Patientenanwalt lässt Einsätze von Securitys gerichtlich prüfen

Pflegepersonal ist froh über den Einsatz von Securitys.
Experten halten etwa die Hälfte der Einsätze für unzulässig. KAV betont aber, zugepackt werde nur im Notfall.

Ein Psychiatrie-Patient dreht durch, die Krankenpfleger wissen sich nicht mehr zu helfen, rufen den Sicherheitsdienst. Ein Security-Mann hilft tatkräftig mit, den Patienten an Hand- und Fußgelenken zu fixieren.

Obwohl rechtlich mittlerweile eindeutig geklärt ist, dass nicht-medizinische Mitarbeiter nur im absoluten Notfall Hand an einen Patienten legen dürfen, soll sich dieses Szenario am Donnerstag auf einer psychiatrischen Station des Otto-Wagner-Spitals in Wien abgespielt haben. "Schon wieder", sagt Bernhard Rappert, der für das Vertretungsnetz Patientenanwaltschaft vor Ort tätig ist. Details kenne er nicht. "Der Vorfall wurde vom Pflegepersonal nicht dokumentiert und nur zufällig von einer Kollegin beobachtet."

Dokumentiert wurden laut Rappert im ersten Quartal diesen Jahres rund 70 Einsätze einer privaten Sicherheitsfirma, die der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) seit 2008 in mehreren Spitälern einsetzt. "Von diesen 70 Einsätzen dürften um die 40 unzulässig gewesen sein", sagt der Jurist.

Im zweiten Quartal seien es rund 30 Vorfälle gewesen – die Dunkelziffer schätzt er hoch ein: "Das Pflegepersonal ist verunsichert. Sie wissen oft nicht mehr, ob sie überhaupt einen Sicherheitsmann zu Hilfe holen dürfen. Die Dokumentation ist deshalb lückenhaft, was der jüngste Vorfall beweist."

"Fühlen uns sicher"

Nach dem KURIER-Bericht am Donnerstag meldete sich eine Krankenschwester aus dem psychosozialen Bereich in der Redaktion. "Wir brauchen die Securitys", betonte sie. "Die tätlichen Übergriffe durch Patienten oder Besucher nehmen sonst überhand. Wir sind keine Raubtier-Dompteure, sondern wollen in Ruhe unsere Arbeit machen. Mit den Securitys fühlen wir uns sicher."

Eine Ansage, für die der Patientenanwalt Verständnis zeigt: "Natürlich müssen die Pflegekräfte geschützt werden. Aber das muss der Krankenhausträger mit legalen Mitteln machen."

Seit einem Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) vom September 2014 steht fest, dass jegliche pflegerische Maßnahme – dazu zählt auch, einen Patienten daran zu hindern, die Station zu verlassen – dem medizinisch ausgebildeten Personal vorbehalten ist. Die Aufgaben der Securitys sind in erster Linie Beobachtung und mündliche Deeskalation.

Das betont auch der Verband der Sicherheitsunternehmen Österreichs (VSÖ) auf KURIER-Anfrage. Schriftlich – näher möchte man offenbar nicht auf das Thema eingehen.

Fälle werden untersucht

Für KAV-Pflegedirektorin Susanne Drapalik steht fest, dass die Securitys nicht eigenmächtig, sondern nur auf Anweisung des medizinischen Personals handeln. "Wenn es nicht anders geht", müssten sie auch zupacken.

"Es kommt immer wieder vor, dass ein Patient im Rahmen seiner psychischen Erkrankung tobt, kratzt, beißt und spuckt. Da wird es in Ausnahmen nötig sein, dass ein Security-Mitarbeiter mithilft." Auch, wenn dabei die Grenzen der Nothilfe ausgereizt würden. Damit es nicht so weit komme, gebe es regelmäßige Schulungen in Deeskalationstechniken.

Die Patientenanwaltschaft nimmt Security-Dienste seit dem OGH-Urteil verstärkt unter die Lupe. "Wir haben den Verdacht, dass sich einiges verselbstständigt hat. In einigen Fällen werden wir Anträge auf gerichtliche Untersuchung stellen", kündigt Rappert an.

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