30 Jahre Chelsea

Othmar Bajlicz vor seinem Lokal: Das Chelsea feiert ein Jubiläum.
Das Chelsea feiert seinen 30. Geburtstag mit einem Minifestival. Zu Besuch im Gürtellokal.

Es ist ein ganz normaler Nachmittag am Lerchenfelder Gürtel. Am dreispurigen Highway durch Wien herrscht zähflüssiger Verkehr, es wird gehupt und gedrängelt. Auf den Gehsteigen und hinter Hausmauern warten sogenannte Cornerboys, also Drogenvermittler, mit tief ins Gesicht gezogener Kappe auf Aufträge: "Grass?! Grass?!", fragen sie einen mit hoffnungsvollem Blick und gläsernen Augen.

Während sich draußen ein dichter Lärmteppich mit Auspuff-Gasen über das breite Asphaltband legt, ist es drinnen, im Chelsea, eine Stunde vor der Eröffnung gespenstisch ruhig. Othmar Bajlicz, seit 30 Jahren Geschäftsführer des Gürtellokals, sitzt an einem der Tische und denkt lange nach, bevor er etwas zur aktuellen Drogenproblematik im Grätzel sagt. "Die Drogenszene entlang der U6 beobachte ich mit großer Sorge." Man sei seit Wochen in Kontakt mit der Polizei, Politik und Drogenbeauftragten. "Es gibt Gespräche – alle wissen Bescheid und arbeiten an einer Lösung." So klingen Diplomaten.

30 Jahre Chelsea
Chelsea. Im Bild: Othmar Bajlicz. Honorarfrei.

Musik und Fußball

Das Chelsea rief der ehemalige Fußballprofi (u.a. Meister mit Wacker Innsbruck 1974/75) 1986 in einem Wohnhaus in der Piaristengasse 1 im Keller des Friseurladens seiner damaligen Frau ins Leben. In der kleinen Bar mit Minibühne veranstaltete Bajlicz Konzerte mit damals noch unbekannten Bands wie Soundgarden, Die Goldenen Zitronen und Die Toten Hosen.

1995 wechselte das Chelsea den Standort und ist seither in den Gürtelbögen zu Hause. Bajlicz war einer der Ersten, der einen der leerstehenden Gürtelbögen gastronomisch bespielte. Was hat sich seither verändert? "Was sich positiv verändert hat, ist das hier nun viel mehr los ist. Es gibt mehr Angebot. Und: Wir sind auf jeden Fall professioneller geworden", analysiert er.

30 Jahre Chelsea
Honorarfrei bei Namensnennung.
Die inhaltliche Ausrichtung des Chelsea sei über die Jahre gleich geblieben und beruhe auf drei Säulen. "Wir legen Wert auf Live-Konzerte – durchschnittlich sind es zwölf Shows im Monat. Die Musik entspricht ungefähr meinem Geschmack. Natürlich gibt es viele Ausfransungen, aber wir waren nie ein Lokal mit elektronischem Sound." Das zweite Standbein sind die Abende mit DJs, die hauptsächlich Indierock auflegen. Und dann sind da noch die Fußball-Live-Übertragungen, bei denen auch Bajlicz im Lokal mitfiebert. "Mir macht es einfach Spaß, mit Gästen fachzusimpeln." Über Niederlagen seiner Lieblingsteams, dem FC Chelsea und Rapid Wien, ärgere er sich aber nicht mehr.

Da für Bajlicz das Chelsea am Heimweg vom Büro liegt, schaut er am Abend gerne persönlich nach dem Rechten. "Natürlich bin ich nicht mehr bei jedem Konzert dabei, und die Bands betreut auch jemand anderer, aber mein Antrieb ist nicht schwächer geworden", sagt der gebürtige Burgenländer. Für das Musik-Programm ist zwar seit Jahren David Krispel verantwortlich, aber "die letzte Entscheidung treffe ich." Kontrollfreak ist er aber keiner. "Ich kann ruhig schlafen. Wenn es Probleme gibt, geht man das am nächsten Tag an."

INFO: 30 Jahre Chelsea – vom 25. bis 27. Mai mit u.a. Christoph & Lollo, Sex Jams, White Miles. Eintritt frei.

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