Kurier der Lüfte

Kurier der Lüfte
Der Himmel voller Drohnen. Surrende Voyeure, Lebensretter und Kämpfer gegen Terror. MICHAEL HOROWITZ über Drogen, Pizza & Pakete aus der Luft.

In Zukunft werden wir mehr hinaufschauen müssen. Denn über uns könnte es ziemlich eng werden. Noch kann man sich das Science-Fiction-Szenario kaum vorstellen: Am Himmel sind dann Scharen von kleinen, surrenden Roboter-Boten unterwegs: Ferngesteuerte, unbemannte Flugkörper, die – wenn es nach Amazon und Google geht – innerhalb weniger Minuten alles aus der Luft liefern. Der Himmel der Zukunft ist voller Drohnen. Die fliegenden Boten übernehmen den Luftraum.

Aber auch winzige, fliegende Augen, die klein wie eine Biene oder eine Libelle sind, kommen zum Einsatz – als oft illegal eingesetzte Voyeure. Die RoboBee-Drohne, von der Forschungsabteilung der amerikanischen Harvard University entwickelt, wiegt nur 80 mg. Die 3 cm kleinen Flügel schlagen 120-mal pro Sekunde und erlauben dem fliegenden Spion an der gleichen Stelle zu bleiben oder sehr langsam zu fliegen.

Wie werden Drohnen unser Leben verändern? Sind sie nur wertvolle Helfer oder eine Gefahr von oben? Technisch sind die kleinen Flieger bereits unglaublich hochentwickelt. Doch noch gibt es viele rechtliche Hürden für den Einsatz von Drohnen, bis wir Pakete aus der Luft geliefert bekommen. Oder vom PizzaCopter unser Abendessen. Vielleicht wird unsere Haus-Drohne auch bald lästige Wespen beim Frühstück auf der Terrasse vertreiben …

Längst werden Drohnen in friedlicher, aber auch militärischer Mission eingesetzt. Die zivilen Flugobjekte ersetzen Nachtwächter, löschen Waldbrände, suchen nach Verunglückten in den Bergen, erkunden unzugängliche Landstriche und Katastrophengebiete, die NASA erforscht mit GlobalHawk-Drohnen Orkane und die Umweltschutzorganisation Sea Sheperd jagt mit den ferngesteuerten Fliegern Walfänger. Und wenn wir im Kino besonders spektakuläre Aufnahmen von oben sehen, dann war kein Helikopter oder Kran im Einsatz, sondern eine filmende Drohne.

Auch Armeen bedienen sich längst der surrenden, kleinen Kameraden: Spezialeinsatzkräfte des US-Geheimdienstes sind – laut Washington Post – an einem Drohnen-Programm beteiligt. Neben den offiziellen Militäraktionen gegen Ziele der Terrororganisation Islamischer Staat betreiben die Amerikaner mit Hilfe der CIA seit kurzem, von der südtürkischen Militärbasis Incirlik startend, eine bisher geheim gehaltene Aktivität in Syrien, um hohe Funktionäre des IS auszuschalten. Ähnliche Kampf-Drohnen-Programme setzt die US-Regierung auch in Pakistan, im Jemen, in Somalia und in Teilen Nordafrikas gegen islamistische Terroristen ein.

Und Briten setzen in Afghanistan Mini-Späher in der Größe eines Bleistifts ein. Die PD 100-Black Hornets mit einer Panorama-Videokamera erkunden für die Soldaten in sicherer Entfernung die Umgebung. Spielend können solche Späher aber auch zu tödlichen Waffen umgerüstet werden und Kamikaze-Attacken fliegen. Eine großformatige Drohne umfliegt die halbe Welt ohne Tankstopp und kann im Weltraum monatelang die Erde umkreisen, die kleinen fliegenden Brüder sind nach einer halben Stunde schlapp.
Vor kurzem überraschte die BBC die Briten mit der Meldung, dass es heuer bereits neun Versuche gegeben hat, mit Drohnen Drogen und andere verbotene Waren in britische Gefängnisse zu fliegen. Und vor wenigen Wochen hat die amerikanische Polizei einen Versuch vereitelt, mit Hilfe einer Drohne Schmuggelware in ein Gefängnis in Maryland zu fliegen.
Die Welt der unbemannten Flugobjekte. Helfer oder Gefahr? Es wird jedenfalls wild werden über uns.

michael.horowitz@kurier.at

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„RoboBee-Drohnen: Die fliegenden Späher sind winzig wie Bienen

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