New York. / AFP PHOTO / Bryan R. Smith

Das Album vereint experimentell und innovativ vielerlei Einflüsse aus Funk, Blues, Jazz ...

Danke! Das kommt daher, dass wir die Basis dafür mit der Band , die uns auf Tour begleitet, in vielen langen Jam-Sessions aufgenommen haben. Jeder dieser Musiker sollte sich kreativ einbringen und austoben können.

Ihr größter Einfluss war, dass Sie mit Ihrem Debüt 1989 Humor und Sketche in den Hip-Hop brachten, der bis dahin ein Vehikel für soziale Frustration gewesen war. War es Ihr Ziel, diese Strukturen zu brechen?

Unser Ziel war, wir selbst zu sein und zu erlauben, dass sich alle Facetten unserer Persönlichkeiten in der Musik spiegelt. Die Sketche entstanden, als wir in Maseos Haus saßen, eigentlich an Reimen arbeiten sollten, aber stattdessen herumgeblödelt haben. Weil das lustig anzuhören war, haben wir es auf das erste Album genommen.

Sie sind im sozialen Brennpunkt der Bronx aufgewachsen. Hatten Sie trotzdem ein geringeres Bedürfnis, den Ärger darüber auszudrücken?

Als Kind denkst du, dass alle Leute Ratten und Kakerlaken in der Wohnung haben – weil es bei dir und den Nachbarn so ist. Unser Vermieter engagierte wegen der Versicherung immer wieder Gangs, die unser Haus abbrennen sollten. So oft, dass ich keine Angst vor Feuer hatte. In den Ferien habe ich auf den Feldern meines Großvaters gearbeitet, um das Geld für die Schulkleidung für das nächste Jahr zu verdienen. Später habe ich natürlich gelernt, dass das nicht überall so sein muss, denn meine Eltern haben uns immer gezeigt, was sonstwo in New York vorgeht, uns auf Trips in die Museen und nach Midtown mitgenommen. Es also gab schon genug Anlass für Wut. Aber wir in De La Soul haben alle drei gerne Spaß und liebten neben Run DMC auch Komödianten. Und wir sind so gute Freunde, dass wir keine Scheu hatten, einander auch diese Seite zu zeigen – anstatt nur die, die dem Image der anderen Hip-Hopper gleich waren.

Einer der Gäste auf "and the Anonymous Nobody" ist David Byrne von den Talking Heads – eines Ihrer Idole. War er schwer zu bekommen?

Wir hatten diesen Jam-Session-Track, der nach Talking Heads klang, und dachten, wir probieren, ihn zu kriegen – ohne zu glauben, dass es klappt. Aber er hat innerhalb von zwei Tagen geantwortet und gesagt: "Ich bin liebend gerne dabei." Schwierig war, einen Gast für das rockige "Lord Intended" zu finden. Wir wollten Axl Rose haben, aber der hat nicht geantwortet. Lenny Kravitz lehnte ab, weil er auf Tour war. Jack Black hat probiert, das zu singen, war aber mit dem Resultat nicht zufrieden. Aber das war gut so. Denn jetzt haben wir Justin Hawkins von The Darkness. Und der ist perfekt.

Sie haben bei der Kickstarter-Kampagne für 2000 Dollar einen Tag mit Fans angeboten ...

Und der war ein Riesenspaß. Jeder von uns drei hatte so einen Tag. Meine Gäste kamen aus Australien! Ich war echt schockiert: Die haben sich zusätzlich auch noch den langen Flug bezahlt. Deshalb habe ich sichergestellt, dass in allen Shops – wir waren Sneakers kaufen – Geschenke und Goodies für sie bereit waren. Nach der ersten halben Stunde war das Eis gebrochen und es war ein echte Bereicherung für mich.

ZUR BAND

De La Soul wurde 1988 von Kelvin „Posdnous“ Mercer (47), David „Trugoy“ Jolicoeur (47) und Vincent „Maseo“ Mason (46) gegründet. Das Trio schaffte mit dem Debüt „3 Feet High And Rising“ 1989 den Durchbruch. Mit Bands wie A Tribe Called Quest begründeten sie eine Bewegung, die anstelle von Gangsta-Raps eine – oft auch humorvolle – Auseinandersetzung mit sozialen Themen setzte. Damals ebenfalls neu: De La Soul verwendeten Samples aus Jazz, Rock und sogar Country.

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