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Filmkritik

"Der Nachtmahr": Minimonster eines Party-Girls

Unter geschicktem Einsatz von lauter Musik, seltsamen Tönen und grellen Farben nimmt uns Regisseur AKIZ in seinem ersten Kinofilm mit auf einen unvergesslichen lynchesken Psycho-Trip.

05/25/2016, 08:44 AM

Wenn eine nächtliche Gruselfigur wie E.T. aussieht, ist sie eigentlich gar nicht so bedrohlich. Für die 17jährige Tina, ein Berliner Party-Girl, das regelmäßig einen halluzinatorischen Mix aus Techno-Beats, Stroboskop-Blitzen und Modedrogen konsumiert, wird diese Heimsuchung aber zu einer richtigen Belastung. Das kleine Wesen drängt sich immer mehr in ihr Alltagsleben ein und die Menschen in ihrer Umgebung beginnen Tina für verrückt zu halten, weil offenbar nur sie das seltsame Minimonster sehen kann.

Gleich in der ersten Filmminute bekommen wir übrigens alle Zutaten geboten, die erklären könnten, wieso Tinas überreiztes Gehirn diesen Nachtmahr gebiert: die Mädels schocken sich bei der nächtlichen Autofahrt gegenseitig mit dem Foto eines deformierten Embryos, dem sie mittels App ihre eigenen Gesichter überstülpen.

Interpretationsspielraum

Was genau hinter dem Auftauchen des verschrumpelten kleinen Etwas steckt, bleibt aber offen, denn AKIZ, Bildhauer und Regie-Absolvent der Filmakademie Baden-Württemberg, der 2010 mit seinem Kurzfilm „Painting Reality“ in Banksy einen prominenten Fürsprecher gefunden hat, lässt in seinem ersten Kinofilm Raum für viele Interpretationen: haben wir es mit einer Vision im Augenblick des Todes zu tun, ist es eine Drogenphantasie oder eher ein psychotischer Schub, sollen wir das Ganze als symbolisches Geschehen in einer konfliktreichen Phase auffassen oder ist es einfach der Ausdruck für „ein Gefühl, das keinen bestimmten Namen hat“, wie es Tina selber einmal nennt, als gerade die dunklen Dichtungen eines William Blake auf dem Lehrplan stehen?

Der kleine Nachtmahr erinnert an eine Mischung aus exotischem Haustier und Baby: immer ist er hungrig und lässt sich von Tina füttern; und sobald er sich verletzt, wirkt sich das körperlich auch auf das Mädchen aus. Sie steht also in einer besonderen Beziehung zu ihm, als ob es tatsächlich Fleisch von ihrem Fleisch wäre. Natürlich denkt man dabei unwillkürlich an David Lynchs radikalen Erstling „Eraserhead“: dort gipfelt alles in einer surreale Vaterphantasie mit einem ähnlich deformierten Wesen, während hier Tina für die Titelfigur immer mehr mütterliche Gefühle entwickelt.

Dämonische Trilogie

Das klingt auch plausibel, denn immerhin bildet der Film laut AKIZ den Auftakt zu einer „Dämonischen Trilogie“ und behandelt das Thema „Geburt“, während die beiden folgenden Teile um „Liebe“ und „Tod“ kreisen sollen. Das kleine von Puppenspielern bewegte Geschöpf bekommt also noch einiges zu tun und wir dürfen uns auf weitere lustvolle Gehirnmassagen freuen, die man nicht so schnell wieder vergessen wird. 8 von 10 Tagträumen.

franco schedl

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Schon lange nicht mehr wurde der Schrecken des Heranwachsens derart schlüssig in ein metaphorisches Bild gesetzt, das dabei doch konkret bleibt.

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