Wien Neubau: Speisekarte liegt Italienern im Magen

Don Panino
Auf der Speisekarte eines Italieners in Wien-Neubau finden sich Gerichte die nach Mafiosi und Mafia-Jägern benannt sind.

Ein Wiener Lieferservice, das es gar nicht mehr zu geben scheint, sorgt in Italien für Aufsehen, und für diplomatische Verstimmung zwischen Österreich und den Römern.

Denn auf der Speisekarte des Italieners in Wien-Neubau finden sich Gerichte die nach Mafiosi und Mafia-Jägern benannt sind. Italienische Medien berichteten darüber. Wütende Proteste folgten. Auf Anweisung der italienischen Außenministerin Emma Bonino potestierte schließlich die italienische Botschaft in Wien: Der Gebrauch der Namen von im Kampf gegen die Mafia gefallenen Persönlichkeiten zu Marketingzwecken sei nicht nur „geschmacklos, sondern auch beleidigend“ gegenüber diesen Personen und all jenen Menschen sei, die sich täglich im Kampf gegen die Mafia engagieren.

So wird etwa ein Panino Don Fanucci angeboten. Die Erklärung auf der Speisekarte erzürnt unsere sensiblen Nachbarn: Der größte Erzfeind von Don Vito Corleone musste eine schmerzhafte Vendetta kassieren. Die sizilianische Blutrache ist bis heute, eine der extremsten Exekutionen überhaupt.
Zweites Beispiel: Panino Don Clemenza. Der engste und vertrauteste Ehrenmann der Corleone Familie fungierte als Security und Cleaner (Auftragskiller) für besondere Angelegenheiten. Seine oberste Priorität ist deftig-delikates Essen und vor allem viel, viel Fleisch – so die Erklärung zu dem Häppchen (Weitere Beispiele siehe unten).

Geschlossen

Der kritisierte Betrieb hatte Samstag geschlossen, im Geschäftslokal war niemand anzutreffen. Es ist überhaupt fraglich, ob der Laden noch in Betrieb ist. Im Lokal stehen Schachteln und leere Regale herum, am Boden liegt Mist. Von den Wänden sind alle Plakate und Tafeln abmontiert, Besen stehen in der Ecke. Samstagabend war plötzlich auch die Homepage des Betriebes offline.

"Klärendes Gespräch"

Dennoch liegt die Wiener Speisekarte den von Politskandalen gesättigten Italienern schwer im Magen. Michele Anzaldi von der Mitte-links-Partei „Partido Democratico“ protestierte: „Unsere Außenministerin soll so rasch wie möglich den österreichischen Botschafter in Italien zu einem klärenden Gespräch einberufen. Österreich muss sich entschuldigen.“ Das Österreichische Außenamt wollte Samstagmittag zu der Causa „keinen Kommentar abgeben“.

Ironische Bemerkungen über prominente Opfer im Kampf gegen die Costa Nostra, wie Staatsanwalt Giovanni Falcone und Anti-Mafia-Aktivist Peppino Impastato, seien inakzeptabel und hätten „stark negative Reaktionen“ in der Öffentlichkeit in Italien sowie in der italienischen Gemeinschaft in Wien ausgelöst, berichtete das Außenministerium in Rom.

Protest auf Facebook

Eine Facebook-Gemeinschaft, die sich Italiani a Vienna (Italiener in Wien) nennt, hatte kürzlich eine Unterschriftensammlung gestartet, in dem das Lokal aufgefordert wurde, die Namen seiner Menüs zu ändern. Bisher wurden 968 Unterschriften gesammelt.

Der Initiator der Kampagne, der in Wien lebende Paolo Federico, forderte mehr Respekt für die Mafia-Opfer. „Man darf den Begriff Mafia nicht zu Marketingzwecken verwenden“, betonte Federico nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. Er bemängelte, dass in Wien zuletzt mehrere Pizzerien mit Namen eingeweiht worden seien, die auf die Mafia hinweisen, wie „Mafiosi“, „Camorra“ und „Al Capone“. „Wir hoffen, dass andere italienische oder österreichische Unternehmer mit geniereichen Einfällen dieser Art es sich anders überlegen werden. Man muss verhindern, dass der Begriff Mafia als Brand und Werbung genutzt wird“, so Federico.

Petition

Der von Impastato gegründete sizilianische Radiosender „100 Passi“, der engagierte Anti-Mafia-Kampagnen führt, startete auf der Webseite change.org eine an das Außenministerium gerichtete Petition gegen “Don Panino”, die in Kürze 7.300 Unterschriften sammelte. Mehrere Kaufleute, Opfer von Erpressungen auf Sizilien, unterschrieben die Petition. „Ein derartiges Lokal sollte sofort schließen“, protestierte Nicoletta Scimeca, die einem Verband von im Kampf gegen die Mafia engagierten Kaufleuten angehört.

„Mafia-Pasta“, Gebäck benannt nach Mafiosi wie Tommaso Buscetta und Toto Riina, sowie nach Paten der Cosa Nostra stehen auf der Speisekarte des Lokals.

Für Aufregung sorgt in Italien das Brot Don Falcone mit Bratwurst, nach dem 1992 ermordeten Mafia-Ermittler Giovanni Falcone benannt, weil der "gegrillt wurde, wie eine Wurst".

Angeboten wird auch Don Peppino, ein Panino mit Huhn, nach dem 1978 getöteten Anti-Mafia-Helden Peppino Impastato benannt. „Der großschnäuzige Sizilianer wurde bei einem Bombenattentat gebacken wie ein Hähnchen“, ist auf dem Menü zu lesen.

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