Ernst-Kirchweger-Haus: Vier Schuldsprüche

Das Ernst Kirchweger-Haus (EKH) in Wien Favoriten.
Bewährungsstrafen für zwei Hooligans - fünf Fußball-Fans wurden freigesprochen.

Mit vier Schuldsprüchen ist am Montag im Straflandesgericht der Prozess um den Sturm aufs Ernst-Kirchweger-Haus (EKH) in Wien-Favoriten vom 27. Oktober 2013 (der KURIER berichtete) zu Ende gegangen. Zwei Hooligans wurden wegen Hausfriedensbruchs, einer zusätzlich wegen Körperverletzung zu zwölf bzw. 14 Monaten auf Bewährung verurteilt. Fünf Fußball-Fans wurden mangels an Beweisen freigesprochen.

Schuldsprüche setzte es dagegen für zwei ebenfalls angeklagte KOMintern-Gewerkschafter, die - nachdem man die Eindringlinge aus dem EKH vertrieben hatte - diesen nachgelaufen waren. Sie sollen laut erstinstanzlichem Urteil einen Mann, der wie die anderen Störenfriede dem mittlerweile offiziell verbotenen Austria Wien-Fanklub "Unsterblich Wien" angehören soll, attackiert haben. Die Gewerkschafter wurden wegen schwerer Körperverletzung zu jeweils zwölf Monaten bedingt verurteilt. Sämtliche Entscheidungen sind nicht rechtskräftig.

Hooligans wollten "für Unruhe sorgen"

Für Richter Michael Tolstiuk stand am Ende der im September des Vorjahrs eröffneten Verhandlung fest, dass mehrere Fußball-Fans am Weg zur Generali Arena, wo ein Match der Austria Wien gegen den "Erzrivalen" SK Rapid Wien anstand, den Entschluss fassten, "im EKH vorbeizuschauen, um ein bisschen für Unruhe zu sorgen", wie er in der Urteilsbegründung sagte. Es sei den Hooligans aufs "Aufmischen" angekommen, so Tolstiuk.

Als die Gruppe gegen die Eingangstür trat, fanden im ersten Stock ein Frühstück des türkisch-kurdischen Kulturvereins ATIGF, an dem Frauen und Kinder teilnahmen, sowie eine Versammlung der kommunistischen Gewerkschaft KOMintern statt. Einige Aktivisten stellten sich den gewaltbereiten Hooligans in den Weg, ein 52-jähriger Gewerkschafter wurde im Stiegenhaus zusammengeschlagen. Der Mann, der Faustschläge gegen die Stirn und das Jochbein und Tritte gegen die Rippen kassierte, wurde erheblich verletzt. Laut seiner Anwältin, die in der Verhandlung seine Interessen vertrat, leidet der Betroffene seither an Angst- und Durchschlafstörungen, traut sich ohne seinen Hund nicht mehr auf die Straße und ist nicht mehr in der Lage, seinen Beruf auszuüben.

Keine ausreichenden Beweise

Ein 34-jähriger Hooligan wurde für diese Körperverletzung zu 14 Monaten bedingt verurteilt. Außerdem muss er dem Verletzten eine finanzielle Wiedergutmachung von 3.475 Euro bezahlen. Abgesehen von einem zweiten Austria Wien-Anhänger, den eine Zeugin anhand markanter Tattoos als einen der Eindringlinge identifizieren konnte, gab es bei den übrigen zur Anklage gebrachten Fußball-Fans nach Ansicht des Richters keine ausreichenden Beweise, dass sie das EKH gestürmt hatten. Von einer Beteiligung an den inkriminierten Vorgängen sei nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit auszugehen, befand Tolstiuk, weshalb er die fünf, die bestritten, im EKH gewesen zu sein, im Zweifel freisprach. Wie Tolstiuk erklärte, habe "eine größere Zahl bisher nicht ausgeforschter Täter" bei der Erstürmung des EKH mitgemacht.

Den KOMintern-Gewerkschaftern - einem 43-jährigen Philosophen und einem 30 Jahre alten Lastwagenfahrer - billigte der Richter keine Notwehrsituation zu. Diese wären vielmehr mit einem dritten, ebenfalls bisher nicht ausgeforschten Täter den bereits abziehenden Hooligans nachgelaufen, hätten "eine Jagd begonnen" (Tolstiuk), jenen Mann, der zuvor ihren Kollegen im EKH niedergeschlagen hatte, eingeholt und mit einem Besenstiel sowie einer Stange attackiert. Dafür wurden die beiden zu je einem Jahr bedingt sowie einer finanziellen Wiedergutmachung von 1.540 Euro verurteilt.

KOMintern: "Rechtspolitischer Skandal"

Die KOMintern-Vertreter erbaten Bedenkzeit. "Sie haben nach einem Überfall aus der rechten Szene der Polizei zu helfen versucht, diese Personen dingfest zu machen. Sie wollten die Täter stellen. Dass sie deswegen hier auf der Anklagebank sitzen, halte ich für einen rechtspolitischen Skandal", gab ihr Verteidiger Harald Karl zu bedenken. Die verurteilten Hooligans akzeptierten nach Rücksprache mit ihrem Rechtsbeistand Philipp Winkler die über sie verhängten Strafen. Die Staatsanwältin gab zu sämtlichen Entscheidungen vorerst keine Erklärung ab.

Der Fan-Klub "Unsterblich" wird vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) als neonazistisch eingestuft. Der Fan-Zusammenschluss war für seine rassistischen und neonazistischen Parolen bekannt. Auf der Tribüne waren Sprüche wie "Adolf Hitler ist mein Freund", "Zick-Zack Zigeunerpack" und "Rassist, Faschist, Hooligan" zu vernehmen. Die Vereinsführung reagierte schließlich mit Haus- und Stadionverboten, im Jänner 2013 wurde der Gruppierung der Status als offizieller Fanklub der Austria aberkannt. Die sieben angeklagten Fußball-Fans hatten in Abrede gestellt, diesem Klub je angehört zu haben. Einer von ihnen trug allerdings zum Zeitpunkt des inkriminierten Geschehens ein T-Shirt mit der Aufschrift "Unsterblich".

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