Vom Traktor auf die Bühne

Alfred Šramek als Bartolo in Rossinis "Barbiere di Siviglia" an der Staatsoper.
Alfred Šramek feiert heute sein 40-Jahr-Jubiläum an der Staatsoper, wo er mehr als 2500-mal auftrat.

Ich hab’ jetzt schon Angst vorm Auftrittsapplaus. Aber den wird’s vermutlich geben." Ganz sicher sogar. Denn wenn Alfred Šramek am Montag wieder als Bartolo in Gioachino Rossinis "Il Barbiere di Siviglia" auf der Bühne steht, ist das ein Grund zu feiern. Vor 40 Jahren gab der Bassbariton sein Debüt an der Wiener Staatsoper; längst ist der gebürtige Mistelbacher eine unverzichtbare Stütze des Ensembles.

Das belegen allein die nackten Zahlen: Mehr als 2500-mal hat Šramek bis dato im Haus am Ring gesungen, große Rollen wie auch kleinere. Allein als Bartolo war der Künstler 170-mal im Einsatz. "Wo hab’ ich das nur alles hingesungen", fragt Šramek im KURIER-Gespräch. Und: "40 Jahre sind schon eine lange Zeit, da erlebt man einiges", so der Mann, der "immer nur singen wollte", weil er "ohne das Zeug nicht leben kann".

Tuchhändler

Vom Traktor auf die Bühne
Alfred Sramek
In die Wiege gelegt war Šramek seine Karriere als Opernsänger nicht. "Meine Eltern war einfache Leute, wir hatten nicht viel. Aber die Schule hat mich nicht interessiert. Wo ich zur Schule gegangen bin – das war eine Vorbereitung für’n Häfn." Also hat Šramek etwas gelernt, "etwas Anständiges", wie seine Mutter verlangt hat. Tuchhändler wurde er, "unfreiwillig". Auch als Hausdiener hat er sich "ein bissl was" dazuverdient. "Und Schuhe beim Humanic hab’ ich auch verkauft. Was man halt so macht, wenn man Sänger werden will." Die Zeit beim Bundesheer? "Da habe ich den Schwejk gemacht", sagt der Klassik-Fanatiker und belegt das mit Anekdoten. Gelernt hat der ehemalige Mozartsängerknabe beim Heer "recht wenig", beim Gesangsstudium viel mehr.

Clown

Mit 23 Jahren hat ihn der damalige Direktor Rudolf Gamsjäger an die Staatsoper geholt. "Trotz meines Alters. Gamsjäger hat zu mir nur gesagt: Gib’ mir die Hand drauf, dass du gut singst, dann engagier ich dich." Hatte Šramek damals Lampenfieber? "Mein erstes und letztes Lampenfieber hatte ich als Sechsjähriger, wie ich beim Gerngross als Clown aufgetreten bin. Wenn man gut vorbreitet ist, braucht man das nicht zu haben. Und dass man seine Rolle kann, auch was die Wortdeutlichkeit betrifft, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Ist es aber heute nicht mehr."

Vom Traktor auf die Bühne
Alfred Sramek
In die Staatsoper geht Šramek jeden Tag "mit Freude", denn "da bin ich z’ Haus". Auch für Kollegen einzuspringen macht, ihm kaum etwas aus. "Obwohl, gezahlt kriegt man da nichts zusätzlich. Das haben die Herren Waechter und Holender ja abgeschafft. Dabei hat grad’ der Waechter mit dem Einspringen viel Geld verdient. Was soll’s. Wenn die Staatsoper ruft, klettere ich von meinem Traktor runter und bin da."

Traktor? "Ich hab’ drei davon, für jede Wetterlage einen. Wenn ich nicht singe, dann fahre ich mit denen durch die Gegend, auch zu echten Traktorentreffen. Dort trifft man vielleicht nicht immer die gescheitesten Leute, aber sicher die ehrlichsten. Denn im Opernbetrieb gibt’s schon einige Gfraster und Pharisäer." Zum Beispiel? "Ein ehemaliger Staatsoperndirektor etwa ist die Seele eines schlechten Menschen."

Sesselschieber

Was Šramek auch nicht leiden kann: Die Dummheit mancher Regisseure. "Es gibt da so viel Depperte. Ich fürcht’ mich etwa schon immer vor der nächsten ,Traviata‘. Da muss ich während der ganzen Zeit Sesseln hin- und herschieben. Ich war bei den Premierenproben nicht dabei. Aber ich hätte den Herrn, der das verbrochen hat, schon gefragt, was der Mist eigentlich soll."

Aber: "Als Sänger muss man auch so was aushalten. Obwohl ich mir schon wünschen würde, dass die Jungen ein bissl mehr aufbegehren und nicht jeden Regie-Dreck bedingungslos mitmachen. Aber das ist natürlich schwer. Weil irgendwo muss das Geld fürs Börsel ja herkommen. Also heißt’s: Anständig bleiben und weitersingen."

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