Stumme Banditen in Wien

Stumme Banditen in Wien
Kleines Glück: Trotz des drohenden Aus wird in den Pratercasinos weitergespielt. Wer nachfragt, stößt auf eine Mauer des Schweigens.

Einen Tag nachdem Rot-Grün das Ende des kleinen Glücksspiels verkündet hat, blinken die Automaten in den Pratercasinos unbeirrt weiter. Schon am Vormittag sind viele Automaten besetzt, Soundeffekte tönen durcheinander. Ein weißhaariger Mann hat eine Pechsträhne. Er flucht, steht auf und rennt aus dem Casino, nur um im Casino nebenan weiter Geld in einen Schlitz zu schieben.

Es sind Paläste des Schweigens, in denen die Automaten das Sagen haben. Das Publikum ist ebenso stumm wie das Personal. Ohne Worte werden Geldscheine in Schlitze gesteckt, und blinkende Tasten gedrückt.

"Am Monatsanfang ist am meisten los", sagt Frau Katja, vom Merkur Casino. "Wir haben auch Stammkunden, die jeden Tag herkommen." Wie viel hier täglich verspielt wird, will sie nicht sagen, auch nicht die Anzahl der Automaten. Sie lächelt und entschuldigt sich, sie müsse sich um Kunden kümmern.

Am Ausgang treffen wir Frau Evelyn. Sie trägt einen schwarzen Blazer und eine weite schwarze Hose, ihre schwarzen Haare sind graumeliert. Foto will sie keines machen lassen. Sie gehe selten ins Casino, sagt Frau Evelyn. "Wichtig ist, sich ein Limit zu setzen. Wenn ein Automat nichts bringt, dann muss man zum nächsten." Von schärferen Regelungen hält sie nichts. "Jeder soll mit seinem Geld machen was er will." Sagt's und verabschiedet sich, sie müsse heim.

Diskretion

Einer der großen Casinobetreiber ist die Firma Novomatic. 2010 hat der Konzern weltweit 2,8 Milliarden Umsatz gemacht, in Österreich hat man 2750 Mitarbeiter an 200 Standorten. Novomatic verdient einerseits am Verkauf von Spielautomaten, betreibt aber auch selbst Casinos etwa das Homerson Casino im Prater.

Im Homerson das gleiche Bild wie im Merkur. Wieder stumme Gäste, blinkende Automaten, auch Frau Evelyn, die zuvor noch heim wollte, spielt wieder. Das Personal im Homerson ist noch verschlossener als beim Mitbewerber Merkur. Der Manager will keinen Kommentar abgeben, verweist auf den Geschäftsführer, der im nahen Admiral Casino sei. Also machen wir uns auf den Weg dorthin. "Novomatic ist ein Imperium", sagt Kellner Robert zum Abschied. Es klingt kein bisschen stolz.

Im Casino Admiral werden wir schon erwartet. Herr Hofmann, der seinen Vornamen nicht preisgeben will, begrüßt die Reporter freundlich, ein Interview will er nicht geben. Auch Fotos von ihm oder in den Innenräumen des Casinos lehnt er ab. Zur aktuellen Situation will er nichts sagen. Nur so viel: "Wir von Novomatic sehen die Entwicklung negativ."

Herr Herbert verlässt gerade das Casino Admiral. Er trägt einen beigen Fischerhut, ein hellblaues Hemd, darüber ein graues Sakko. Fotografieren lassen will er sich nicht. Herr Herbert hat schon oft gespielt, er weiß wann er aufhören muss. Er ist oft im Prater, doch Freunde hat er hier keine. "Im Casino hast du keine Freunde, nicht mal Bekannte" sagt er, und erzählt die Geschichte, wie ein Kollege mit seinem Gewinn abgehauen ist. "Ich bin zum nächsten Automaten und habe doppelt so viel gewonnen", sagt er und lacht. Ob die Geschichte sich so zugetragen hat, ist letztlich nicht wichtig. Herr Herbert fühlt sich als Sieger. "So, ich muss jetzt meine Frau suchen gehen", sagt er, "die spielt in einem Casino weiter vorne." Herr Herbert zieht seinen Hut, dann geht er weiter. Ins nächste Casino.

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