Olympia-Aus: Dämpfer für den Sport

Wiener erteilen Olympia wohl eine klare Absage. Jetzt sollte die Stadtregierung erst recht handeln.

Peter Dehringer ist enttäuscht. "Von einer Olympia-Bewerbung hätte ich mir natürlich einen Investitionsschub für die Sportstadt Wien erwartet“, sagt der Vizepräsident des Wiener Allgemeinen Sportverbands (ASVÖ). Auch wenn das Ergebnis der Wiener Volksbefragung noch nicht in Stein gemeißelt ist, zeichnete sich am Montag eine Sache immer klarer ab: Die Wiener erteilten einer Bewerbung der Stadt für die olympischen Spiele 2028 eine klare Abfuhr – daran dürfte auch die Auszählung der Briefwähler nichts mehr ändern. Die Lust der Wiener auf Zehnkampf, Olympiadorf und Stadionneubauten ist offenbar enden wollend ist. Das Nein zu Olympia dürfte mit mehr als 70 Prozent ablehnenden Stimmen sogar recht eindeutig ausfallen. In Liesing stimmten etwa nur 155 Wiener für eine Bewerbung, aber 617 dagegen. In anderen Bezirken ist das Verhältnis ähnlich.

„Keine Ausrede“

„Dieses Nein kann aber keine Ausrede für die Politik sein, nichts zu tun. In Wiens Trainingsstätten muss dringend Geld investiert werden“, sagt Dehringer. „Kleine Vereine kämpfen um ihr Überleben. Die Sportförderung reicht nicht aus.“ Bei einer Umfrage unter Funktionären stellte sich zuletzt auch heraus, dass gerade Vertreter von Hallensportarten auch über mangelnde Infrastruktur klagen – etwa Gewichtheber, Leichtathleten oder Radsportler. Das Ernst-Happel-Stadion entspricht längst nicht mehr internationalen Standards. Ähnliches gilt für das Dusikastadion in der Leopoldstadt.

Selbst Werner Raabe vom SPÖ-nahen Wiener ASKÖ übt scharfe Kritik an der Wiens Politik: „Von Sportstadt kann in Wien keine Rede sein. Seit 15 Jahren bekommt der organisierte Vereinssport unabhängig von Inflation und Kostensteigerung dieselbe Sportförderung überwiesen.“ Demnach teilen sich die Dachverbände ASKÖ, ASVÖ und Sportunion – die immerhin 1500 Vereine und 350.000 aktive Sportler vertreten – knapp eine Million Euro pro Jahr. „Das ist die geringste Sportförderung für organisierte Vereine in Österreich“, poltert der Funktionär. „Wir haben keine Halle, in der Leichtathletik-Meisterschaften durchgeführt werden könnten. Das einzige 50-Meter-Becken steht in einer Traglufthalle. Und das Stadthallenbad ist noch immer zu. Das ist zu wenig.“

„Keine Katastrophe“

Sportstadtrat Christian Oxonitsch (SP) lässt die Vorwürfe nicht gelten. „Wiens Vereine können Sportstätten zu äußerst günstigen Tarifen nutzen.“ Würde man statt dieser Tarife Marktpreise verlangen, entstünden Vereinen 530 Mio. Euro Mehrkosten pro Jahr, heißt es im aktuellen Sportbericht. „Darüber hinaus können auch Mittel aus Infrastruktur- und Projekttöpfen bezogen werden.“
Doch Oxonitsch macht keinen Hehl daraus, dass auch er sich eine Olympia-Bewerbung gewünscht hätte. „Damit hätte Wien Mittel des Bundes lukrieren können. Aber ein Olympia-Nein wäre für mich keine Katastrophe.“ Die Stadt stehe im internationalen Vergleich gut da. „Im Bereich der Infrastruktur gibt es natürlich immer Verbesserungsbedarf, wobei auch hier etwa mit einem neuen Ballsportzentrum Akzente gesetzt wurden.“

Apropos Akzente: Wie geht es mit der Sanierung des Stadthallenbades voran? „Wir wollen das Bad wieder eröffnen.“ Allein der Zeitplan sei noch unklar. Und die angekündigte Eröffnung eines 40 Millionen Euro teuren Schwimmsportzentrums am Gelände des Stadionbades? „Letzte Woche fanden erste Gespräche mit dem zuständigen Ministerbüro statt“, verrät Oxonitsch. „Sobald es die finanzielle Situation zulässt, soll das Projekt angegangen werden.“ Wann dies sein soll, ist aber ebenfalls unklar

Bis spät in die Nacht wurden am Montag Briefwahlstimmen ausgezählt. Doch schon früh war klar: Wien wird sich nicht für die Austragung der Olympischen Spiele 2028 (Ablehnung um die 70 % erwartet) bewerben; Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou wird das Parkpickerl wohl auch in Zukunft nicht ohne die mächtigen Bezirkskaiser einführen können (um die 65% dürften sich für die Beibehaltung des Ist-Zustands aussprechen); die Wiener wünschen sich mehr erneuerbare Energieprojekte und sind mehrheitlich gegen die Privatisierung kommunaler Betriebe.

Die letzten Daten im Detail: Die beiden ersten komplett ausgezählten Bezirke waren Josefstadt und Margareten. Auch hier zeigte sich klar, dass allein die Pickerl-Frage die Wiener polarisiert haben dürfte. In der Josefstadt sprachen 45,2 % dafür aus, dass das Rathaus beim Streitthema gestärkt werden sollte – 41,2 % waren dagegen. Ähnlich „knapp“ das Verhältnis in Margareten (47,5 % zu 39,7 %). Hoch war bei der Pickerl-Frage der Anteil jener, die ungültig gewählt haben (in manchen Sprengeln bis zu 20 %). Zum einen war die Frage wohl zu kryptisch formuliert, zum anderen dürften nicht wenige ihren Unmut darüber artikuliert haben, dass sie nicht
– wie von der ÖVP gefordert – über das Pickerl grundsätzlich entscheiden konnten.

827 Leser haben am KURIER-Gewinnspiel rund um die Volksbefragung teilgenommen. Ziel war es, das Ergebnis vorab zu schätzen. Auch unsere Leser gingen davon aus, dass nur 39,2 Prozent der Wahlberechtigten für eine Olympia-Bewerbung stimmen würden. Sie gingen weiter davon aus, dass sich bei der Pickerl-Frage nur 28,5 Prozent der Wähler dafür aussprechen würden, Vizebürgermeisterin Vassilakou mehr Macht im Pickerl-Streit gegen die Bezirke zukommen zu lassen. Geht es nach den Lesern werden 65,6 Prozent der Wiener gegen Privatisierungen von kommunalen Betrieben sprechen und 48,1 Prozent für den Ausbau erneuerbarer Energieprojekte votieren. Die Sieger werden nächste Woche bekanntgegeben.

Das Endergebnis der Volksbefragung steht noch nicht fest. Fix ist jedoch, dass das Ergebnis bei der jährlichen Klubklausur der Wiener SPÖ in Rust – zumindest offiziell – kein Thema ist. Zu viele Wähler hat man mit der Parkpickerlfrage verärgert, auch die Olympiabewerbung wurde wohl abgelehnt. „Die SPÖ wäre gut beraten, im Hinblick auf die Nationalratswahl diese Themen nicht weiter zu befeuern“, erklärt Politologe Peter Filzmaier.

Die Klausur wird daher schon im Zeichen der Nationalratswahl im Herbst stehen. Neben Bundeskanzler Werner Faymann haben sich weitere Wiener Mitglieder der Bundesregierung angesagt. So werden unter anderem Finanzstaatssekretär Andreas Schieder, Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Verkehrsministerin Doris Bures Vorträge halten.

Zweites großes Thema in Rust ist die Stadtentwicklung. 2035 wird Wien mit 2 Millionen Einwohnern die zweitgrößte deutschsprachige Stadt nach Berlin sein. „Dabei gilt es in Zeiten knapper Kassen den Weg, eine soziale und gerechte Stadt zu sein, nicht zu verlassen“, sagt Klubobmann Rudi Schicker. Nach der Rede des Bürgermeisters Michael Häupl über die Leistungen Wiens wird Wohnbaustadtrat Michael Ludwig über das Wohnbauprogramm referieren, Vizebürgermeisterin Renate Brauner über die Finanzen.

Kommentare