Das ist Italiens bester Koch

Die "Osteria Francescana" im italienischen Modena ist die Nummer zwei auf der Liste der 50 besten Restaurants der Welt. Küchenchef Massimo Bottura gilt als radikaler Neuerer der italienischen Küche, ein Intellektueller, der den Beruf des Küchenchefs gewählt hat. Gault & Millau traf den Kochkünstler in der BMW-Welt in München, wo Massimo Bottura mit dem "Eckart 2015" für innovative Küche ausgezeichnet wurde.

KURIER: Wie entstehen Gerichte eines Meisterkochs?
Massimo Bottura: Das Dessert "Oops, I dropped the Lemon Tarte" entstand so, wie es der Titel bereits ankündigt. Einer meiner Köche ließ die Zitronentarte fallen. Er war blass und wollte sich fast umbringen. Ich beruhigte ihn. So entstand die Idee eines Desserts, das wie eine zu Boden gefallene Torte wirkt.

Die Verleihung der "50 Best"-Restaurants findet kommendes Jahr nicht mehr in London, sondern in New York statt. Eine Vorankündigung, dass der alte Kontinent kulinarisch nicht mehr mit Amerika mithalten kann?
Amerika ist besonders spannend. Dort ist das Geld, dort ist der Freedom of Express. Aber in Europa gibt es mehr an Geschmack. Vielfalt und Qualität des kulinarischen Handwerks ist hier immer noch unübertroffen.

Auf der Liste der 50 besten Restaurants der Welt stehen drei Restaurants aus Peru.
Ich sage etwas politisch Unkorrektes: Alleine in der Stadt Paris finden Sie mehr gute Küchenchefs als auf dem ganzen Kontinent Südamerika. Europas verbindendes Element ist seine Esskultur.

Warum sind Sie selten im Restaurant anzutreffen?
Ich nutze jeden freien Tag, um zu reisen. Aber sehen Sie: Meine Brigade wurde in 20 Jahren aufgebaut. Ich kann jedem meiner Leute vertrauen. Viele sind seit vielen Jahren im Haus. Andererseits braucht mein Team meinen Kopf, meine Ideen. Deshalb nehme ich immer ein paar Leute mit, wenn ich reise. Reisen ist eine Kontaminierung mit Wissen und Weisheit.

Sie sind berühmt dafür, die italienische Küche neu zu interpretieren. Welche Regionen dienen Ihnen dabei als Inspiration?
Piemont, Sizilien und Kampanien. Auf Sizilien findet man unglaubliche Produkte. Vieles davon ist noch zu entdecken. Meine Ideen allerdings hole ich mir aus dem täglichen Leben und aus den Eindrücken meiner Reisen.

Wo finde ich das interessanteste Essen der Welt?
Streetfood ist das Spannendste. Gehen Sie nach Hongkong oder nach Lima.

Was heute angesagt ist, ist morgen wieder out. Viele junge Küchenchefs machen den Altvorderen die Plätze streitig.
Um gut zu werden, muss man wachsen wie ein Baum, mit großen Wurzeln in der Erde. Man muss sich mit der Basis auskennen, bevor man die Basis vergessen – und alles neu denken – kann.

Wie bekommt man einen Platz in Ihrem Restaurant? Es ist ja auf Monate hinaus ausgebucht.
Wir haben fast nur internationale Gäste. Es kommt vor, dass Gäste einen Tisch, die sie lange vorher reserviert haben, stornieren müssen. Deshalb besteht eine Chance, spontan einen Tisch zu bekommen.

Info: Dieser Bericht ist in Kooperation mit Gault Millau entstanden.

Nach dem Jahrhundertkoch und Österreicher Eckart Witzigmann ehrt der "Eckart" Verdienste in der "großen Kochkunst" und in den Bereichen Innovation und Nachhaltigkeit. Neben Bottura wurde u. a. Gastronom und Sternekoch Michel Troisgros aus Roanne ausgezeichnet. Die gesellschaftliche Verantwortung von Starköchen, Gastronomen und Produzenten ist bei der Vergabe wichtig: Den Preis für Nachhaltigkeit erhielt "Noma"-Erfinder Claus Mayer für sein bolivianisches Projekt, das Armut mit Genuss bekämpfen will.