Den Schulschwänzern auf der Spur

Den Schulschwänzern auf der Spur
Polizisten sollen künftig "Stangler" aufspüren. Beim KURIER-Lokalaugenschein ließen sich wenige blicken.

Das Fast-Food-Lokal in der Lugner-City ist am Vormittag schon zur Hälfte voll. Ein tätowierter Mann beißt herzhaft in den Burger, am Nebentisch tunken ein paar Jugendliche ihre Pommes ins Ketchup. Eigentlich wären sie ein Fall für die Polizei. Nicht, weil sie sich ungehörig benehmen. Dass sie da sind, reicht schon. Denn ab Mai, so kündigte der Wiener Stadtschulrat an, stehen Schulschwänzer unter besonderer Beobachtung. Polizisten sollen sie im Rahmen ihres Streifendienstes ansprechen – und im Notfall auch Schule und Stadtschulrat informieren.

In der Lugner City ist noch kein Polizist zu sehen. „Wir haben Freistunde“, sagen die vier Burschen, die gerade im Einkaufszentrum herumschlendern. Sie besuchen allesamt die Neue Mittelschule in der nahen Koppstraße. „Ich finde es eine gute Idee, dass die Polizei Schulschwänzer kontrolliert“, sagt der 13-jährige Martin. „Man sollte in die Schule gehen und lernen.“ Zustimmung kommt von seinen Freunden Stefan, Oguz und Jimmy. Ob sie denn nie schwänzen? „Wenn ich schwänze, muss ich ja alles nachlernen. Das finde ich blöd“, erklärt Martin.

Pilotversuch

Den Schulschwänzern auf der Spur
APA7313424-2 - 22032012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Der "Schulschwänz-Beauftragte für Wien" Horst Tschaikner am Donnerstag, 22. März 2012, während der Präsentation des "Maßnahmenpaketes gegen Schulschwänzen" in Wien. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Neben Einkaufszentren sollen die Polizisten auch in Einkaufsstraßen und Parks ein Auge auf Kinder und Jugendliche werfen. Den ersten Schwerpunkt hat man schon ausgemacht: Nämlich Favoriten. „Aber es wird nicht so sein, dass wir da Kinder festnehmen und in die Schule zerren“, beruhigt Polizei-Sprecher Paul Eidenberger. Und es sei auch nicht so, dass im zehnten Bezirk mehr Kinder die Schule schwänzen, als sonst wo in Wien, betont Horst Tschaikner, Schulschwänz-Referent des Stadtschulrates. Irgendwo müsse man eben beginnen.

Rund um den Reumannplatz und in der Favoritenstraße wuseln die Leute aneinander vorbei. Im Park sitzen Mütter mit ihren Kindern, Pensionistinnen und Männer mit Tagesfreizeit und Bier in der Hand. Jugendliche schlendern beim KURIER-Lokalaugenschein maximal durch.

So wie Tamara und Samantha, die eine HTL besuchen. Auch sie haben Freistunde, sagen sie. „Das mit der Polizei ist unnötig. Urblöd. Hat die Polizei nichts Besseres zu tun?“, ärgern sich die 15-Jährigen.

Schwänzen, so erklären sie, käme für sie nicht infrage. „Weißt du, wie viel Rückstand du hast, wenn du eine Stunde versäumst? Und eine Betragensnote bekommst du dann auch gleich.“ „Schulstangeln“ würde sich kaum einer in ihrer HTL erlauben. „Maximal in unwichtigen Fächern wie Religion.“

Keine Jagd auf Kinder

Beim Wiener Stadtschulrat sieht man dagegen durchaus Handlungsbedarf: „Oft informieren uns Bürger, die 10- bis 13-jährige Kinder am Vormittag im Park sitzen sehen. Da geht es darum, nicht wegzuschauen“, sagt Tschaikner.

Darum würden künftig Polizeibeamte auf Streife potenzielle Schulschwänzer direkt ansprechen und sie fragen, warum sie nicht in der Schule sind.

Das sei weder als PR-Aktion, noch als „Jagd auf Kinder“ zu verstehen. Zumal sich die meisten 13-Jährigen bereits vom Anblick einer Uniform einschüchtern ließen.
Es gehe viel mehr darum, Bewusstsein zu schaffen. Bei Eltern, bei Lehrern und auch bei Schülern selbst.

„Schwänzen steigert die Wahrscheinlichkeit eines Schulabbruchs. Wir wollen vermitteln, dass uns das nicht egal ist“, betont Tschaikner. Betroffene Eltern und Lehrer können sich über die Hotline 01/52525-77111 an ihn wenden.

Kommentare