Alpine Küche macht das Rennen

In der guten Stube wärmt man sich mit Schlutzkrapfen oder Spanferkel.
In Kitzbühel und Umgebung finden sich hervorragende bodenständige Wirtshäuser.

Über Kitzbühel gibt es Vorurteile, welche mit gleicher Hingabe gepflegt werden wie die Kitzbüheler und Wahlkitzbüheler es angeblich mit ihren Zobeln tun. Manches stimmt wie die Tatsache, das der Fuhrpark rund um die Altstadt eher selten mit gebrauchten Mazdas, dafür öfter mit wuchtigen BMWs und Mercedes besetzt ist, deren Besitzer, gäbe es nicht die Tore und Brücken zur Alstadt, mit diesen am liebsten mitten auf der Straße posieren würden. Zumindest erscheint das dem Spaziergänger an den betriebsamen Wochenenden so, wenn halb München seine Moncler-Jacken mit Pelzkragen und karierten Berghemden in den Tiroler Bergen auslüften lässt.

Die Weißwurstparty findet nur einmal im Jahr statt

Auch stimmt, dass man in der Gamsstadt in der Regel teurer nächtigt und isst als zum Beispiel im lieblichen Ort Fieberbrunn, eine halbe Autostunde entfernt. Dieses hat keinen Toni Sailer und keinen Hahnenkamm und eignet sich schon aus diesem Grund wenig als Aufmarsch der Bedeutungsvollen und Location für eine Weißwurstparty. Wir interessieren uns aber nicht für das Schälen der Wurst aus ihrer blassen Haut, sondern für handfeste Mahlzeiten und kommen deshalb gleich einmal ohne Umschweife zur Feststellung, dass es sich hier um eine der besonders lohnenswerten Adressen in den heimischen Alpen handelt.

Ausnahmezustand am Hahnenkamm-Wochenende

Nur Lech hat mehr Haubenrestaurants. Während am Hahnenkammwochenende (dieses Jahr: von 24. bis 27. Jänner) die Pizza und die Bratwurst das Rennen machen, von deren halb verdauten Resten sich ein Teil der Besucher Stunden später auch gleich wieder an ausgewählten Straßenecken des Orts-Zentrums trennt, geht es in den bekannten und guten Wirtshäusern, Hütten und Restaurants wie gewohnt gediegen zu.

Es brummt die Gastwirtschaft, auch wenn so mancher honoriger Oberkeller hinter vorgehaltener Hand erzählt, dass mit wirklich raffinierter Cuisine nur am Wochenende ein Geschäft zu machen sei. Ansonsten, so hört man dann, blieben auch in Kitzbühel die noblen Restaurants leer, was an der Krise einerseits, vielleicht aber auch an gelangweilten Gästen andererseits lieben kann.

Der Kitzbühel-Gast mag's bodenständig

Der Kitzbühelbesucher teilt sich in zwei Kategorien. Hier ist der Liebhaber des alpinen Ertüchtigens. Er reist im Van mit Familie an und spürt nach dem Schnitzel auf der Hütte und beim Nachdenken über die Wochenpauschale des Hotels dieses beklemmende Gefühl da, wo seine Brieftasche sitzt. Dieses mündet in einem ängstlichen Würgen beim Betrachten der Speisenkarte eines Haubenlokals. Der andere kommt im SUV, den er vor dem um einige Millionen renovierten Bauernhof parkt, den er zwar nicht bewirtschaftet, aber besitzt. Ihm ist die Erinnerung an das Geschäftsessen im besten Restaurant Münchens, Wiens oder auch Moskaus zu stark in Erinnerung als dass er sich nach exquisitem Essen sehnte. So sind die beiden Kitzbüheler Topadressen Petit Tirolia und Heimatliebe weniger oft brechend voll als sie sich es vielleicht verdienten.

Alpine Küche macht das Rennen
So landen beide zum Beispiel beim Hallerwirt in dem kleinen Kitzbüheler Vorort Aurach, einem Vorzeigewirtshaus mit Slow-Food-Attitude, wo es Backhendl, Schweinsbraten und Forelle gibt, das Nichtbesondere also, aber ehrenwert zubereitet und präsentiert. Dort gibt es auch herrliche Schlutzkrapfen, die Tiroler Version der Ravioli, die mit herrlicher Kräuter-Topfen-Erdäpfelmischung gefüllt sind und mit warmer Butter und Bergkäse serviert werden.

Sie stehen nicht nur in Aurach, sondern auch im Rehkitz in Kitzbühel und beim beliebten Bärnbichl in Jochberg auf der Karte. Die Schlutzkrapfen sind ein Arme-Leute-Essen, zubereitet aus dem, was da und leicht zu bekommen war. Fleisch gab es früher in den Alpen nur an hohen Feiertagen und viele Einheimische kannten es wohl nur vom Lieferanteneingang der Grand Hotels, mit denen Anfang des vorigen Jahrhunderts die reichen Städter in die Berge kamen. Doch gerade diese von der Kargheit und dem Boden geprägte Küche findet gerade wieder viele interessierte Esser, die vom Standardprogramm der Hotel- und Haubenküche genug haben.

Hochbetrieb in der Schwedenkapelle

Die guten und vor allem die besonders guten Köche reagieren auf dieses Interesse, das nur am Rande auch von der Tatsache rührt, dass Knödel und Krapfen weniger kosten als Thunfisch und Gänseleber. Zu einer der spannendsten Adressen in Kitzbühel wird deshalb diesen Winter die Schwedenkapelle zu zählen sein. Dort gibt es den Idealfall eines bodenständigen Wirtshauses. Bei den Brüdern Christian und Markus Winkler herrscht Hochbetrieb, seit sie im letzten Sommer in der Schwedenkapelle eingezogen sind.

Begehrt: Speck und Kalb aus Kitzbühel

Auf die Teller von Schwedenkapelle, Rehkitz oder Hallerwirt kommen Zutaten von Produzenten und Bauern aus Tirol. Gerade in Kitzbühel gibt es einige Almen und Bauern, deren Speck und so gut ist, dass er es sogar bis in die besten Delikatessenläden nach Wien schafft. Das Kitzbüheler Kalb wiederum gilt sogar in den besten Restaurants Deutschlands als eine Ware, die so begehrt ist wie die Plätze neben den heimischen Politikern am Tag des Hahnenkammrennens. Wobei vermutet werden darf, dass das Kalb sogar um einiges begehrter ist.

Adressenliste:

www.schwedenkapelle.com

www.rehkitz.at

www.hallerwirt.at

www.grand-tirolia.com

www.baerenbichl.at

www.a-rosa.de/kitzbuehel

Huberbräu, Vorderstadt 18, 6370 Kitzbühel, T +4353-566 5677

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