"Hail, Caesar!": In Hollywoods Hinterhof

Joel (l) und Ethan Coen übernehmen den Vorsitz in der Jury von Cannes
Stars, Studios & Skandale:"Hail, Caesar!" von den Coen-Brüdern, der Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale, nimmt die Kino-Traumfabrik auseinander

"Filme verzaubern uns immer noch, sogar uns, die das Glück haben, darin zu arbeiten“, schwärmt die exzentrische Schottin Tilda Swinton. So etwas hört man gern. Die Schauspielerin stand letztes Jahr mit Stars wie Scarlett Johansson, George Clooney und Ralph Fiennes am Set des neuen Films der Coen-Brüder („The Big Lebowski“): „Hail, Caesar!“, eine Huldigung des alten Hollywood.

Ein Film im Film. Mehr noch. Die aktuelle Arbeit des genialen Regieduos handelt von der glamourösesten Ära Hollywoods – den 1950er-Jahren. Eine Zeit, in der die Fantasie keine Grenzen kannte. Wassersportlerinnen wurden wunderbare Nixen, naive Haudegen überzeugten als römische Senatoren, und statt Publizisten und Anwälten kümmerten sich Männer wie Mr. Mannix um die Stars.

Josh Brolin spielt diesen Eddie Mannix. Er boxt seine Schützlinge aus den peinlichsten Situationen. Und wie er das macht, lässt uns ahnen, dass er Hollywood nicht nur spielt, sondern atmet. Stimmt sogar. Als Sohn des Barbra-Streisand-Ehemanns James Brolin ist er wie George Clooney ebenfalls ein echtes Kind Hollywoods. Dessen Tante Rosemary Clooney stand mit Bing Crosby und Danny Kaye vor der Kamera und sang für Duke Ellington. Mehr Showgirl war damals kaum möglich. Klatsch und Tratsch sowie die Strahlkraft der Traumstadt kennen daher beide aus dem Effeff. Dagegen wirken die in den 1950er-Jahren in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota aufgewachsenen Brüder Joel und Ethan Coen geradezu wie Bauerntölpel.

Genau das aber macht auch den Reiz ihrer schrägen Hommage an die Traumstadt der Stars und Sternchen aus. Mit viel Witz und wenig Respekt nehmen sie sich in „Hail, Caesar!“ einen Tag aus dem hektischen Leben eines tatsächlich existierenden Studiomitarbeiters vor. Auftritt Eddie Mannix (Josh Brolin). Er hat sich ab den 1930er-Jahren vom Ticketverkäufer und Bodyguard bis zum Vizepräsidenten des legendären MGM-Studios – das mit dem Löwen im Logo – hochgeboxt: als sogenannter Hollywood Fixer, ein Troubleshooter der besonderen Art. „Hail, Caesar!“ setzt ein, als Mannix noch vor Sonnenaufgang ein Starlet davor bewahrt, wegen unsittlichen Verhaltens verhaftet zu werden. Der quer durch die Genres wandelnde Filmspaß endet mit der erfolgreichen Freilassung eines von der Verbrecherbande „Zukunft“ entführten und von George Clooney verkörperten Filmstars. Dazwischen wird man unter anderem Zeuge, wie Scarlett Johansson, umringt von Dutzenden Männern und Matrosen, durch azurblaue Pools turnt.


Für alles und alle gibt es Vorlagen und Vorbilder. Sie reichen von heimlichen Kindesweglegungen und bewussten Fehltritten bis zur Rivalität der Klatschkolumnistinnen. Vorstellen kann man sich dazu Stars wie Loretta Young, Richard Burton, Marlon Brando und Hedda Hopper.
Hopper, einst mächtigste Gesellschaftskolumnistin Hollywoods, hatte in Billy Wilders sarkastischem „Boulevard der Dämmerung“ einen Gastauftritt. In „Hail, Caesar!“ wird sie von Tilda Swinton dargestellt, einer alten Bekannten aus dem Coen-Film „Burn After Reading“. Als Europäerin hat Swinton ihre eigene Auffassung vom alten Hollywood: „Es war eine Traumwelt, erschaffen von Menschen, die nicht immer so traumhaft waren. Während Reporter gleichzeitig diese Götter und Göttinnen von ihren Podesten stoßen, müssen sie sie auch aufbauen. Ansonsten hätten sie ja nichts, worüber sie schreiben könnten. Es ist also dieser Teufelskreis des Aufbauens und Vernichtens, Vernichtens und Aufbauens.“ Gut dabei: Man muss kein Coen-Kenner sein, um auf seine Kosten zu kommen. Denn skurril ist auch, wie beziehungsreich die Brüder einstige Helden für ihre Zwecke einsetzen: Ex-Actionstar Dolph Lundgren spielt in „Hail, Caesar!“ einen sowjetischen U-Boot-Kapitän, „Highlander“ Christopher Lambert einen europäischen Filmemacher, der zu heftig mit einem Starlet turtelt. Hollywood pur.

Kommentare