Belvedere? Schöne Aussichten!

Die Vorwürfe, die gegen Agnes Husslein-Arco erhoben werden, seien "geradezu lächerlich" - so der Anwalt Ernst Ploil
Wurde gegen die Compliance-Regeln verstoßen? Die Kontrahenten rüsten mit Gutachten und Gegengutachten auf; am Mittwoch dürfte Drozda die Entscheidung über die Zukunft von Agnes Husslein-Arco fällen.

Aufgrund von Malversationen, im Frühjahr 2014 öffentlich geworden, entstand im Burgtheater ein Schaden in der Höhe von gut 20 Millionen Euro; in der Schlammschlacht rund um angebliche Verstöße der Belvedere-Direktorin Agnes Husslein- Arco gegen die Compliance-Richtlinien hingegen geht es – nach den bisher vorliegenden Fakten – um 4500 Euro im letzten Jahr. Hochgerechnet auf die letzten drei Jahre ergäbe das einen Schaden von 13.000 Euro, auf die letzten sieben Jahre einen Schaden von etwa 30.000 Euro. Mithin äußerst geringe Beträge; zudem versprach Husslein, diese zurückzuzahlen.

Die zerstörerischen Mechanismen aber sind die gleichen wie in der Causa Burgtheater: Alle Beteiligten rüsten auf, sie holen Gutachten und Gegengutachten ein.

Tatbestand Untreue?

Auf der einen Seite agiert die bisher untadelige Prokuristin Ulrike Gruber-Mikulcik. Sie hatte sich für die kaufmännische Leitung beworben. Doch Thomas Drozda, der neue Kulturminister, wollte Stefan Charles, derzeit am Kunstmuseum Basel tätig, bestellen. Dies sprach sich herum, wenig später erhielt das Kuratorium eine Excel-Datei mit angeblichen Verstößen des Personals und vor allem der Direktorin.

Die daraufhin von Hans Wehsely, dem Vorsitzenden des Kuratoriums, freihändig in Auftrag gegebene Sonderprüfung durch BDO brachte allerdings nicht das von Gruber-Mikulcik erhoffte Ergebnis: Das Kontrollorgan empfahl nach der Präsentation der Ergebnisse einstimmig, dass Husslein zumindest bis Ende des Jahres im Amt bleiben soll (so lange läuft deren Vertrag) – und Gruber-Mikulcik wurde karenziert.

Die Prokuristin wandte sich daraufhin an den Rechtsanwalt Georg Schima, der in der Burgtheater-Causa den gefeuerten Direktor Matthias Hartmann vertreten hatte. Und Schima brachte bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Verdachts der Untreue gegen Husslein ein. Schima meint laut Standard, dass "grob pflichtwidriges Verhalten nachweisbar und der Tatbestand der Untreue gegeben" sei. Es gehe um mehr als um die kolportierten Summen, hinzu kämen die "Kosten für die Compliance-Prüfung als kausal entstandener Schaden".

Diese sind beträchtlich: BDO, von Wehsely ohne vorherige Ausschreibung beauftragt, soll rund 130.000 Euro verrechnet haben! Wolfgang Zinggl, Kultursprecher der Grünen, brachte daher eine Anfrage an Drozda ein.

Genehmigt von Gruber

Auch das Belvedere, vertreten durch Interimsgeschäftsführer Dieter Bogner und Vizedirektor Alfred Weidinger, hat sich einen Anwalt genommen: den Kunstsammler Bernhard Hainz, der im gegenwärtig ruhenden Prozess gegen Hartmann – er fordert zwei Millionen Euro für die seiner Meinung nach ungerechtfertigte Entlassung – das Burgtheater vertritt. Hainz ging in einer Stellungnahme auf jeden Vorwurf ein.

Er sagt zum KURIER: "Die Verlegung von Hussleins Dienstort im Sommer nach Kärnten passierte mit Wissen von Gruber und des Kuratoriums. Daher wurden die Fahrten nach Wien als Dienstreisen angesehen – und von Gruber auch genehmigt." Er könne keine Dienstpflichtverletzung erkennen. Man müsse Husslein zudem zugute halten, neun Jahre lang auf einen Dienstwagen verzichtet zu haben, der ihr vertraglich zusteht. "Die Ersparnis beträgt zwischen 105.000 und 150.000 Euro."

Der Minister soll der Darstellung von Hainz Glauben schenken; dessen Conclusio decke sich jedenfalls mit jener von Thomas Angermair, den Drozda um eine Einschätzung bat. In der Burgtheater-Causa hatte Angermair für den damaligen Kulturminister Josef Ostermayer das Gutachten erstellt, das die Grundlage für Hartmanns Rauswurf bildete.

Mücke gegen Elefant

Involviert in die Belvedere-Schlacht sind noch zwei weitere Anwälte: Im Auftrag von BDO erstellte die Kanzlei Maxl & Sporn eine juristische Expertise. Und die Interessen des Belvedere als wissenschaftliche Anstalt vertritt Ernst Ploil. Der Kunstsammler und Miteigentümer des Auktionshauses im Kinsky äußert ausdrücklich seine private Meinung: "Die Vorwürfe, die ich kenne, finde ich geradezu lächerlich. Sie sind nicht vergleichbar mit jenen, die gegen Gerald Matt und Peter Noever erhoben worden waren. Das ist Mücke gegen Elefant." 2012 wurde Matt vom Vorstand der Kunsthalle Wien vom Dienst suspendiert. Und Noever, Langzeitdirektor des MAK, trat nach diversen Vorwürfen 2011 zurück; die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren wegen Untreue ein, da Peter Noever 220.000 Euro als tätige Reue hinterlegt hatte.

Am Mittwoch bespricht Drozda die Lage mit dem Kuratorium. Eines ist schon sicher: Stefan Charles wird nicht Geschäftsführer. Denn er sagte ob der Querelen ab. Schöne Aussichten!

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