TBC-Alarm im Parlament

Bei einer Sondersitzung des Nationalrates am vergangenen Dienstag soll sich der erkrankte Mitarbeiter der Parlamentsdirektion im Plenarsaal befunden haben.
Ein Mitarbeiter der Parlamentsdirektion hatte sich mit Tuberkulose-Erkrankung im Plenarsaal aufgehalten.

Ein Fall von offener Tuberkulose sorgt im Parlament für Aufregung und Verunsicherung. Denn seit Freitag befindet sich ein Mitarbeiter der Parlamentsdirektion in stationärer Behandlung. Das zuständige Wiener Gesundheitsamt wurde über die Parlamentsdirektion von der meldepflichtigen und ansteckenden Krankheit informiert. Noch am Freitag, so die Direktion des Hauses weiter, wurden die notwendigen Schritte zur weiteren Abklärung durchgeführt.

Sämtliche Parlamentsklubs wurden daraufhin über die Problematik verständigt. Im schlimmsten Fall könnten sich einige der 183 Abgeordneten, der Regierung und der Mitarbeiter des Hauses angesteckt haben. Nachdem sich der betroffene Mitarbeiter im Rahmen einer Sondersitzung am Dienstag auch im Plenarsaal aufgehalten hatte, hat die Gesundheitsbehörde entsprechende Erhebungen durchgeführt. In dem sehr großen und luftigen Saal soll aber die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung laut zuständiger MA 15 äußerst gering sein. Der Gesundheitsdienst der Stadt Wien wird nun alle Personen, mit denen der Erkrankte engen oder privaten Kontakt hatte, informieren und – wenn notwendig – Untersuchungen durchführen.

Anfrage in Vorbereitung

Der Betroffene hatte sich nach seiner Untersuchung umgehend telefonisch im Parlament gemeldet und über den TBC-Verdacht berichtet. Am Abend kam die Bestätigung, dass es sich tatsächlich um Tuberkulose handelt.

Ob die Zeitspanne zwischen Bekanntwerden des Verdachts und dem Verschicken der Informations-Mail der Parlamentsdirektion an die Abgeordneten möglicherweise zu lange war, wird jetzt auch Thema im Nationalrat. Die Gesundheitssprecherin der FPÖ, Dagmar Belakowitsch-Jenewein, bereitete schon am Freitagnachmittag eine Anfrage an die Nationalratspräsidentin Doris Bures vor. „Ich habe von dem Verdacht auf TBC schon vorher über die Hausarbeiter erfahren und das Thema dann auch bei einer Sitzung angesprochen. Es mag sein, dass die Erkrankung noch nicht bestätigt war, trotzdem hätten die Abgeordneten ein Recht darauf, sofort davon zu erfahren.“

Beschwerden haben die Politiker, mit denen der KURIER am Freitagnachmittag sprach, bisher noch keine. „Sozialminister Stöger und ich sind derzeit bei Terminen in Linz. Wir waren beide bei besagter Sitzung am Dienstag dabei. Solange noch nichts bewiesen ist, wollen wir aber ruhig bleiben und nicht mit dem Schlimmsten rechnen“, sagt der Stöger-Sprecher Christoph Ertl. Nachsatz: „Wir husten noch nicht.“

Mail an Abgeordnete

Trotzdem reagierten die Parlamentsklubs sofort. Denn Freitag gegen 14.30 Uhr ging die TBC-Warnung in den Parteibüros ein. SPÖ-Sprecher Peter Pertl: „Wir haben unsere 52 Abgeordneten umgehend via Mail und/oder Telefonat über die Lage informiert.“ Ähnlich die Vorgehensweise bei Clemens Gaiger von den aus Neos: „Unsere neun Parlamentarier wurden umgehend verständigt.“ Sicherheitshalber schrieb auch die Parlamentsdirektion alle Politiker über den TBC-Verdacht via eMail an. ÖVP-Mitarbeiter und der Klub Team Stronach setzten Politiker wie Mitarbeiter auch sofort in Kenntnis. Die Parlaments-Betriebsärztin steht den Mitarbeitern für Gespräche zur Verfügung. Außerdem wurde eine Telefonhotline eingerichtet.

[Korrektur: In einer früheren Version hieß es irrtümlich, dass Im Klub der Grünen Freitagnachmittag niemand erreichbar war.]

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jährlich rund 1,5 Mio. Menschen trotz aller medizinischen Fortschritte an Tuberkulose (TBC). In Österreich sind es 15 bis 20 Fälle pro Jahr.

Was passiert bei einer Infektion?
Tuberkulose wird durch eingeatmete Bakterien verursacht. Die Krankheit wird per Tröpfcheninfektion übertragen, wenn Erkrankte mit offener TBC die Erreger etwa beim Husten oder Lachen ausstoßen. Eine Ansteckung hängt von der Häufigkeit und Enge des Kontakts zusammen und kann ca. 6 bis 8 Wochen nach der Übertragung nachgewiesen werden. Ausgehend von der Lunge kann sich die Infektion im Körper ausbreiten und zu gefährlichen Entzündungen führen. Eine tuberkulöse Hirnhautentzündung bleibt zunächst unbemerkt, kann aber lebensbedrohlich werden. Das Immunsystem kann die Erkrankung zwar stoppen, sind die Abwehrkräfte aber geschwächt, kann die Tuberkulose auch lange Zeit nach der Infektion aktiv werden.

Welche Symptome sind typisch?
Betroffene fühlen sich zunächst oft nur schwach, haben keinen Appetit und verlieren Gewicht. Jeder Zweite entwickelt Symptome an der Lunge, etwa Husten. Schreitet die TBC fort, wird der Husten blutig. Im Extremfall kann es zum Blutsturz kommen – eine plötzliche starke Organblutung. Allerdings bricht die Krankheit nur bei wenigen Infizierten tatsächlich aus. Besonders gefährdet sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Ohne Behandlung sterben bis zu 70 Prozent der Erkrankten innerhalb von zehn Jahren an Lungentuberkulose.

Wie erfolgt die medizinische Therapie?
Mit Antibiotika. Die Therapie erfolgt so lange, wie Erreger ausgeschieden werden. Normale TBC kann in einem halben Jahr mit großen Erfolgschancen geheilt werden. Mit zunehmenden Antibiotika-Resistenzen wird die Behandlung jedoch schwieriger und teurer. Zur multiresistenter TBC kommt es, wenn die Therapie unvollständig oder inkorrekt durchgeführt wurde. Das lässt resistente Keime entstehen. Die Erkrankten werden unempfindlich gegen Standard-Arzneien und können diese kompliziertere Form der TBC an andere übertragen.

Gibt es eine Impfung?
Ja. Allerdings wird die TBC-Impfung nur für wenige Personengruppen empfohlen – etwa medizinisches Personal oder Kleinkinder – und das nur, wenn die Ansteckungsgefahr besonders groß ist. Auch in Ländern mit hoher Infektionsrate wird die Impfung angeraten.

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