Ich kann mich selbst nicht gut anschauen

Ich kann mich selbst nicht gut anschauen
Sandra Cervik, 49, ist ein Fixstern am Wiener Theaterhimmel. In der Josefstadt spielt sie eine Hauptrolle nach der anderen und ist demnächst im Stück „Die kleinen Füchse“ zu sehen. Doch wie bereitet man sich auf die Rolle eines Biestes vor? Warum sind Rollennamen manchmal so blöd? Und was hat es für Auswirkungen, wenn man den eigenen Mann zum Chef hat? Ein Gespräch über Neid, die schwierigste Rolle und den nahenden 50er.

Frau Cervik, Sie stehen kurz vor der Premiere des Stückes „Die kleinen Füchse“. Sie spielen Regina, eine Rolle, die Bette Davis in der Filmversion von 1941 gespielt hat. Beschäftigen Sie sich mit dem Hintergrund eines Stückes, ehe Sie mit den Proben beginnen?

Das ist unterschiedlich. In diesem Fall kann man fast gar nicht umhin, weil der Film relativ berühmt ist. Ich glaube, er hatte auch sehr viele OscarNominierungen.

Neun, habe ich gelesen.

Wahnsinn, das habe ich schon verfolgt. Aber es ist auch eine heikle Sache, ob man sich einen Film anguckt oder nicht. In dem Fall ist es so lange her, dass man sich den Film gerne anschauen kann. Man kann nicht viel übernehmen, weil man so heute nicht mehr spielen würde.

Wie hat die Darstellungsweise der 1940er-Jahre denn auf Sie gewirkt?

Ich fand Bette Davis in der Rolle schon böse, aber auch wahnsinnig tough. Sie hatte alles im Griff, was bemerkenswert ist für diese Zeit. Ich verstehe, dass sie große Erfolge damit gefeiert hat. Dieses Frauenbild war man damals sicher nicht gewöhnt.

Würden Sie sich selbst auch in die Kategorie „tough“ einordnen?

Das klingt so blöd, wenn man das über sich selber sagt. Aber ich denke, ich habe einen guten weiblichen Hintergrund. Meine Großmutter war eine starke Frau, meine Mutter ist es auch. Sie war alleinerziehend und da habe ich diese Stärke ein bisschen mitgekriegt, glaube ich.

Ich habe gelesen, dass Regina als Vorbild für TV-Biester wie Alexis aus dem „Denver-Clan“ galt. Ein Ur-Biest sozusagen. Spielen Sie sowas gerne?

Ich würde nicht sagen, dass sie ein Biest um des Biestseins willen ist. Das ist ein Stück über den Kapitalismus, in dem es keine positiven Menschen gibt – auch Regina nicht. Ihre Brüder tun alles um des Geldes Willen. Bei ihr geht es mehr darum, ein unabhängiges Leben zu führen. Dabei geht sie sehr weit. Aber es bleibt ihr nicht viel über. Wenn du im Haifischbecken sitzt ... Natürlich ist das alles andere als sympathisch.

Viele Menschen verwechseln den Schauspieler oft mit seiner Rolle, oder?

Und jetzt spielt auch noch mein eigener Mann im Stück den Mann von Regina. Sie kennen das Stück und wissen, was passiert.

Der hat kein leichtes Leben.

Pssst! Nichts verraten. Sonst nehmen wir die Überraschung vorweg. In Grunde ist es superschön, wenn man als Frau so etwas Dämonisches mit einem so großen Geheimnis zu spielen kriegt. Das ist selten. Ich sag’ immer als Scherz: „Da werden sie mich wieder lieben.“ Aber man macht ja Theater, um etwas über die Welt zu erzählen. Schon auch, um geliebt zu werden, aber nicht nur.

Trägt es zur Liebe bei, wenn der eigene Mann am Theater, an dem man tätig ist, Direktor ist? Eine Ihrer Kolleginnen meinte kürzlich in der , ihr Mann würde sie nicht besetzen, weil er Angst hätte, jemand könnte ihm Protektion vorwerfen. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Ich habe hier am Theater etwa 30 Rollen gespielt, bevor mein Mann (Anm.: Herbert Föttinger) Direktor wurde. Es gab schon kurz die Überlegung, wegzugehen, aber ich habe den Schritt nicht getan. Erstens haben mich mein Mann – und andere Menschen am Theater – gebeten, es nicht zu tun, und ich hätte es auch schade gefunden, weil es ja auch mein Theater ist.

Hat es jemals verbale Angriffe gegeben?

Sicher muss man damit leben, dass jemand sagt, jetzt spielt sie plötzlich so viel, weil der Mann Direktor ist. Auch, wenn es so ist, dass man schon vorher große Rollen gespielt hat. Mein Glück ist, dass man es innerhalb des Ensembles anders sieht. Viele kennen mich ewig, weil wir zusammen angefangen haben. Aber wenn mir so was zu Ohren kommt, kränkt mich das. Ich versuche dann immer, das zu entkräften.

Es gibt den Spruch: „Wer sich rechtfertigt, verliert.“

Ich tue es ja auch selten.

Abgesehen davon, sind Sie auch im TV erfolgreich. In den „Vorstadtweibern“ sind Sie derzeit als Helga Pariasek zu sehen ...

Ha, Helga Pariasek!

Warum lachen Sie?

Weil der Name so lustig ist. Ich musste schon lachen, als ich die Rolle angenommen habe. Da dachte ich: „Ich heiße Helga Pariasek? What a Name!“

Was soll Sportmoderator Rainer Pariasek da sagen?

Es geht mehr um die Kombination. Ich finde Helga Pariasek als Ganzes so heiß.

Konnten Sie beim Namen nicht ein Wort mitreden?

Die hieß so. Es ist mir nicht gelungen, das zu beeinflussen. Ich habe es auch nicht versucht.

Helga Pariasek verliebt sich in eine Frau. War es Ihnen unangenehm, eine gleichgeschlechtliche Liebe zu spielen?

Nein, gar nicht. Ganz im Gegenteil.

Man kommt auf neue Ideen.

So weit würde ich nicht gehen...

Was Sandra Cervik über Sexszenen auf der Bühne, die schwierigste Rolle ihres Lebens und den Vorsatz zu ihrem 50er sagt, lesen Sie ab sofort in der Freizeit im Kurier am Samstag. Ab sofort im Handel erhältlich.

Sandra Cervik, 49, wurde 1966 in Wien geboren und wuchs nach der Trennung ihrer Eltern bei der Mutter auf. Sie arbeitete in deren Schokoladen-Geschäft am Graben, ehe sie die Aufnahmeprüfung am Konservatorium der Stadt Wien bei Elfriede Ott bestand. Seit 1999 ist sie Mitglied des Ensembles im Theater an der Josefstadt, dem ihr Mann Herbert Föttinger seit der Saison 2006/2007 als Direktor vor- steht. Die beiden lernten einander bei den Festspielen in Reichenau kennen, als sie gemeinsam auf der Bühne standen und haben einen Sohn, 17. Cervik war zweimal für den Nestroy-Theaterpreis nominiert und war in zahlreichen TV-Rollen zu sehen. Derzeit spielt sie in der Serie „Vorstadtweiber“.

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