Weiter Chaos um das Rauchgesetz

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Tabakgesetz lässt derzeit viele Interpretationen zu / UVS hebt oft Strafen wieder auf.

In der österreichischen Gastronomie herrscht zurzeit Chaos. Wie berichtet, steigt die Branche gegen den kürzlich verschärften Nichtraucherschutz auf die Barrikaden. So bringt etwa der Wiener Szenewirt Heinz Polischansky – unterstützt von der Wirtschaftskammer – eine Amtshaftungsklage gegen die Republik ein. Er fordert 30.000 Euro zurück, die er in Nichtraucherräume investierte hatte – bevor der Verwaltungsgerichtshof verfügte, dass Lokal-Gäste Toiletten erreichen können müssen, ohne durch Raucherbereiche zu gehen.

Doch die strengen Richtlinien des Höchstgerichts lassen offensichtlich (noch) zu viele Interpretationsmöglichkeiten zu – insbesondere, was Lokale in Einkaufszentren betrifft. Immer öfter werden Strafen, die das jeweilige Magistratische Bezirksamt wegen angeblicher Verstöße gegen das Tabakgesetz verhängt hat, vom Unabhängigen Verwaltungssenat aufgehoben. Allein heuer liegen dem Wiener UVS bereits 123 Verfahren dieser Art vor.

Dabei müssen sich die UVS-Richter zum Teil mit Fragen beschäftigen wie: Was macht einen Raum aus? Gehört ein Sitzbereich auch dann zu einem Lokal, wenn er nicht direkt daran anschließt? Und darf eine Tür offen sein?

Abstand trennt nicht

Recht gab der UVS zum Beispiel Thomas Kurek, der im Stadioncenter (2.) ein Café-Restaurant betreibt. Nach einer Anzeige durch einen Rauchsheriff hätte er Strafe zahlen sollen. Was er verweigerte. Der Magistrat hatte nämlich die Auffassung vertreten, der Haupt- (sprich: Nichtraucher-)Raum – wo sich auch die Schank befindet – sei mit 24 Plätzen kleiner als der durch eine Glaswand und eine Schiebetür abgetrennte Raucherraum mit 49 Plätzen. Und das ist nach Paragraf 13a des Tabakgesetzes verboten: Der Nichtraucherbereich muss stets größer sein.

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Was dabei allerdings übersehen wurde: im Mall-Bereich – nur wenige Meter neben dem Lokal – zahlt Kurek für weitere 76 Sitzplätze Miete. Und da das Einkaufszentrum ohnehin öffentlicher Raum ist, ist dort Rauchen generell verboten (§13). Damit umfasst der Nichtraucherbereich insgesamt also 100 Plätze – und wird damit zweifellos zum Hauptraum.

Zudem befinden sich die WC-Anlagen im Mall-Bereich – weshalb Nichtraucher auch nicht den Raucherbereich durchqueren müssen, wenn sie die Toilette aufsuchen wollen. Wie es der Verwaltungsgerichtshof vorschreibt.

Juristisch vertreten wurde Kurek von Heinz Fischelmaier von der Wiener Wirtschaftskammer. Sein Fall ist keine Ausnahme. „Im Millennium-Tower, im Columbus-Center sowie im Twin-Tower vertrete ich weitere fünf Unternehmer in genau derselben Problematik“, berichtet Fischelmaier. Alle Fälle wurden vom UVS eingestellt.

Was ist ein Raum?

Auf philosophische Pfade begab sich Anwalt Andreas Jakauby, dessen Mandant ebenfalls im Millennium-Tower ein Restaurant betrieb.

Dort ging es unter anderem um die Frage: Was ist ein Raum?

Der Gastronom hatte einen Raucherraum gebaut, den weitaus größeren Nichtraucherbereich aber in der Mall belassen. Auch hier erfolgte eine anonyme Anzeige – weshalb der Magistrat auf den Plan trat. Und der meinte: Nicht bloß die Raucher sollen einen eigenen Raum bekommen, sondern auch die Nichtraucher – und die öffentliche Mall sei kein nach allen Seiten abgeschlossener Raum. Auf das gesamte Lokal wäre also §13 anzuwenden – sprich: Rauchverbot.

Der UVS entschied dagegen salomonisch: §13 sei bloß auf die öffentliche Mall anzuwenden und nicht auf das gesamte Restaurant. Denn der abgeschlossene Raucherbereich sei ja ein Raum und dadurch käme dort §13a zum Tragen. Daher müsste also im Raucherraum erneut ein kleinerer Raucher- und ein größerer Nichtraucherbereich geschaffen werden.

Was darf eine Tür?

Von Rauchsheriffs verfolgt fühlt sich Emine Ejupi, die im Donauzentrum den Eissalon „Ponticello“ führt. Drei weitere Lokale am Standort musste sie infolge des Tabakgesetzes bereits zusperren. 35 Mitarbeiter verloren ihre Jobs, weil die gesetzlich verordneten Umbauten Ejupis finanzielle Möglichkeiten gesprengt hätten. Weitere Umbauten infolge des Tabakgesetzes kann bzw. will sich Familie Ejupi nicht leisten.

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Im Eissalon trennt eine händisch zu öffnende Schiebetür den Raucher- vom Nichtraucherbereich. „Mehrere Male zeigten Rauchsheriffs an, dass die Tür zu einem bestimmten Zeitpunkt x offen stand“, berichtet Ejupis Rechtsbeistand, Ulrich Frysak. Der Anwalt vertrat jedes Mal die Ansicht: „Das darf sie, als Tür.“ Der UVS gab ihm stets Recht. In den Anzeigen stand nämlich nicht, wie lang die Tür offen standen.

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