O mein Gott, jetzt wollen sie auch noch kochen

O mein Gott, jetzt wollen sie auch noch kochen
Immer mehr Männer binden sich freiwillig die Kochschürze um. Bevor sie aber den Herd daheim einschalten, besuchen die meisten einen Kurs, um das Kochen „gleich g’scheit“ zu lernen.

Der Kochprofi weiß wie’s geht: „Wenn ihr eine Faustregel für den Apfelstrudel braucht’s: Heißluft, 180 Grad, eine dreiviertel Stunde im Rohr.“ Und die Kochlehrlinge, zwölf ausgewachsene Männer, schreiben auch alles brav mit, was der Meister spricht. Alle bis auf den Willy, der seit einer halben Stunde, gar nicht faul, mit äußerster Konzentration die Zucchini-Fenchel-Suppe püriert – genau nach Anweisung des Kursleiters.

Hier werden Zutaten nicht locker nach Lust und Laune zusammen gemischt, es wird auch nicht mit gegensätzlichen Geschmacksrichtungen experimentiert. Diese Männer gehen methodisch vor. Das müssen sie auch. Denn sie haben, im Gegensatz zu täglich kochenden Frauen, keine Vorstellung, wie das Sugo, das sie da zubereiten, am Ende schmecken soll. Das ist einer der großen Unterschiede zwischen den Geschlechtern in der Küche, meint Thomas Hüttl. Der Ex-Küchenchef der Sargfabrik hat sich vor zehn Jahren mit Kochkursen selbstständig gemacht. „Männer halten sich streng an das, was im Rezept geschrieben steht. Für Männer besteht Kochen aus Chemie, Physik und den richtigen Werkzeugen.“ Männer kochen also nicht im engeren Sinn, sie stehen in der Werkstatt und montieren die Zutaten. Präzision ist angesagt und wird auch eingefordert (siehe Interview auf Seite 5). Abweichler, die sich etwas trauen, werden zur Räson gebracht: „Wie viel Öl hat du genommen, hat er (der Kursleiter, Anm.) das so gezeigt?“, fragt ein junger Mann. Auf seinem ausgebleichten roten T-Shirt steht der Spruch: „Fast Food saved my life“.

Fertigpizza ade

Noch vor zehn Jahren wurden Männer ausschließlich in Form von Kochkurs-Gutscheinen von ihren Frauen zwangsbeglückt, heute gehen sie freiwillig in Seminare, die Titel wie „Haubenkochen“ oder „Dinnerworkshop“ tragen.

Thomas Hüttl, abgeklärt: „Heute kommen viele Paare gemeinsam, weil die Frauen auch nicht mehr alle kochen können.“ Wer mit Vorkochen sein Gerstl verdient, bekommt gesellschaftliche Veränderungen also hautnah mit. Nicht nur Ehemänner, auch Singles stehen dieser Tage am Fremd-Herd – Männer, die „eine Passion“ fürs Kochen haben, erläutert Manuel Wagner von „Rent a Cook“. Saltimbocca statt Fertigpizza, sozusagen.

O mein Gott, jetzt wollen sie auch noch kochen
Bulthaupt
Die Emanzipation hat die Rollen in der Küche neu verteilt. Da ist es nur recht und billig, wenn der Ort des Geschehens auch so ausschaut, wie er es gern hat – ohne chaotisch vollgestopfte Schubladen und Kastln, stattdessen mit Systemschränken und ausladenden Arbeitsplatten, ohne Gschistigschasti.

Die Industrie verkauft männliche Küchenträume, wie etwa den Bulthaupt-Werkschrank, der Mindestpreis: 6000 € (www.bulthaupt.de). Ein Männerspielzeug ist die „K 7“-Kochinsel mit höhenverstellbarer Tischplatte. Diese Naturholzküche ist nicht unter 25.000 € zu haben (bei www.thalia-moebel.at).

It’s cool, man

Das männliche Interesse an Casserole und Edelstahl-Schöpfer folgt auch eigennützigen Motiven. Glaubt man einer Umfrage von Elite Partner, macht Kochen Männer genauso sexy wie Handwerken. Ein kochender Mann signalisiere Lebensqualität und Gesundheitsbewusstsein, heißt es da. „Kochen ist sinnlich, gerade Frauen finden es toll, wenn Männer selbstbewusst am Herd stehen“, sagt Psychologin Lisa Fischbach im Auftrag der Partnervermittlung.

Wer an Kochen denkt, denkt nicht mehr an niedere Dienste wie Karotten putzen oder Erdäpfel schälen, genauso wenig wie man beim burgenländischen Rotwein an die schweißtreibende Traubenernte denkt. Ähnlich wie der Winzer (ursprünglich der Arbeiter des Weinbauern) hat der Koch einen Imagewandel durchgemacht. Hüttl, kurz und knackig: „Männer-Küche ist schnell und gut, einfach cool.“

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