Stadt lenkt im Spitalsstreit ein

Streitpunkt bleibt weiterhin die Entlohnung der Dienste an Sonn- und Feiertagen für die Ärzte in den Wiener Gemeindespitälern
Posten werden verlagert statt gestrichen. Honorierung von Diensten weiter strittig.

Wochenlang herrschte Eiszeit zwischen Stadt und Ärztekammer. Jetzt kommt Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) den Standesvertretern im Streit um die Umsetzung der neuen Arbeitszeit-Regelung in den Gemeindespitälern doch noch einen Schritt entgegen.

So nimmt Wehsely den geplanten Abbau von 382 Dienstposten in den Spitälern des Krankenanstaltenverbunds (KAV) zurück. Stattdessen will sie nach dem Prinzip "Umschichtung vor Dienstposten-Reduktion" vorgehen. "Dort, wo es zu wenige Ärzte gibt – etwa in den Notfall-Aufnahmen – wird dieser Personalbedarf durch frei werdende Dienstposten vorrangig gedeckt", sagte die Stadträtin nach einem Treffen mit Ärztevertretern am Donnerstag.

Zur Vorgeschichte: Zuletzt hatten die Kurie der Spitalsärzte die bereits Ende Jänner getroffene Einigung zwischen Stadt, Kammer und Gewerkschaft abgelehnt. Grund war unter anderem der zunächst noch vorgesehene Stellenabbau sowie die ihrer Ansicht nach ungenügende Entlohnung von Nachtdiensten an Wochenenden und Feiertagen. Die Kammer richtete daraufhin einen Fünf-Punkte-Forderungskatalog an Wehsely.

"Wir haben vier Punkte zu hundert Prozent erfüllt", betonte die Stadträtin am Donnerstag.

Unter anderem kommt die Stadt der Kammer bei den Primarärzte-Gehältern entgegen. Ursprünglich hätten ihre Grundgehälter erst 2017 erhöht werden sollen. Jetzt erhält der KAV den Auftrag, umgehend mit den Ärztevertretern ein neues Gehaltsmodell zu erarbeiten. Dieses soll schon Ende 2015 vorliegen.

Auch zwei weitere Forderungen erfüllt die Stadt: Die Aufstockung des Fachärzte-Personals laufe laut Wehsely bereits. Und die Einführung der neuen Dienstzeiten-Modelle soll in enger Abstimmung mit den betroffenen Medizinern erfolgen.

"Ich gehe davon aus, dass die Ärztekammer dieses Angebot annimmt", ist Wehsely überzeugt. Schließlich habe sie zuletzt auch dem Paket für die Ordensspitäler zugestimmt, das sich sehr stark am KAV-Modell orientiere.

Ärzte unzufrieden

Wehselys Zuversicht könnte allerdings trügerisch sein: Obwohl sie den Forderungen der Kammer "einigermaßen nachgekommen" sei, sei das Angebot "so nicht akzeptabel", sagt Wiens Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. Nach wie vor spieße es sich bei der Honorierung der Nachtdienste. Für die Kammer ist der Zuschlag von 75 Euro, der sich auch an den Wochenenden und Feiertagen nicht erhöht, zu wenig.

Der tatsächliche Verdienst sei durch das bessere Grundgehalt sowie der regulären Zuschläge für Sonn- und Feiertagsstunden deutlich höher, hält die Stadt entgegen. "Mehr Geld gibt es einfach nicht", betont Wehsely. Dies wäre den Ordensspitälern gegenüber eine Ungleichbehandlung.

Szekeres ist jedenfalls wenig zuversichtlich, dass die Kurie der Spitalsärzte dem Angebot der Stadt zustimmt. Ihre Sitzung findet am 8. Juni statt. Bei einer Ablehnung könnten – analog zum AKH – auch die KAV-Ärzte zu ihrer Streikbereitschaft befragt werden.

94,7 Prozent der Ärzte im Wiener AKH würden im Bedarfsfall streiken. Das ist das Ergebnis der von der Wiener Ärztekammer durchgeführten Abstimmung, das am Donnerstag bekannt gegeben wurde. Zum Streik wird es aber aller Voraussicht nach nicht kommen: Am Dienstag hat es eine Einigung bei der Umsetzung der neuen Arbeitszeit-Richtlinien gegeben. Für den Betriebsrat ist Streik damit vorerst vom Tisch.

Für den Fall, dass es in der Umsetzung zu Problemen komme, halte man sich die Streik-Option aber offen, betonte Betriebsrat Martin Andreas bei der Einigung zwischen AKH-Ärzten, MedUni und der Stadt. Deshalb sei auch die Online-Abstimmung weiter gelaufen.

"Deutliches Signal"

Für den Präsidenten der Wiener Ärztekammer, Thomas Szekeres, ein "deutliches Signal" in Richtung Spitalsbetreiber: "Der Zeitpunkt ist erreicht, wo die Kollegen nicht widerspruchslos alles hinnehmen, was in Richtung Verschlechterung ihres Berufsumfelds geht."

1911 Mediziner durften abstimmen; von den 1075 abgegebenen Stimmen sprachen sich 1018 für einen Streik im Bedarfsfall aus.

Die Wiener SPÖ kann im Wahljahr keine Streiks brauchen. Das erklärt auch den ungewohnten Meinungsumschwung von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely. Ursprünglich hatte sie in der Debatte um das neue Arbeitszeitgesetz scharfe Töne angeschlagen: 380 Dienstposten werden im KAV gestrichen. „Verhandelt wird nicht mehr“, ließ Wehsely ausrichten.

Doch dann stiegen die Ärzte auf die Barrikaden, demonstrierten, starteten eine Kampagne und drohten gar mit Streik. Jetzt lenkt Wehsely ein – plötzlich fanden sich doch die Millionen, um die Wünsche zu finanzieren. Es ist ja ein Wahljahr.

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