Krampus, Percht und Kletzenbrot

Biedermeier: Weihnachtsfest 1820 mit Nikolaus und Krampus.
Gerade in unsicheren Zeiten sind es Rituale und Bräuche, die Halt geben. Das war schon immer so, besonders um Weihnachten. Ein guter Zeitpunkt, um bekannte und weniger bekannte Bräuche wiederzuentdecken.

Glaube und Aberglaube liegen oft nah beieinander. Auch im Advent. Bis vor etwa 100 Jahren ging es in der Vorbereitungszeit auf Weihnachten streng zu: Der Martinitag war das letzte große Fest vor Weihnachten. Danach wurde gefastet wie vor Ostern, Tanzveranstaltungen und Hochzeiten waren verboten. „Die stillste Zeit im Jahr“ war manchen aber dann doch zu still und sie suchten nach Abwechslung. Und fanden das Orakel. Zum Beispiel in der Andreasnacht am 30. November. Heiratswillige Frauen versuchten so herauszufinden, wer ihr künftiger Ehemann sein werde. Sie schälten einen Apfel, die Schale bildete eine lange Spirale. Sie warfen diese hinter sich, in der Hoffnung, aus der Form den Anfangsbuchstaben ihres Zukünftigen lesen zu können.
Beliebt war auch das Pantoffelwerfen: Zeigte die Schuhspitze zur Tür, würde sich bald ein Bräutigam einstellen. Sogar das Wetter des kommenden Jahres wollte man vorhersagen – mit Schneerosenknospen. Zwölf davon wurden in der Vorweihnachtszeit eingewässert und jeweils einem Monat zugeordnet. In den Monaten, deren Knospen sich öffneten, sollte das Wetter gut werden. Ein beliebter Termin für Orakel war auch der Thomastag, der kürzeste Tag des Jahres. Mädchen legten am 21. Dezember, zur Wintersonnenwende, Zettel mit Buchstaben unter ihren Kopfpolster. In der Nacht zogen sie einen heraus – mit diesem Buchstaben sollte der Name des Bräutigams beginnen. Oder sie stellten sich einen Schemel vors Bett, zogen sich nackt aus und sagten ihr Sprücherl auf: „Bettstaffel ich tritt dich, Heiliger Thomas ich bitt dich, lass mich sehen den herzallerliebsten Mann diese heilige Nacht.“ Träumte das Mädchen in dieser Nacht von einem bestimmten Mann, so würde es den im nächsten Jahr heiraten. Staffeltreten heißt dieser Brauch.
In der Thomasnacht wurde nicht nur bei vielen Bauernfamilien Kletzenbrot gebacken – als Vorbereitung für die Feiertage: Es enthielt Kletzen (Dörrbirnen), Zwetschken, Rosinen, Nüsse, Feigen sowie getrocknete Apfelspalten und diente bis ins 20. Jahrhundert als weihnachtliche Zugabe zum Lohn des Gesindes und der Dienstboten. Erst am Heiligen Abend durfte es angeschnitten werden.
Mit dem Thomastag, je nach Region mitunter auch erst zu Weihnachten, beginnen die Raunächte, die sich bis zum Dreikönigstag ziehen. Mit Gebeten zog die ganze Bauersfamilie samt Gesinde zum Räuchern durch Haus und Stall. In einer Pfanne oder auf einer Schaufel rauchten in der Kohlenglut Weihrauch, Wacholder, geweihte Kräuter oder Teile vom österlichen Palmbuschen. „Glück herein, Unglück hinaus“, lautete der dazugehörige Spruch. Am Ende gab es für alle den Rauchsegen und Weihwasser wurde versprengt.

Krampus, Percht und Kletzenbrot
25 Jahre Raunacht auf Burg Kaprun: Die Hühnerpercht (die die Hühner schützt) - eine Begleitfigur der Brucker Tresterer - legt nach dem Tanz ein Ei - ein Sinnbild für neues Leben Bild: Walter Schweinöster

In den Raunächten übernehmen die Perchten das Regiment. Mit ihren Hörnern spießen sie „verdammte Seelen“ auf, um sie zu bestrafen. Oder sie dringen, wie die Schnabelperchten in Rauris, in die Häuser ein, um dort Staub und Schmutz zu suchen – und drohen den dafür Verantwortlichen den Bauch aufzuschneiden. Es sei denn, sie werden großzügig bewirtet, dann ziehen sie besänftigt wieder ab.Die Perchten sind gleichsam die „bad cops“, während die Krampusse, die rund um den 6. Dezember ihr Wesen treiben, eher die „good cops“ sind, die den Menschen helfen sollen, den hereinbrechenden Winter zu vertreiben. Was nicht immer ganz stimmt. In Matrei in Osttirol etwa, wo der Klaubauf durch die Straßen poltert, wurde schon so mancher Zuschauer des Spektakels zum Opfer der wildgewordenen Horde und trug blaue Flecken oder noch ärgere Verletzungen davon.
Dass der Nikolaus zu den Familien kommt, ist eine Folge des Konzils von Trient (1545-1563), bei dem den Bischöfen verordnet wurde, ihre Schäfchen bei „Pastoralvisiten“ aufzusuchen. Zuvor, im Mittelalter, war der Nikolo als Gabenbringer unsichtbar geblieben. Er hatte nur, so weiß es die Legende, nachts drei Goldkugeln in das eine oder andere Zimmer geworfen, um die Bewohnerinnen vor der Prostitution zu bewahren.
Weihnachten ist erst seit dem Biedermeier ein besinnliches Familienfest, wie wir es heute noch feiern – mit Lichterbaum, dem Christkind und Geschenken. Im Mittelalter beschenkte die Wiener Bürgerschaft ihren Landesfürsten.
Noch heute ist die Herbergsuche oder das Frautragen, eine Variante davon, in vielen Regionen Österreichs Tradition. Ein Bild von Maria und Josef wird von Haus zu Haus, von Wohnung zu Wohnung getragen. Als Symbol für Menschen auf der Flucht, die ein Dach über den Kopf suchen und denen man Unterkunft geben möge ...
Die Heiligen Drei Könige, die das Jesuskind mit ihren Gaben besuchen, finden sich schon seit 1000 Jahren in liturgischen Spielen. Das mit Kreide geschriebene C+M+B über der Haustür steht übrigens nicht für deren Namen Caspar, Melchior und Balthasar, sondern für Christus Mansionem Benedicat – Christus beschützt dieses Haus. Die Männer aus dem Morgenland waren damals jedenfalls willkommen.

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