Andy Warhol im Abverkauf

Andy Warhol im Abverkauf
Die Nachlassverwalter des Pop-Künstlers verkaufen ihre Sammlung. Das hat Folgen.

Andy Warhol hat es so verfügt: Nach seinem Tod sollte sein Werk zur Finanzierung einer Stiftung dienen, die die Entwicklung der bildenden Kunst vorantreibt. Fast 250 Millionen US-Dollar sind seit dem Tod des Pop-Art-Superstars 1987 an zahllose Kunstinitiativen geflossen. Das große Warhol-Museum in Pittsburgh profitierte ebenso von der Stiftung wie das winzige, in einer Turnhalle eingerichtete Warhol-Zentrum im ostslowakischen Medzilaborce, dem Geburtsort von Warhols Mutter.
Die Lizenzeinnahmen aus Warhol-Postern, Kaffeehäferln und T-Shirts flossen ebenso in die Kassen der Stiftung wie Verkaufserlöse von Originalen: Rund 20.000 Werke umfasst die Sammlung laut der Zeitschrift The Art Newspaper.

Abverkauf

Während bisher Sammlungsteile immer nur in kleinen Dosen verkauft wurden, hat sich die Stiftung nun zum Abverkauf entschlossen: Am kommenden Montag  startet das Auktionshaus Christie’s eine Serie von Auktionen, die in der gesamten Liquidation der Sammlung münden sollen. Insgesamt sollen über 100 Millionen US-Dollar eingespielt werden. Die Umwandlung von Kunst in Geld soll die Stiftung unabhängiger von den Schwankungen des Kunstmarkts machen – schließlich ist sie nach US-Recht zu einer konstanten Ausschüttung von Stipendien etc. verpflichtet.
Die Auktionen, für die sich Christie’s die alleinigen Rechte sicherte, sind aber nicht der einzige Paukenschlag, der den Markt für Warhol-Werke für immer verändert: Anfang des Jahres stellte die Stiftung nämlich auch ihr Authentifizierungs-komitee ein, das bisher das einzig verbindliche Urteil über die Echtheit von Warhol-Werken fällen durfte. Einige Besitzer hatten nach abschlägigen Bescheiden Millionenklagen eingebracht – ein Risiko, das die Institution nicht länger tragen wollte.

Der Wiener Galerist Ernst Hilger, der seit vielen Jahren mit Warhol handelt, sieht in diesem Wegfall des Komitees „langfristig das größere Problem“: „A la longue wird es zwei Klassen von Warhols geben – die, die rechtzeitig zertifiziert wurden, und die, die das nicht geschafft haben“, sagt er. Die via Christie’s verkauften Bestände der Stiftung tragen ein Nachlass-Zertifikat und gehören damit in die „Oberklasse“; es gebe aber auch viele Privatsammler, die ihre Warhols seit vielen Jahren besitzen und nie die Notwendigkeit sahen, sie zertifizieren zu lassen.
Bei den existierenden Zertifikaten wiederum müsse es ein Archiv geben, sagt Hilger – denn „das ist auch nur ein Papier, das genauso nachgemacht werden könnte wie das Kunstwerk. Zertifizierungen haben heute oft größeren Wert als das Werk an sich.“
Andy Warhols Arbeitsweise macht es zusätzlich schwer, sicher zu sein: In seiner „Factory“ beschäftigte der Künstler zahlreiche Assistenten, gab selbst oft nur den Anstoß zu einem Bild. Gerade die Siebdrucke wurden oft von Mitarbeitern ausgeführt, nicht alles signierte Warhol noch selbst. Dass der Künstler nicht auf Verknappung setzte, schmälerte den Wert der Werke kaum: Auch abseits der Christie’s-Spezialauktionen sind seine Bilder Dauerbrenner, auch Konkurrent Sotheby’s hat bei seinen Auktionen kommende Woche (13. und 14. 11.) mehrere millionenteure Warhols im Programm. Galerist Hilger glaubt daher nicht, dass der Abverkauf der Stiftungssammlung die Preise langfristig ruiniert:

Warhol ist in der Kunstwelt zu einer Währung geworden.“

Vor 25 Jahren starb Andy Warhol. Genug Anlass für das Metropolitan Museum in New York, wieder einmal Warhols Werke zu präsentieren. An die 50 Stück. Dazu rund 100 Werke von 59 weiteren Künstlern, die auch nicht ganz unbekannt sind. Am Ende der Ausstellung wünscht man sich, dass etwas mehr nicht ganz so bekannte Namen zu finden gewesen wären. „Regarding Warhol: Sixty Artists, Fifty Years“ ist noch bis 31. Dezember zu sehen.
Wo hat dieser einflussreiche Künstler, Visionär, Grafiker, Filmemacher, Verleger, Pop-Artist und Pop Star nicht überall seine Spuren hinterlassen? Es beginnt bei farbenprächtigen Selbstportraits von 1967 und endet in einem Raum, der mit seinem Cow Wallpaper und Silver Clouds von 1966 zum Gesamtkunstwerk ausgekleidet ist.

Faszination

Warhols Faszination, die Dinge des banalen Lebens darzustellen, sind unter „Daily News: From Banality to Desaster“ zusammengefasst. Was u.a. bei Künstler-Kollegen wie Sigmar Polke, Ed Ruscha, Hans Haacke, Vik Muniz, Ai Weiwei oder Sarah Lucas nicht unbemerkt blieb. Köstlich die Chanel Chainsaw von Tom Sachs, 1996 aus Chanel-Tragtaschen zusammengefügt.
Aber nicht nur die Verpackung von Brillo oder Suppen begeisterte den Meister und seine Jünger, sondern auch die „Verpackung“ von Stars wie Jackie Kennedy oder Marilyn Monroe. Unter „Portraiture: Celebrity and Power“ darf Jeff Koons' Michael Jackson & Bubbles nicht fehlen. Der dritte Teil der Ausstellung ist Warhols bahnbrechender Auseinandersetzung mit Sexualität und den Möglichkeiten der Vermischung von männlich und weiblich in einer Person gewidmet. Was auch in den Werken von Catherine Opie, David Hockney, Richard Avedon und Robert Mapplethorpe nicht zu übersehen ist. Warhols Sinn für Abstraktion bildet darüber hinaus ebenso ein Kapitel der Schau wie sein guter Sinn fürs Geschäft.

Brigitte R. Winkler

58 Jahre: Warhol lebte von 1928 bis 1987. Er schuf tausende Bilder, Filme und Objekte.

100 Millionen $  zahlte der Franzose Philippe Ségalot 2008 für „Eight Elvises“ . Es ist das bislang teuerste Warhol-Werk.

250 Millionen $ spendete die Warhol-Foundation seit 1987 an Künstler und Institutionen.

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